Warum ist der Neid auf Behinderte in Deutschland so groß?

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Als jemand mit einer Behinderung kann ich das nicht bestätigen. Allerdings gehe ich auch nur hier auf GF offen mit dieser und meiner Wertmarke, meinem SBA (GdB 80, Merkzeichen B und G, früher noch H, unbefristet) um. Ich mag es noch immer nicht, ihn vorzuzeigen, z.B in der Bahn (das macht immer meine Mutter), aber ich bin verdammt froh, ihn zu haben.

Neid habe ich diesbezüglich noch nie erlebt, auch nicht hier auf GF.

Aber ganz ehrlich? Ich sage es ehrlich so, wie ich es mir, für mich, denke: Wenn ich die Wahl hätte zwischen "Behinderung weg und keinen SBA plus passende Merkzeichen" und "Behinderung noch immer da und SBA plus passende Merkzeichen" ... Ja, glaub' mal lieber nicht, ich würde "Behinderung weg und keinen SBA plus passende Merkzeichen wählen". Äh-Äh! ☝🏻

Zuerst einmal ist meine Behinderung nicht körperlich, sondern neurologisch bedingt. (Teilweise habe ich deswegen auch Angst, dass wir irgendwann mal an einen Kontrolleur o.Ä. geraten, der meint, ich hätte doch gar nichts, aber bislang ist das in über 14 Jahren noch kein einziges Mal passiert.) Und man ändert nicht einfach so einen kompletten Neurotyp. Ich möchte kein komplett anderer Mensch sein und würde die Welt gerne weiterhin so wahrnehmen, wie ich sie wahrnehme.

Ich bin auch nicht krank. Das einzige, was an mir krank ist, ist mein Übergewicht und meine Sozialphobie, für welche ich meinen SBA jedoch nicht habe.

Zum anderen spart man damit wirklich einen Haufen Kohle, insofern der GdB und die Merkzeichen stimmen. Erstmal: B = Begleitperson. Die kann kostenlos mitfahren. Zack: Gleich die Hälfte gespart. Und ich selbst darf auch kostenlos fahren. Zack: Wieder gespart. (Und wichtig: Es muss nicht immer die gleiche Person sein. Solange die Person deutlich macht, dass sie deine Begleitperson ist und du das Merkzeichen B hast, ist alles tuttifrutti. Das kann deine Mutter, dein Vater, dein Betreuer, deine Oma, dein Opa, Tante, Onkel, Geschwister, dein fester Freund, deine feste Freundin, ein Kumpel, ein Arbeitskollege, dein Mann, deine Frau, dein Urgroßmütterchen, deine Kinder, deine Patenkinder oder was weiß ich wer sein. Theoretisch sogar eine vollkommen wildfremde Person. Muss man halt nur vorher absprechen. Falls das wichtig dafür sein sollte: Ich KANN eine Begleitperson mitnehmen, muss es aber nicht. Aber es ist schon besser, wenn ich es tue. Einmal zum Dorfrewe hier dackeln und ich bin schon so ausgelaugt, dass ich für die nächsten 1-2 Jahre nicht mehr alleine raus kann.)

In IC/ICEs nicht, aber da darf die Begleitperson kostenlos mitfahren, also wieder die Hälfte gespart und wir alle wissen, wie teuer die Tickets dort sein können. Bei der DB gibt's das 49€-Ticket. MONATLICH! Meine Wertmarke kostet 92€ im Jahr. Gespart: 496€ im Jahr! Davon ausgehend, dass man sich jeden Monat das 49€-Ticket käuft, but still. Das sind fast 500€. Und ich glaube, dieses Ticket gilt nur für eine Person. (Keine Ahnung, korrigiert mich, wenn ich falsch liege.)

Und das alles, ohne mir die stark vergünstigten (mindestens die Hälfte) oder manchmal sogar komplett kostenfreien (für mich plus Begleitperson) Eintritte für Zoos, Museen und Parks anzusehen. Jahreskarten gibt es ebenfalls stark vergünstigt, falls der Eintritt nicht sowieso für uns frei ist.

Wenn ich nun das auf die fast 500€ drauflege, haben wir nochmal deutlich mehr. Das sind mehrere 100 Euro im Jahr. Und da kann man sicher noch mehr rausholen.

Die Preise würde ich nicht einmal zahlen, wenn ich ohne meine Behinderung ganz normal arbeiten gehen könnte. (Was ich bezweifle, da wir dann ja immer noch meine Sozialphobie hätten, aber was soll's.) Nene, nix da.

Ich rede hier natürlich nur von mir bzw. uns, doch das sind sicherlich nicht "nur ein paar Euro". Da müssen wir mal ehrlich sein. Selbstverständlich gilt das nur dann, wenn man oft mit Bus und Bahn unterwegs ist usw, klar.

Mir fällt gerade auf, dass "gespart" vielleicht der falsche Ausdruck ist, da das ja bedeuten würde, dass man das Geld weglegen und ansparen könnte, was bei uns nicht der Fall ist und bei vielen anderen Behinderten sicherlich auch nicht.

Schlussendlich kann ich aber auch sagen, dass trotzdem niemand neidisch darauf sein sollte. Hier ist das ja auch (fast?) niemand. Es ist nur bezeichnend, dass viele gleich an Rollstuhlfahrer o.Ä und psychisch kranke Menschen denken ... Und dass es gleich als etwas Negatives dargestellt wird, behindert zu sein. Nein, sorry, nope, mein neurodiverses Gehirn (und Neurodiversität kann in dieser Gesellschaft sogar eine sehr starke Behinderung sein) ist nichts Negatives.

Und, wie hier auch schon erwähnt wurde: Nachteilsausgleich, kein Vorteil!

dabei bekommt ja als schwerbehinderter Mensch eigentlich kaum Rabatt, das finde ich viel trauriger. Es ist ein Nachteilsausgleich und kein Vorteil, wenn man die Ermäßigung wegen seiner Schwerbehinderung bekommt, das sollte man Leuten sagen, die einem das neiden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Lebenserfahrung

Wem sagst du das.

Ich kenne einen Bearbeiter in einem Versorgungsamt, der so denkt. Nun, ich hoffe, dafür gesorgt zu haben, dass er nicht mehr all zu lange dort die Anträge bearbeitet. (Siehe eine meine Fragen).

Manche Menschen sind Narzissten und die gönnen einem nicht mal den Dreck unter den Nägel. Das vermute ich ganz stark bei meinem hoffentlich Noch-Arbeitskollegen. Sozialneid - nicht mehr und nicht weniger.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Dem ist nicht so, kann ich aus eigener Erfahrung sagen.

Im Gegenteil ist unangebrachtes Mitleid manchmal der Fall.

Das wird nicht die Mehrheitsmeinung sein.

Neidisch können Menschen auf alles Mögliche sein.

Wer auf irgendwelche Begünstigungen für Behinderte neidisch ist, zeigt damit seine Primitivität und abgrundtiefe Menschenverachtung.