Warum haben Städter oft so ein schlechtes Verhältnis zu ihren Eltern?
Wir leben eher ländlich. Und bei uns ist es ganz normal, dass man mit mehreren Generationen zusammen lebt. Auch fast alle meine Freunde leben mit drei Generationen unter einem Dach.
Bei uns ist es so: Die Oma wohnt im Nachbarhaus. Die Tante wohnt zwar nicht hier, kommt aber jeden zweiten Tag vorbei und telefoniert täglich mit der Oma.
Aber anscheinend geht das in Städten alles ganz anders zu.
Jedenfalls ist es in Städten anscheinend immer ein riesen Skandal, wenn zwei Generationen zusammen leben. Dann heißt es "Hotel Mama". Oder dann gibt es Überschriften wie: "Jugend immer unselbstständiger: Jugendliche wohnen immer länger bei ihren Eltern!"
Mein Opa hat bei seiner Mutter gelebt bis sie gestorben ist. Und dann hat er selbst im selben Haus gelebt bis er gestorben ist. Mein anderer Opa hat auch sein Leben lang zusammen mit seinen Eltern gewohnt.
Die FAZ hat wieder mal einen Artikel raus gehauen, wo es um Unselbstständigkeit der Jugendlichen geht. Dass viele Studenten täglich mit ihren Eltern schreiben oder telefonieren.
Meine Tante ist jetzt 50 und telefoniert jeden Tag mit ihrer Mutter.
Meine 80 jährige Oma hat sogar noch Fotos ihrer Eltern hängen mit denen sie dann manchmal spricht.
Aber anscheinend ist das in Städten alles unvorstellbar. Jedenfalls wenn ich wieder mal Artikel lese, wo Sachen beklagt werden, die bei uns vollkommen normal sind.
Es ist bei uns vollkommen normal, seine Eltern zu mögen und sich gegenseitig zu helfen. Das hat bei uns nichts mit "Anhänglichkeit" oder "Unselbstständigkeit" zu tun.
7 Antworten
In der Stadt hat nicht jeder ein eigenes Haus, in dem alle leben können.
Es gibt auch selten Wohnungen, die dicht nebeneinander liegen, so dass Kinder/Geschwister weiter weg ziehen müssen.
Zudem gibt es in der Stadt wesentlich mehr Versorgungsangebote, als auf dem Land.
Da ist man nicht zwangsläufig auf die Verwandtschaft angewiesen, weil der Eine ein Auto hat und den Anderen fahren kann.
Da sind die Geschäfte des täglichen Bedarfs und auch Sonderbedarfe oft zu Fuss, oder mit dem Bus zu erreichen.
Busverbindungen sind auf dem Land ja eher dünn gesäht, oder teilweise gar nicht zu haben.
Es ist etabliert, dass Kinder früh in Kindergärten gehen, oder nach der Schule in Jugendeinrichtungen.
Da lernen die Kinder und Jugendlichen schon früh miteinander auszukommen und orientieren sich zwangsläufig schneller vom Elternhaus weg, als wenn man solche Möglichkeiten nahezu gar nicht hat.
Familie hält oft nur so lange, wie sie muss, weil es sonst nicht anders funktioniert.
Wenn es aber anders funktioniert und die meisten das unterstützen, wirds auch gemacht.
Naja, so kannst es auch nicht pauschalisieren mit dem Landleben, das ist heute keine Norm mehr
Ich wohne auf dem Land schon immer und kenne keine Familie, die mit anderen noch unter einen Dach wohnt.
Aber auch Städter können noch zusammen wohnen, je nachdem wie die Gegebenheiten sind. Wenn jemand ein ganzes familienhaus besitzt, kann es schon Mal vorkommen, dass sie mich zusammen wohnen.....
Als Kind auf dem Land habe ich vieles nicht gesehen.
z.B. das unser Nachbar Alkoholiker ist und seine Frau schlug. Meine Mutter wollte sie davon überzeugen, ihren Mann zu verlassen. Der Dorfarzt wollte sie einstellen und ihr eine kleine Wohnung besorgen. Sie hat sich nie getrennt. Die Gewalt in der Familie beeinflusste das Leben beider Kinder auf eine negative Weise. Die Mutter ist warmherzig und ein guter Mensch, aber sie hat bis heute kein schönes Leben. Ihre Tochter bekommt ihr Leben nicht in den Griff und die Oma wird von der Schule angerufen, wenn die Enkelin keine Schuhe oder warme Jacke hat.
Die beste Freundin meiner Schwester hing oft bei uns herum. Sie blieb sogar meistens zu den Mahlzeiten, was meine Mutter nervte. Jahre später als erwachsene Frau erzählte sie uns, dass es in ihrer Familie häussliche Gewalt gab, vor der sie sich zu uns hin flüchtete.
Meine Mutter kam mit meiner Tante, die im selben Haus (mit ihrer eigenen Familie) mit uns lebte, gar nicht zurecht. Meine Tante schrie den ganzen Tag lang, war hektisch und wurde von meiner Mutter als Belastung empfunden.
Das ging so weit, dass meine Mutter meinem Vater ein Ultimatum stellte. Wir zogen daraufhin ans andere Ende der BRD um, damit meine Mutter nicht täglich mit meiner Tante zu tun hatte. Das war für meine Großmutter und mich schlimm, denn in den 3-Familienhaus wohnte auch meine Großmutter, die für mich wie eine zweite Mutter war.
Anders ausgedrückt, Mehrgenerationenhäuser und das Landleben können sehr schön und bereichernd sein. Sind sie das aber nicht ist es für einige eine wahre Hölle.
Sinnlose Verallgemeinerung.
Tja, da hat die Konditionierung eben noch funktioniert.
In der Großstadt gibt es mehr regulierende Einflüsse, so dass Kinder mehr hinterfragen.