Warum können Bundeswehr Soldaten nicht mal mehr marschieren?

8 Antworten

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Du bist selbst nicht bei der Bundeswehr, willst offenbar dahin, daran könntest auch du scheitern, wie nicht Wenige heutzutage.

Die jüngere Generation bringt z.T. nachgewiesenermaßen diverse körperliche Defizite mit, das ist u.a. auch unserer heutigen Gesellschaft geschuldet.

Als ich damals den Militärdienst begann, galten auch noch andere Standards, da noch jeder bei Eignung und Tauglichkeit eingezogen wurde. Zu der Zeit hüpften deine Eltern noch nackt bei deinen Großeltern um den Tannenbaum.

In meiner Grundausbildung war der Dienstplan vollgestopft mit fachbezogenem, technischem Unterricht, meist in Theorie. Formaldienst wurde quasi nur sporadisch unterrichtet, es langte gerade dazu, vernünftig zu grüßen und ein paar hundert Meter im Gleichschritt geradeaus zu laufen.

Gleiches galt für den Umgang mit Schusswaffen. P1 und G3 widmeten wir eine Stunde Trockenunterricht, am darauf folgenden Tag ging es auf die Schießbahn und das war es dann für die GA.

Ob du es glaubst oder nicht, ich habe so zwölf Jahre Militärdienst absolviert, marschiert im Gleichschritt bin ich in der Zeit nur noch ein einziges Mal und geschossen habe ich in all den Jahren insgesamt etwa zehnmal.

Fazit: für meine Verwendung bei der Bundesmarine war Formaldienst und ein geübter Umgang mit Schusswaffen schlichtweg nicht erforderlich.

Das Problem ist das du heute in 3 Monaten die GA durchziehen musst. Ich hab noch in ner Armee gedient wo du dafür 6 Monate Zeit hattest. Das war schon sportlich. In 3 Monaten bleibt kaum Zeit für effektiven Formaldienst. Da fällt ordentliches Marschieren halt aus.

Die heutigen Ausbilder haben selbst nicht wirklich ordentlichen Formaldienst gehabt. Wie sollen sie es dann heute den Soldaten beibringen. Sieht man ja auch daran wie so mancher Offizier da rum stolpert.

Die Einheiten welche im Bendlerblock ihre Vereidigung/Gelöbnis haben, werden einen Woche vorher in die Julius-Leber-Kaserne nach Berlin gekarrt und bekommen dort Schliff von Ausbildern des Wachbataillon. Danach geht es einigermaßen und sie blamieren sich wenigstens nicht völlig.

Und Ja, schön ist definitiv anders.

JochenOWL  13.12.2023, 18:10

@Nomex64

Das hast du schön erklärt.

MkG

2

Nein, zum Soldat sein gehört es heute nicht mehr wirklich dazu im Takt marschieren zu können, nur um ein schneidiges Bild abzuliefern. Zeitgerechte Ausbildung ist weit umfassender. Die Kommandosprache kennst du offenbar auch nicht. Das Kommando heißt zwar "die Augen links". Ob der Führer jetzt aber sein links oder das der Formation meint, ist immer die Frage und man schaut in die Richtung aus der der zu meldende kommt und das sieht man am anderen Ende der Formation nunmal nicht immer, vor allem nicht, wenn man treudeutsch geradeaus schaut. Ich hoffe, dass du das während deiner Ausbildung mal verstehen wirst.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Soldat im aktiven Dienst
JochenOWL  13.12.2023, 18:35

@Hrimthur

Der "werdende Kamerad" - immerhin mit bestandenem Einstellungstest......hätte wahrscheinlich nach 15 Monaten GWD, acht WÜ, vier knochenharten Auslandseinsätzen, dreimaliger Teilnahme an Beerdigungen von Kameraden.......eine entspanntere Einstellung zum Formaldienst.....

Wir hatten noch die Zeit für Formalausbildung aber danach zählte nur noch, dass der Mann links und rechts neben dir, vor und hinter dir und du selber wieder heil nach Hause kamst......

Man setzt halt Prioritäten....

MkG

3
Hrimthur  13.12.2023, 20:10
@JochenOWL

Eben, Formaldienst ist so ziemlich das unwichtigste, was ein Soldat heute noch lernt.

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Nein das kommt daher das es sehr häufig vorkommt da nicht jeden monat ein gelöbnis ist das bsp. Kameraden von mir ihr gelöbnis in der 1. Oder 2. Woche der grundausbildung haben, da ist es dann doch relativ schwer alle soweit zu bringen zumal ja nicht nur 24/7 formaldienst gemacht werden kann

Zeiten ändern sich nunmal. Formaldienst ist für 95% der Truppe einfach nicht mehr wichtig.

Durch das Aussetzen der Wehrpflicht und die verschiedenen Reformen hat sich der Ausbildungsbedarf deutlich verändert. Richtige Ausbilder, die das jedes Quartal mitmachen, gibt es auch in den Grundausbildungskompanien nur noch in geringer Zahl. Oft werden Feldwebel aus anderen Truppenteilen abkommandiert, um auch mal 1 oder 2 Quartale als Ausbilder zu fungieren - was sich dann zwangsläufig auch in der Qualität der Ausbildung niederschlägt.

Der Formaldienst als Ausbildungsthema hat deutlich an Bedeutung verloren und tritt gegenüber anderen Themen deutlich in den Hintergrund - und ehrlich gesagt finde ich das auch richtig. Ein ordentlicher staatsbürgerlicher Unterricht und eine saubere Handhabung der Waffen und Maschinen ist mir lieber als wenn ich sagen kann: "Der Gefreite Meier ist eine Gefahr für die Kameraden, aber marschieren.... Das kann er!"

Kurzer Hinweis: Ein Befehl besteht in der Regel (mit Ausnahmen wie einem schnellen "Achtung!") aus einem Ankündigungskommando und einem Ausführungskommando, zum Beispiel:

Ankündigung: "Kompanie....": Der Soldat steht vermutlich beim Antreten in "Rührt euch" und wartet. Durch das Ansprechen als Kompanie weiß er, dass jetzt vermutlich "Stillgestanden" folgt und er strafft seine Haltung.

Ausführung: "Stillgestanden!"

Wenn mir beim Formaldienst jemand als Befehl "Augen links" zubrüllt, werde ich vermutlich auch kurz aus Versehen nach rechts gucken, denn das Ankündigungskommando fürs gucken nach links ist "Die Augen....", während nur "Augen..." das Ankündigungskommando für "Augen rechts!" ist.

Fazit: Formaldienst ist meiner Meinung nach veraltet und in der Truppe meist kaum benötigt. Eine falsche Ausführung des Formaldienstes kann an Defiziten der zu führenden Soldaten, der Ausbildung oder in der Kommandogebung liegen. Ich bevorzuge Soldaten, die ihre Waffen, Maschinen, Fahrzeuge und Vorschriften richtig beherrschen als welche, die stramm marschieren können.

Lg,

DS1983

Woher ich das weiß:Berufserfahrung