Warum denken viele Menschen ohne das Grundgesetz wäre alles schlimm, wenn es im Kaiserreich auch ohne funktionierte?
13 Antworten
Zunächst ist es einfach so, dass sich das Grundgesetz, also die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, bewährt hat und Deutschland seit nunmehr 76 Jahren ein stabiles politisches Fundament verschafft und seinen Bürgern umfassen Bürgerrechte bietet, ebenso wie es auch die allgemeinen Menschenrechte anerkennt. Das Grundgesetz ist heute schon wesentlich länger in Gebrauch, als dass das Kaiserreich von 1871 bis 1918 Bestand hatte.
Ich will es mir jetzt nicht einfach machen und darauf verweisen, dass die Menschen durch das Grundgesetz mehr Rechte besitzen, als dass sie im Kaiserreich hatten. Die Frage, die aber naturgemäß offen bleiben muss ist, wie sich das Kaiserreich entwickelt hätte, wäre es nicht durch die Katastrophe des Ersten Weltkriegs untergegangen.
Im Deutschen Reich von 1871 - 1918 gab es durchaus positive Entwicklungen. Nur um exemplarisch einige aufzugreifen:
- Es gab eine Verfassung.
- Es wurden das Sozialversicherungssystem in seinen Grundzügen bereits eingeführt.
- Es gab allgemeine Wahlen zum Reichstag.
- Auch Kontroverse Themen wurden im Parlament diskutiert. Es sei nur einmal auf die Reichstagswahl 1907 verwiesen, welche durch Auseinandersetzungen über den Kolonialkrieg im heutigen Namibia bestimmt war. - de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_1907
- Die Universitäten haben eine hervorragende Lehre gehabt und viele Forscher von Weltruf.
Es gab aber gleichzeitig auch aus heutiger Sicht problematische Entwicklungen. Hier exemplarisch:
- Eine starke Militarisierung der Gesellschaft und eine starke Obrigkeitshörigkeit.
- Das Reich war als "Kostgänger" der Länder (es gab zum Beispiel keine reichsweite Einkommensteuer, daher wurde der Haushalt überwiegend aus Beiträgen der Länder gedeckt) stets unterfinanziert und konnte nur in mühsamen Verhandlungen handlungsfähig bleiben.
- Preußen hatte als bei Weitem einflussreichster Staat kein allgemeines Wahlrecht, sondern das sogenannte Dreiklassenwahlrecht - gestaffelt nach Steueraufkommen der Bürger.
- Keine politische Teilhabe der Frauen.
- Die Regierung war nicht dem Parlament verantwortlich.
Nun hätte sich das Kaiserreich bei Fortbestehen sicherlich weiterentwickelt. Hier beginnt nun die Spekulation. Eine Möglichkeit wäre es gewesen, dass sich das deutsche Reich hin zu einer parlamentarischen Demokratie nach britischem Muster oder nach Vorbild Belgiens entwickelt hätte. Andersrum wäre es natürlich auch möglich gewesen, dass die autoritären Elemente die liberalen Elemente verdrängt hätte.
Letztlich führen auch Historiker diese Diskussion. Gab es einen deutschen Sonderweg oder war das Deutsche Reich 1871-1914 auf einem ähnlichen Weg wie etwa Großbritannien? Mehr dazu findet man hier:
de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Sonderweg
Denke da hast du wohl Wissenslücken. Im Kaiserreich hattest du lange nicht so viele Bürgerrechte wie heute. Auch wurde jemand vor Gericht bevorzugt nur weil er Adelig war. Oder als Arbeiter oder Hausangestellter durfte man dich schlagen oder hart bestrafen. Auch eine Demonstration war so nicht möglich. Dazu war Evangelisch Staatsreligion. Oh es gab damals vieles was dir bestimmt nicht gefallen hätte. Du solltest das GG mehr achten und auch in Zukunft verteidigen. Es ist einfach Weltklasse Gut.
Wie sich zeigte funktionierte es nicht (gut)
es gab keine Demokratie , keine richtige Gewaltenteilung, kaum Meinungsfreiheit und viel Unterdrückung. Und am Ende sind Millionen Menschen gestorben weil Wilhelm Streit mit seinen Cousins hatte.
davon abgesehen, auch das Kaiserreich hatte eine Verfassung. Nur eben eine schlechte
Warum glauben Menschen wie du, dass es im Kaiserreich funktioniert hat? Da war das Leben schrecklich, denn man war unfrei. Man konnte seine politische Meinung nicht frei äußern, es gab eine geheime Staatspolizei, die Presse wurde zensiert und unbequeme Journalisten wurden eingesperrt. Frauen hatten so gut wie keine politischen Rechte. Auch Minderheiten und Arbeiter hatten deutlich weniger Rechte als die Oberschicht.
Das Wahlrecht zum Reichstag war ein Männerwahlrecht. Außerdem war es ein ungerechtes Dreiklassenwahlrecht, das die Stimmen der Reichen und Adligen massiv bevorteilte.
Ein Großteil der Bevölkerung lebte in Armut oder am Existenzminimum. 10-12 Stunden täglich wurde gearbeitet, sechs Tage die Woche, geringe Löhne, fehlende Arbeitssicherheit und kaum soziale Absicherung waren die Norm. Kinderarbeit war normal. Es gab eine extreme Wohnungsnot. Es gab nur eine sehr unzureichende Krankenversicherung und viele waren gar nicht versichert. Es gab keinen Arbeitsschutz.
Das Militär genoss eine herausragende Stellung. Wer eingezogen wurde, der war arm dran, denn er war der letzte A_sch.
Die Justiz war nicht neutral sondern bevorzugte die Oberschicht, während Arbeiter und politische Gegner streng bestraft wurden.
Also erzähle mir nicht, dass es ohne das Grundgesetz funktioniert.
Das Kaiserreich hat eben genau nicht funktioniert. Undemokratisch, sozial ungerecht und fehlende Gewaltenteilung.