Waren die osteuropäischen kommunistischen Staaten eigentlich alles satelittenstaaten der Sowjetunion?

7 Antworten

Was heißt denn Satelliten? Damit unterstellt man, diese Länder hätten keine eigenständige Politik gemacht, was falsch ist. Einige dieser Staaten haben sich durch die Entscheidung ihrer Regierung eng an der Sowjetunion orientiert, andere (wie Jugoslawien und Albanien, aber auch Rumänien) nicht. Rumänien beteiligte sich nicht an allen Entscheidungen des Warschauer Vertrags (z.B. 1968 die Intervention in der Tschechoslowakei) und die Sowjetunion konnte wenig dagegen tun - somit war es kein Satellitenstaat.

Offen interveniert hat die Sowjetunion nur in Ungarn 1956 und der Tschechoslowakei 1968, weil beide Staaten kurz davor standen, den Sozialismus abzuschaffen und das Lager zu wechseln. Das war im westlichen Lager aber genauso, die USA sprachen offen darüber, dass falls in Italien die Kommunistische Partei gewählt würde, die NATO da einmarschieren und die Regierung stürzen würde. Trotzdem nennt niemand Italien eine Marionette der USA.

Umgekehrt war die BRD, v.a. am Anfang, auch sehr abhängig von den USA. Trotzdem war auch sie nicht einfach ein Marionettenstaat, sondern hat in einem gewissen Rahmen ihre eigene Politik gemacht. Wirkliche Marionetten waren eher solche Staaten wie Südvietnam, die komplett in der Hand der USA waren und ohne sie keinen Monat überlebt hätten. Die Sowjetunion hatte in dem Sinne keine wirklichen Marionetten, höchstens vielleicht die Mongolei.

Sie wurden von den Russen beherrscht, ohne Zustimmung Moskaus lief kaum etwas.
Es gab trotzallem Unterschiede.

Jugoslavien bewahrte sich seine Sonderstellung.
Tito legte Wert darauf, dass nicht die Russen, sondern seine Partisanen den Sieg über die Deutschen in seinem Land erkämpft hatten.

Ungarn erhielt nach dem Auftand von 1956 graduelle Sonderrechte eingeräumt.
Die Tschechen verloren 1968 ihren Reformweg eines liberalisierten Sozialismus.
Die Polen achteten renitent darauf, ein eigenständiger Staat zu sein.

Die Strukturen waren über den RGW (eine Art Wirtschaftsunion) und den Warschauer Pakt zusammengehalten, eine Art Bündnisse auf Gegenseitigkeit.

Mit der Ausnahme von Jugoslawien und Albanien waren die übrigen Länder Satelliten der Sowjetunion.

Dennoch gab es Unterschiede.

Ungarn und Bulgarien hatten sich dem Westen wirtschaftlich geöffnet. Hier konnten Touristen diese Länder besuchen (Balaton, Schwarzmeerküste Bulgariens).

Rumänien ging einen Sonderweg. Formal war man zwar Mitglied des Warschauer Vertrages, beteiligte sich aber kaum an gemeinsamen Manövern. Auf eigenem Territorium wurden derartige Manöver auch nicht geduldet. Eine Öffnung gegenüber dem Westen erkaufte man sich mit Geld. So verlangte man Geld für die Übersiedlung von deutschsprachigen Minoritäten.

Denn Rumänien war ein armes Land. So nahm man auch Geheimdienstaufträge gegen Geld an. Der Anschlag auf Radio Free Europe in München ging auf den rumänischen Geheimdienst Securitate zurück.

Sektenforscher  20.03.2021, 22:54

In den Sechziger Jahren hatte die rumänische Staatsführung die Behauptung aufgestellt, die Rumänen seien kein slawisches Volk. Im Gegenteil, diese stammten von den Dakern ab, die enge Bindungen zu den Römern hatten. So fühle man sich als romanisches Volk. Damit widersprach man der Sowjetunion, die sich nach der Theorie des Panslawismus als Schutzmacht der Slawen aufspielte. Denn schon das zaristische Russland sah sich in dieser Rolle.

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Von Experte GerdausBerlin bestätigt

Albanien war ideologischer Satellitenstaat der Volksrepublik China! Jugoslawien versuchte einen eigenständigen Weg ("Titoismus"). Für alle anderen galt des Prinzip der "eingeschränkten Souveränität sozialistischer Staaten". Motto: "Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen!" Wer "ausscheren" wollte, bekam die "brüderliche Hilfe" zu spüren, z.B. CSSR 1968.

Sektenforscher  20.03.2021, 23:09

Bis heute ist das Verhältnis Albaniens zur Volksrepublik China ungeklärt. Das kleine Albanien sah sich nicht als Satellit, eher als Weggefährte. Zunächst lobte man die Verdienste des chinesischen Volkes, dann aber behauptete man, von der wirklichen Geschichte Volkschinas und von Mao Zedong nichts gewusst zu haben. Mao sei ein Revisionist gewesen, der immer gegen die Anweisungen Stalins gehandelt habe. Die Übergangsperiode in den Fünfziger Jahren wurde als revisionistisch verurteilt. Dabei verkannte man die Tatsache, dass in den Sechziger Jahren die bürgerlichen Parteien (z. B. Industriellenpartei) aufgelöst wurden. Denn die Kollektivierung war in China abgeschlossen. Die bürgerlichen Parteien wurden nicht mehr benötigt. Man hatte fortan ein reines sozialistisches System.

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Es gab keinen einzigen kommunistischen Staat in der Welt, wann geht das endlich mal in das recht mental unbedarfte westdeutsche Hirn hinein. Albanien war ausgesprochen unabhängig, Rumänien im Grunde auch.