Warum bekomme ich kein Weihnachtsgeld, aber alle anderen?

6 Antworten

Hi.

Es kommt zuerst darauf an, aus welchem Rechtsgrund das Weihnachtsgeld gezahlt wird. Steht das Weihnachtsgeld weder im Arbeitsvertrag, noch in tariflicher Regelung, kann sich der Anspruch nur aus § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB (https://dejure.org/gesetze/BGB/611a.html#Abs1:S1) iVm dem Arbeitsvertrag und einer betrieblichen Übung ergehen. In deinem Fall sieht es sehr danach aus.

Nun muss man sich fragen ob du einen Anspruch hast durch den sog. arbeitsrechtlichen Gleichberechtigungsgrundsatz. Zunächst müsste der Arbeitgeber eine allgemeine Regel aufgestellt haben/anwenden. Hier ist das die Zahlung an die Beschäftigten.

Weiter müsste eine Ungleichbehandlung vorliegen. Diese kann wie in deinem Fall auch in einer Gruppenbildung liegen. Er zahlt allen ab dem ersten Betriebsjahr und denen davor nicht.

Dafür darf es keinen sachlichen Grund geben. Hier wird es nun etwas kniffelig. Denn es gäbe durchaus Gründe die man sich vorstellen kann. Beispielsweise eine unterschiedliche berufliche Qualifikation. Denn hier betrifft es die Auszubildenden. Diese haben natürlich schon in ihrem "Jobstatus" die geringere Qualifikation integriert. Problematisch wird es nun, dass hier wohl Ausnahmen gemacht werden. Es also durchaus Auszubildende in deinem Jahrgang gibt, die eine solche Gratifikation erhalten. In dem Fall sieht es dann nach reiner Willkür aus und wäre ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Kommt man nun zu dem Schluss, dass dies tatsächlich so ist. Dann wäre die Rechtsfolge, dass der Arbeitnehmer dich so stellen muss wie alle anderen. Du also auch das Weihnachtsgeld bekämst.

Problematisch ist eben, dass man nun genau den wichtigen Punkt nicht mit genügend Informationen bekommt. Die Frage nach dem sachlichen Grund und ob tatsächlich andere das Geld bekommen.

Unten schreibst du z.B.

Ich habe bei fast allen Azubi-Kollegen nachgefragt und mir wurde mitgeteilt, dass (zumindest anteilig) Weihnachtsgeld im ersten Lehrjahr ausgezahlt wurde.

Es ist eben nicht ganz klar was du meinst. Also es besteht die Möglichkeit, dass du einen Anspruch hast und nach den gegebenen Infos sieht das auch sehr vielversprechend aus. Festlegen will ich mich aber nicht, weil mir die Infos dann doch etwas zu inkonsistent sind.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
snwflkdrlf 
Fragesteller
 02.12.2019, 22:32

Das "anteilig" bezieht sich auf die Höhe und nicht auf die anderen Auszubildenen. In meinem Betrieb gibt es Auszubildende in verschiedenen Jahrgängen und die, die jetzt nicht mehr im 1. Lehrjahr sind, sprich also letztes Jahr schon im Betrieb waren (und dort noch sehr wohl im ersten Lehrjahr waren) haben Weihnachtsgeld in verschiedener Höhe bekommen, aufgrund der jeweiligen Zeit im Betrieb. Eine Azubine in meinem Lehrjahr (beide im ersten) haben keines bekommen, da es nun heißt, man müsse mindesten ein Jahr im Betrieb sein. Allerdings steht dazu nichts im Ausbildungsvertrag, noch habe ich je eine Betriebsvereinbarung gesehen oder gelesen. Besteht denn die Möglichkeit, dass die Betriebsvereinbarung geändert wurde nach letztem Jahr und dort nun drin stehen könnte, dass man mindestens ein Jahr im Betrieb angestellt sein muss?

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jurimausi  03.12.2019, 15:07
@snwflkdrlf
Eine Azubine in meinem Lehrjahr (beide im ersten) haben keines bekommen, da es nun heißt, man müsse mindesten ein Jahr im Betrieb sein.

Das ist durchaus ein zulässiger Grund. In dem Fall spricht man von einer Abstufung nach Betriebszugehörigkeit. Da die Auszubildenden die eine Gratifikation erhalten haben länger als ein Jahr im Betrieb sind, haben sie einen Anspruch.

Allerdings steht dazu nichts im Ausbildungsvertrag, noch habe ich je eine Betriebsvereinbarung gesehen oder gelesen.

Das muss dort nicht stehen. Es kann eben auch aufgrund sog. "betrieblicher Übung" ausgezahlt werden. Der Arbeitgeber darf dabei eben auch unterschiedlich behandeln, nur nicht willkürlich. Das es erst ab einjähriger Zugehörigkeit gezahlt wird ist nicht willkürlich und damit zulässig. In dem Fall ist es korrekt, dass du und die anderen Auszubilden (unter einem Jahr) keinen Anspruch haben.

Die Regel nach der die Gratifikation ausgezahlt wird kann sich durchaus ändern.

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Allerdings bekamen andere (auch jetzt noch Auszubildende) in ihrem ersten Jahr anteilig Weihnachtsgeld.

Und hier gilt eindeutig der Gleichbehandlungsgrundsatz und man darf Dich nicht einfach ausklammern.

https://www.dgbrechtsschutz.de/recht/arbeitsrecht/lohn/themen/beitrag/ansicht/lohn/gleichbehandlung-beim-weihnachtsgeld/details/anzeige/

https://www.kluge-recht.de/arbeitsrecht-ratgeber/arbeitsrechtlicher-gleichbehandlungsgrundsatz/

snwflkdrlf 
Fragesteller
 02.12.2019, 21:54

Danke für die Links, das war sehr hilfreich! Ich habe bei fast allen Azubi-Kollegen nachgefragt und mir wurde mitgeteilt, dass (zumindest anteilig) Weihnachtsgeld im ersten Lehrjahr ausgezahlt wurde.

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Weihnachtsgeld ist, wenn es nicht vertraglich als eine Verpflichtung geregelt ist, eine freiwillige Prämie des Arbeitgebers, wobei sich jeder bemüht, seine eigenen Regeln aufzustellen.

Als Arbeitgeber kann man es als Belohnung einzelner Mitarbeiter oder als einheitliches Geschenk für alle bewerten. Auch steuerlich kann es manchmal interessant sein.

Wenn also in deinem Vertrag nichts darüber steht, hat man dich vergessen oder/und deine Arbeit ist keine finanzielle Belohnung wert. Oder deinem Chef ist das Geld ausgegangen ...

sogar Minijobber haben Anspruch auf Sonderzahlungen:

Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt auch für Sonderzahlungen
Zahlen Sie Ihren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern eine Sonderzahlung, so haben auch Ihre Minijobber einen Anspruch darauf, es sei denn, es gibt für diese unterschiedliche Behandlung sachliche Gründe, z. B. Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung oder unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen.
Ihrem Minijobber steht somit eine Sonderzahlung zu, die anteilig – bezogen auf seine Arbeitszeit – mindestens so hoch ist, wie die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.

Nachzulesen in der minijob-zentrale.de bzw. in dem Link hier: https://www.minijob-zentrale.de/DE/01_minijobs/02_gewerblich/01_grundlagen/04_arbeitsrecht/05_sonderzahlungen/node.html

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
snwflkdrlf 
Fragesteller
 02.12.2019, 22:00

Also habe ich in diesem Fall einen Anspruch auf Weihnachtsgeld auf Grundlage vom Gleichbehandlungsgesetz?

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siola55  02.12.2019, 22:01
@snwflkdrlf

...falls im Ausbildungsvertrag bzw. Tarifvertrag nichts Gegenteiliges steht.

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snwflkdrlf 
Fragesteller
 02.12.2019, 22:03

@siola55 Da steht nichts Gegenteiliges, soweit ich das beurteilen kann

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