Guten Morgen,
es ehrt dich, wenn du für sie da bist und für ihre Gesundheit kämpfen willst, du darfst aber nicht vergessen, dass eigentlich sie für ihre eigene Gesundheit und ihr Wohl kämpfen sollte. Wenn sie dabei weiter passiv bleibt und sich nichts an ihrer Situation ändert, kann sich das noch über Jahre auf diese Art und Weise fortsetzen. Daher ist mein erster Impuls auch dir zu sagen, dass du auch auf dich schauen musst, damit dich diese Sache nicht zu sehr vereinnahmt. Wenn sie wirklich suizidgefährdet sein sollte und ihr euch in real eigentlich nicht kennt, kann es theoretisch jederzeit passieren, dass sie sich gar nicht mehr meldet und du auch aufgrund der "Reserviertheit" ihrer Eltern an absolut keine Informationen über sie kommst. Damit musst du immer rechnen und du solltest dich soweit davon distanzieren, dass du damit zumindest langfristig dann damit klar kommen solltest. Wenn sie eine ambivalente Persönlichkeit hat, kann es auch passieren dass sie dich einfach irgendwann ghostet, wenn ihr euer Kontakt zu viel oder zu fordernd wird. Ich weiß ja auch nicht, wie lange ihr euch schon kennt. Mal angenommen ihre Eltern würden den Hasen schlachten oder weggeben und sie stellt im Impuls was an - du würdest es wahrscheinlich nie erfahren was wirklich passiert ist. Ich weiß, das ist mies und wird wahrscheinlich so nicht passieren, es ist mir aber wichtig, dass du auch an diese Möglichkeit einfach mal gedacht hast.
Leider kannst du von der Entfernung aus nicht mehr tun, als ihr zuzuhören und sie immer wieder dosiert motivierst, sich externe Unterstützung zu holen. Das muss nicht gleich ein niedergelassener Therapeut sein (wär natürlich schön), es kann auch einfach ganz praktisch ihr Hausarzt sein wenn es ihr körperlich (und auch psychisch) schlecht geht oder die Unterstützungsangebote aus der Schule (Schulsozialdienst, Schulpsychologe, Vertrauenslehrer). Ansonsten gibt es, wie du schon sagst, die Telefonseelsorge und oft mehrere städte- und landesweite Krisendienste. Viele davon bieten auch E-Mailberatung an, aber dafür braucht man oft viel Sitzfleisch, da die Wartezeiten relativ lang sein können. Sie muss auch lernen, ihre Probleme in Worte zu packen und Vertrauen zu haben - dazu könntest du sie z.B. motivieren, dass sie mehr mit dir telefoniert und sie etwas aus der Reserve lockst. Das kann z.B. auch darin bestehen dass du ihr schreibst, du würdest gerne mit ihr telefonieren statt srandig nur auf die Handytastatur zu schauen. Vielleicht beisst sie dann auch eher an. Sie muss lernen, ihre Probleme auch zu kommunizieren, das ist ein erster Schritt um hierzulande überhaupt an qualitativ hochwertigere Beratungsangebote andocken zu können.
Die Telefonseelsorge bietet auch eine Chatberatung mit Terminen an, wenn sie noch jünger ist, ist auch die "Nummer gegen Kummer" eine Option. Dazu muss sie aber auch offen und motiviert sein. Wenn sie im Chat dann recht rumdruckst, wird da nichts Großes dabei rum kommen. Die Leute müssen ja auch wissen was eigentlich Sache ist, sonst können sie nicht helfen, was letztendlich überall so ist, egal ob online oder telefonisch.
Ansonsten sei für sie da, biete ihr an sie zu unterstützen wenn sie sich an Fachstellen wenden möchte und motiviere sie, sich mitzuteilen.
Achte aber wie gesagt auch selber auf dich und sag ihr ruhig, wenn dir was zu viel wird und du für dich selber merkst, dass du ein paar Stunden Ruhe brauchst. Es ist wichtig, offen zu kommunizieren, das sollte bei einer Freundschaft kein großes Problem sein. Du bist auch nur ein Mensch und hast deine persönlichen Grenzen.