Träumen Zen-Buddhisten?
Wenn praktizierende Zen-Buddhisten/Daoisten bzw. Mönche dieser spirituellen Richtungen schlafen, träumen sie?
Diese Frage stellt sich mir wegen zwei Sachen:
- Der Buddhismus basiert in gewisser Weise auf folgendem Leitsatz: "Wenn du hungrig bis, iss. Wenn du müde bist, schlaf." Das bedeutet im direkten Sinn, dass man seine Bedürfnisse einfach befriedigen soll. Die eigentliche Bedeutung ist, man soll sich dem was man macht komplett widmen, sich darauf komplett konzentrieren. --> Wenn man schläft, soll man schlafen. Träumen ist also das Produkt davon, dass unser Gehirn nicht in Ruhe ist.
- Um zu träumen ist ein gewisses Bewusstsein nötig. Einem EGO entsprechend. Ziel im Buddhismus ist ua der Verlust des EGOs, bzw die Erkenntnis, dass es kein EGO gibt. Wenn man kein EGO hat/man weiß dass man keins hat, kann man träumen?
(Ich bin kein Experte bzgl Buddhismus und Schlafforschung)
2 Antworten
Ich bin Soto-Zen-Buddhist.
Gründe für Träume
Meister Deshimaru, in dessen Linie ich stehe, pflegte zu sagen, dass nur ein Gehirn das erschöpft ist, zu Träumen führt. Anstatt stark und ruhig zu sein, wie beim Zazen, zuckt es nervös auf und produziert Bilder.
Die moderne Schlafforschung hat gezeigt, dass tatsächlich jeder Mensch nachts Traumphasen hat - aber bei einem tiefen Schlaf erinnert man sich nicht daran. Insofern ist die Beschreibung von Deshimaru nicht ganz falsch.
Bedeutung von Träumen
Zur Bedeutung von Träumen erzählte Meister Deshimaru gerne die Geschichte vom Mann, der eine Geldbörse findet. Sie ist aber am Boden festgefroren. Der Mann ist nicht dumm und pinkelt auf das Eis, um es zu zu schmelzen. Schließlich greift er gierig nach der Geldbörse - aber "AU!" - das tut weh!
Er wacht auf, er hält seine Hoden gepackt - und das Bett ist nass.
Mehr Bedeutung ist im Allgemeinen nicht enthalten. ;-)
Ich-Bewusstsein und Schlaf
Bei einem tiefen Schlaf ist unser Ich-Bewusstsein nicht präsent. Wie vor der Geburt oder nach dem Tod, gibt es dann die Wahrnehmung einer individuellen Existenz nicht.
Ego
Wichtig ist, sich nicht mit seinem Ego zu identifizieren. Gleichzeitig ist ein starkes Ego wichtig. Mit solchen Widersprüchen hat der westliche Geist oft Probleme.
Wenn wir beispielsweise kein Ego hätten, dann hätten wir auch nicht die Fähigkeit zu sagen "ICH möchte ein Brot", oder "Gehe MIR aus dem Weg!"
Man wäre also schlichtweg lebensunfähig.
Ein starkes Ego ist z.B. nicht nur bei geschäftlichen Verhandlungen wichtig, sondern auch wenn man Menschen unterweisen will, Man muss eine gewisse Autorität haben.
Ego und Meister
Im Gegensatz zum "Otto Normalverbraucher" identifiziert sich der Zen-Praktizierende nicht ständig damit, sondern er weiß, dass er eine Art Rolle spielt.
Das bedeutet aber nicht, dass Meister moralisch unfehlbar sind, oder niemals dumme Entscheidungen treffen - auch sie stolpern über ihr Ego.
Das sieht man z.B. an den Sex-Skandalen oder den Berichten über psychische Manipulation, materielle Bereicherung oder Suchtproblemen einiger "Meister".
Es gibt dazu einiges aufschlussreiches Material.
Sind diese Meister deswegen weniger "erwacht" ? Oder fallen sie nicht einfach manchmal wieder in ihr Ego zurück und identifizieren sich zu sehr? Ich denke, nur ein Meister mit Fehlern ist wirklich authentisch. Auch meine Lehrer hatten und haben ihre menschlichen Schwächen.
Der ewig mild lächelnde und nie wütende Meister ist mir jedenfalls höchst suspekt - er verdrängt das Ego und identifiziert sich mit einem konstruierten "Erleuchtungs-Ego". Die Vorstellung das Ego "sterben" zu lassen, oder zu "überwinden" ist zwar in buddhistischer Literatur zwar weit verbreitet - aber meiner Meinung nach Quatsch.
Zu deiner eigentlichen Frage:
Zumindest ich träume gelegentlich - und da merkt man auch sehr deutlich, dass das Gehirn dann einfach prägende Sinneseindrücke und Emotionen aus dem Alltag hochspült und wiederkäut - von banal bis schlüpfrig ist alles dabei.
Ich praktiziere nicht mehr, habe dies aber frueher (Sanbo Zen). Bei einem geregelten Tagesablauf mit ausreichendem Schlaf, traeumt wohl jeder. Ich kann mich zumindest nicht erinnern, jemals aufgehoert haben zu traeumen.
Zu dem Zitat:
Eigentlich wird es so interpretiert:
Wenn man Zazen macht, macht man Zazen. Wenn man isst, isst man. Wenn man arbeitet, arbeitet man. Wenn man schläft, schläft man.
Das hat nichts mit unmittelbarer Beduerfnisbefriedigung zu tun, sondern dem Leben im Augenblick. Das eine schliesst das andere nicht aus, oder doch ?
Ja genau das ist damit gemeint. Beim Essen nicht schon ans Abspuelen denken, und umgekehrt.
Ich persönlich finde, Träume sind wie Schwitzen.
Der Körper produziert es, ohne dass wir es bewusst lenken (obwohl auch zumindest das bei luziden Träumen möglich ist)
Ich meinte damit zB dass man beim Essen nicht gleichzeitig am Handy hängen soll. Genauso soll Träumen eine "Ablenkung" vom reinen Schlafen sein. Mit dem Unterschied dass man das Träumen schwieriger kontrollieren kann.