Pferd oder Ochs - wer wurde im Mittelalter eher für Waldarbeiten an steilen Berghängen eingesetzt?

7 Antworten

Der essentielle Unterschied zwischen Pferd und Ochsen im Kummet ist der, dass Pferde zum einen wendiger sind als Ochen und gelehriger, man kann sie besser, schneller und leichter ausbilden in Form von Stimmkommandos.

Wer alte Bilder betrachtet, vielleicht von der Uroma oder etwas stöbert in anno dazumal auf Google, wird erkennen, dass solche Gespanne mit Ochsen immer eine Begleitperson zum Weisen und führen dabei haben. Das fällt natürlich beim Pferd weg, sofern es gut ausgebildet ist und die Bäurin, der Knecht oder die Magd konnten anderen Arbeiten nachgehen, als das Gespann zum Pflügen zu begleiten.

Ochsen haben in der Trittsicherheit keine Vor- oder Nachteile ggü. Pferden, jedoch ein großes Manko ist, dass sie wesentlich schreckhafter und unkontrollierbarer sind, als die ruhigen Kaltblüter (s. Video, da läuft neben her die laute Kettensäge, der Tracktor fährt vorbei, Ketten klappern etc). Das kann u.U. tödlich verlaufen, wenn so ein Gespann mal volldampf losrennt.

Die gebräuchlichsten Stimmkommandos (also wirklich ohne einwirken des Langzügels) beim Holzrücken etwa sind:

Links: wist, regional auch wista

Rechts: hot, regional auch huit

weiter gerade aus: wia! (also nicht wiehern sondern kurz und scharf)

Halt: haalt (nicht brüllen sondern laut sagen mit abfallender Stimme)

zurück: ree (lang gesprochen)

Diese Kommandos sind für Aussenstehende befremdlich klingend. Da aber jedes der genannten Kommandos jeweils entweder a, e, i, u oder o enthalten und viel an der Betonung liegt, sollte man hier Verwechslungen im Wortlaut bestmöglich ausschließen um das Tier auch entsprechend leiten zu können, denn es geht beim Holzrücken nicht immer gerade aus, grad im Wald wenns vereist ist und dann auch noch am Hang muss dieses Zusammenspiel undbedingt harmonieren, um weder Pferd noch Rücker in Gefahr zu bringen.

Viel macht auch die Erziehung und die Bindung des Tieres zum Menschen aus. Einer muss sich auf den Anderen verlassen können, in jeder Situation.

https://youtube.com/watch?v=hvn3ZP5zkco

Ach ja und abschließend: ein Pferd frisst nicht mehr, als ein Ochs oder eine Kuh, allerdings ist die artgerechte Ernährung eines Pferdes in der heutigen Zeit nicht immer ganz einfach, denn unsere Wiesen sind eher zu fett für Pferde, da sie ja ursprünglich für die Fleisch- u. Milchkuhhaltung angedacht waren.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Dressur bis Klasse S*, über 30 Jahre Erfahrung
latinlover68  20.08.2018, 22:16

Dass Pferde ebenso trittsicher seien wie Ochsen stimmt so leider nicht! Dazu habe ich schon zu viele herumschliddernde Pferde gesehen. Außer vielleicht sie haben Hufeisen mit Stollen.

Bei Ochsen hingegen spreizen sich die Klauenhufen im Matsch und geben besseren Halt, sonst kämen z.B. Wasserbüffel in Asien nicht durc den Morast.

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Die bedeutendste Rolle spielte das Pferd wohl in der adligen Gesellschaft des Mittelalters. Die mobile Herrschaftsform bedingte, dass der gesamte Hofstaat einschließlich Damen an ein Leben im Sattel gewöhnt war. Da Wege und Straßen schlecht ausgebaut waren, wurden Reisewagen und Sänften weniger genutzt. Eine zusätzliche Bedeutung erhielt das Pferd durch die neue Waffentechnik, die den Einsatz des schweren Panzerreiters mit der Lanze als Angriffswaffe ermöglichte: die Hoch-Zeit des Rittertums ist ohne entsprechende Pferde nicht denkbar.
Für die unteren Stände war das Pferd vor allem als Pack-, Saum- und Zugtier von Bedeutung. Ministerialen, Bauernmeister u.ä. waren oft verpflichtet, Pferde für Boten- und Nachrichtendienste zur Verfügung zu stellen.

Neben dem Pferd wurden als Lasttiere auch Esel sowie deren Gebrauchskreuzungen eingesetzt.

Im Mittelalter wurden Esel vor allem als Saumtiere sowie als Arbeitstiere in den Mühlen eingesetzt. Mit verbundenen Augen drehten die Esel die Mahlwerke. Maultiere bzw. Mulis entstehen aus Kreuzung von Eselhengst und Pferdestute, lassen sich relativ leicht züchten und sind meist stärker und größer als Maulesel, welche aus Pferdehengst und Eselstute hervorgehen.
Maultiere wurden wegen ihrer Ausdauer, Genügsamkeit, Trittsicherheit, ihres ruhigen Temperaments und des weichen, gleichmäßigen Gangs als Zug- und Lasttiere sowie als Reisetiere den Pferden und Eseln vorgezogen.

Der Einsatz für die Zugarbeit lässt sich archäozoologisch durch typische Abnutzungserscheinungen am Skelett, so zum Beispiel das Auftreten von Überbeinen und Gelenksversteifungen nachweisen. Doch erst die technische Neuerung des Kummets, aus China eingeführt, machte die Verwendung von Pferden in der Landwirtschaft sinnvoll. Trotz der im Vergleich zum Rind überragenden Zugleistung bremsten doch die relativ hohen Futterkosten (teures Getreidefutter) den landwirtschaftlichen Einsatz des Pferdes. Allerdings waren Pferde auch vielseitiger einzusetzen als Rinder, so zum Beispiel auch als Botenpferde etc. Nur im Nordosten Frankreichs ersetzte das Pferd den Ochsen beim Pflügen vollständig, in England wurden Ochsen und Pferde zusammen eingesetzt. In Spanien wurden im Spätmittelalter vor allem Maultiere zum Pflügen verwendet; in Deutschland zum Pflügen überwiegend Ochsen, und Pferde eher für leichtere Feldarbeiten wie Eggen etc.

An steilen Berghängen wurden bevorzugt Pferde eingesetzt, wenn man sie denn zur Verfügung hatte. Sie waren deutlich teurer als Ochsen, weshalb auch diese verwendet wurden.

Als die Pferde im Mittelalter Hufeisen und richtige Zugeschirre bekamen, wurden sie noch häufiger in der Feld- und Waldarbeit eingesetzt, sie konnten damit 4-5 mal so viel ziehen und leisten als vorher. Auch konnten sie länger als Ochsen arbeiten und waren fast doppelt so schnell wie Ochsen. Sie waren wendiger, stärker, belastbarer, lenkbarer und trittsicherer als Ochsen. Aber eben auch deutlich teurer im Unterhalt, weshalb sie den Ochsen nicht ganz verdrängten.

Hier kann man ganz viel über den Einsatz von Pferden auf dem Feld nachlesen, bevor die Maschinisierung einsetzte. Zwar später als Mittelalter, aber dafür echt interessant: http://www.zeitspurensuche.de/04/land1.htm


herrklausnhausn 
Fragesteller
 15.02.2017, 10:18

Liebe Sallyvita! Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ist sehr hilfreich, kann ich viel mit anfangen! :-)

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Ein Pferd kann je nach Körperbau schon eine Menge leisten. Einige Pferde wiegen 2 Tonnen und können in steilem, unebenen Gelände schon gut mithalten.

Pferde werden auch heute immernoch als Arbeitstier genutzt, wo man aufgrund vom unebenen Gelände nicht mit einem Fahrzeug hin kommt.

kaltblueterin  15.02.2017, 18:04

Also 2t ist definitiv nicht drin, auch nicht beim Kaltblut und Shirehorse. Hier der absoltue Spitzenreiter: der Hengst Noddy mit 2,05m Schulterhöhe und ca. 1.500kg.

ua. auch hier nachzulesen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Shire_Horse

Ein Pferd mit so viel Masse ist schier unbrauchbar im Wald oder gar wenn es steil ist, schon allein, weil ihm die Höhe/Größe und die entsprechende Gewichtsverteilung bei Lastaufnahme zum Verhängnis werden würde.

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Ich kenne es aus dem heimischen Sauerland eigentlich so, dass hier Rücke-pferde eingesetzt werden. Vorzugsweise werden wohl Kaltblüter genommen. Von Ochsen beim Einsatz im Wald (an den Hängen) habe ich hier noch nie gehört, nur von deren Einsätzen in der Landwirtschaft (Feldarbeit).

Ob bzw. welche Vorteile Pferde bei der Arbeit gegenüber Ochsen haben, vermag ich jedoch nicht zu sagen.

an steilen waldhängen wurde im mittelalter nicht "waldgearbeitet". und wenn doch, dann mit menschenkraft.

grössere mengen feuerholz, die aus fallholz gesammelt wurden,  wurden mit bast zusammengeschnürt und dann bekam das bündel einen kräftgen schubs und kullerte nach unten oder wurde mittels einer schleife aus ein paar kleineren totholzstämmchen zu tal gebracht.

schwerkraft war da ganz praktisch.

wald war obrigkeitsbesitz. holz durfte im wald gar nicht geschlagen werden.

bauholz wurde direkt da gesetzt, wo es später auch gebraucht wurde. übrigens noch bis über die mitte des 20. jahrhunderts hinaus. das ist der grund, warum auf alten bauernhöfen immer eichen stehen, oft sehr grosse und prächtige eichen. wenn die genügend gross und dick sind, werden sie gefällt und die stämme zunächst abgelagert, bevor sie verarbeitet werden.

damit eichenholz als bauholz z.b. für tragende balken verwendet werden kann, muss es so lange wie möglich ablagern. und grosse eichenstämme waren auch bis zum beginn des transports per LKW viel zu schwer zum transportieren.

im mittelalter waren esel tragtiere - und ziegen oder hunde wurden vor kleine wagen gespannt. die ziege - das "pferd des kleinen mannes".

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sachgerechter Umgang ist aktiver Tierschutz!