Warum liest die Gesellschaft immer weniger Bücher?

10 Antworten

Ich frage mich, ob deine Grundannahme, dass die Gesellschaft immer weniger Bücher liest, überhaupt stimmt.
Nicht, weil ich die nicht glauben will, sondern einfach, weil ich mich frage, woraus du das schließt.

Ich stelle es mir als gar nicht so einfach vor, das, außer mit einer möglichst repräsentativen Umfrage, feststellen zu wollen.

Wer z.B. zuhause liest, abends noch eine Stunde vor dem Einschlafen oder bei schönem Wetter draußen auf dem Balkon oder gemütlich im Lesesessel mit einer Tasse Tee oder einem Gläschen Wein, wird oft von niemandem beim Lesen gesehen werden. Ohne jemanden direkt zu fragen, wüsste ich daher nicht, ob die betreffende Person liest oder nicht.
Nur weil ich sie nicht lesen sehe, heißt das nicht, dass sie nicht liest.

Dazu kommt, dass manche Leute mit einer Lese-App auf ihrem Smartphone lesen und wenn man nicht direkt neben jemandem steht und ihm auf den Bildschirm schaut, wüsste man nicht, ob er jetzt ein Buch liest, einen Artikel, eine Instagramstory, sich ein YouTube-Video anschaut oder etwas anderes macht.

Verkaufszahlen von Büchern geben möglicherweise ein Indiz, sind aber als Metrik auch nicht unbedingt verlässlich.
Meine Schwägerin liest z.B. eine Riesenmenge, leiht sich aber vieles aus der Bibliothek. Second-Hand-Käufe (z.B. über Ebay) oder das Weitergeben von Büchern, sei es durch Verleihen an andere Leser oder das Verschenken z.B. mithilfe von öffentlichen Bücherschränken, wird mit Verkaufsstatistiken nicht erfasst.

Und natürlich wird auch nicht jedes Buch, das gekauft wird auch gleich gelesen.
Es kann sein, dass das Buch auf das Regal wandert und nie gelesen wird. Es kann aber auch sein, dass jemand in einem Jahr 50 Bücher liest, die sie alle schon vor mehreren Jahren gekauft hat.
Man kann Bücher, die man besitzt, natürlich auch mehrmals lesen, ohne sie mehrmals zu kaufen.
All das nur zu zeigen, dass es keine 1:1-Korrelation zwischen der Anzahl der gekauften Bücher und der Anzahl der gelesenen Bücher geben muss.

Daher meine Frage, woher du denn weißt, dass die Gesellschaft immer weniger Bücher liest.
Beobachtungen im Bekanntenkreis mögen einem diesbezüglich ein bestimmtes Gefühl vermitteln, aber das muss nicht unbedingt statistisch relevant sein, muss die Gesellschaft nicht unbedingt abbilden.

Warum ist diese Zahl so niedrig?

Ich kann nur von mir reden: Ich lese gerne Geschichten online. In Foren für meist junge Leute, die gerne was schreiben wollen oder ggf. auch Fanfiction-Archiven.

Damit lese ich das, was ich möchte, gebe anderen ggf. noch eine Rückmeldung mit der sie dann was anfangen können und es kostet mich keinen Cent. Tatsächliche Bücher lese ich zwar auch, doch meistens ist es mir die Zeit nicht wert, die ich darauf verwenden würde. Zumal lesen mich auch nicht sonderlich entspannt und ich bei der Arbeit schon relativ viel mit Texten zu tun habe.

Inzwischen lesen Buchinteressierte viele Bücher elektronisch (z.B. bei Kindle). Selbst ich als alter Mensch mache das, weil sich zu viele Bücher in meiner Wohnung angesammelr haben, die niemand sonst haben will.

Ich weiß nicht, ob die Zahl der gelesenen Bücher und Leser wirklich abnimmt. Allerdings wird es vermutlich tatsächlich unausgewogener sein - es gibt wohl mehr Intensiv- und Gar-nicht-Leser als früher.

Lesen ergibt sich weniger von allein, man muss persönlich Zugang zu Büchern haben. Es gibt mehr Alternativen, allerdings sind Bücher oder der Zugang zu ihnen tendenziell verfügbarer geworden.

Schließlich liegt es daran, ob es gerade eine Auswahl starker und beliebter Bücher gibt bzw. die derzeitigen dein Umfeld interessieren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die meisten lesen sich auf gutefrage fest. Dann haben sie keine Zeit mehr für Bücher.