Realismus als Gegenbewegung zur Romantik?

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Das Hauptanliegen der romantischen Dichtung ist das Erspüren eines tieferen Sinnes in allem Sein. Die Romantiker wenden sich deshalb scharf gegen die „Philister“ (wir sagen heute: Spießer), die nur die platte Wirklichkeit anerkennen und ihr materielles Wohlergehen über alles schätzen. Der Romantiker hat ein völlig anderes Verhältnis zu den Dingen als die Philister; er verzaubert die Wirklichkeit, umgibt alle Dinge mit dem Schein des Ungewöhnlichen. Romantisieren nennt er das. Letztlich zielt diese „Romantisierung“ darauf, dem geheimen Sein hinter den Dingen auf die Spur zu kommen.

 Für das Geheimnisvolle, das die Romantiker vor allem in der Natur walten sahen und in dem sie das Wirken einer höheren Welt erblickten, nach der sie sich sehnten, die aber für sie unerreichbar war – für solche phantastischen Zielsetzungen gab es jetzt, im Zeitalter der beginnenden Industrialisierung keinen Anlass mehr.

Die neuen Schriftsteller ließen ihre Protagonisten nicht mehr gegen die bürgerliche Welt und deren Spießbürgertum aufbegehren, indem sie vor dieser Welt flohen, sondern sie stellten sie mitten in diese reale Welt hinein. Mit dieser realen Welt mussten sie sich auseinandersetzen, aber nicht durch Aufbegehren, sondern indem sie sich mit ihr arrangierten und sich mit ihrer Stärke, ihrer Übermacht abfanden.

Diese Einstellung des Sich-Abfindens, des Resignierens (s. z.B. Fontane „Irrungen, Wirrungen") ist etwas fundamental anderes als das romantischen Aufbegehren gegen die Spießerwelt und kann insofern als etwas Gegensätzliches zum romantischen Anliegen verstanden werden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Stelle Motive und Themenkreise gegeneinander:

Romantik: Weltflucht, Schwärmerei, Gefühl, Geheimnisvolles, Fantasie

Realismus: Alltags- und Arbeitswelt, nüchterne Sachlichkeit, Irdisches