Niederknien in der Kirche?

11 Antworten

Knien mit gefalteten Händen ist Teil der Körpersprache Europas - vielleicht auch der Welt. Das stammt nicht aus dem kirchlichen Bereich sondern aus einem ganz weltlichen: Der Gefolgsmann oder Lehnsmann leistete in dieser Haltung seinen Treueeid auf seinen Lehnsherrn oder Fürsten. Dabei nahm der Fürst den Eid entgegen, indem er seine Hände um die gefalteten Hände des Knienden legte. So verspricht man eigentlich jemandem etwas "in die Hand". Bei der Christianisierung Mitteleuropas wanderte dieser Gestus in den gottesdienstlichen Zusammenhang ein, denn ein Christ verstand sich im frühen und hohen Mittelalter durchaus auch als Gefolgsmann Christi, dem er bei der Taufe seine Treue schwor. So kam diese spezielle Haltung des aufrechten Kniens in unsere Gottesdienstkultur. Im Orient hingegen war es üblich, sich ganz zu Boden zu werfen, so wie es heute noch die Muslime tun oder ähnlich einem Kotau, wie er im chinesischen Kaiserreich üblich war.

Diese Körpersprache wird heute vielleicht als nicht mehr angebracht verstanden, vielleicht ist das Signal bedeutungslos geworden oder man interpretiert eine mißverstandene Bedeutung hinein. Aus dem Konflikt zwischen der römischen Kirche und der Reformation entstand auch ein Widerwille gegen manche Zeichen, die der Romkirche wichtig waren. Dazu gehört neben dem Knien z. B. auch das Kreuzzeichen oder die Kniebeuge beim Betreten einer Kirche. Man setzte als Protestant ein deutliches Zeichen, in dem man aufrecht vor seinem Gott stand und ihn in völliger Freiheit anbetete, statt den unverstandenen Riten einer Kirche blind zu folgen. Heute wird das z. T. wieder anders gesehen, man erkennt den Wert von Körpersprache, man deutet das Kreuzzeichen neu, man gibt Riten wie Salbung oder Besprengung mit Wasser einen neuen Hintergrund. Heute sind aber die Wunden, die der Streit um die Reformation geschlagen hat, wieder weitgehend verheilt. Insofern kommt auch das Knien wieder in den liturgischen Zusammenhang, zumindest mancherorts.

Gekniet wird vor allem im Zusammenhang mit der Wandlung vor dem Abendmahl und beim Empfang der Kommunion, sowie beim Segen. In katholischen Kirchen ist das noch allgemein üblich (guck mal, wie waldfrosch das aufgelistet hat), in reformatorischen Kirchen ist es in Deutschland eher unüblich, in anderen Ländern optional. Wir (lutherisch) haben in unserer Gemeinde auch häufig Gäste, die bei der Kommunion knien und unser Pfarrer kniet auch gerne bei bestimmten Teilen eines Abendmahlsgottesdienstes. Es ist also auch bei Protestanten nicht verboten, sich hinzuknien, wenn einem danach ist. Gruß, q.

Kniebänke gibt es in fast allen römisch-katholischen Kirchen sowie in einigen lutherischen Kirchen, die den Gottesdienst hochkirchlich feiern.

Innerhalb der römisch-katholischen Kirche gibt es zwei Gottesdienst-Riten: den sog. ordentlichen Ritus in der Landessprache und den sog. außerordentlichen Ritus (AOFRR) in lateinischer Sprache.

Im ordentlichen Ritus verflüchtigt sich das Knien zusehends, viele knien dann maximal noch bei der Wandlung oder manchmal auch gar nicht mehr. Dennoch gibt es auch Gemeinden, wo während des Hochgebets bis zum Segen fast nur gekniet wird und teilweise auch beim Kommunionempfang.

Im außerordentlichen Ritus wird viel gekniet: werktags teilweise die gesamte Messe über, sonntags ab dem Hochgebet bis zum Segen fast durchgehend. Die Kommunion wird dort ausschließlich im Knien empfangen.

Bei hochkirchlichen Lutheranern wird mindestens beim Kommunionempfang gekniet, manchmal auch bei den Einsetzungsworten.

Wie sich die diesbezüglichen Rituale in christlichen Kirchen in den letzten 50 Jahren entwickelt haben, entzieht sich meiner Anschauung. Möglicherweise hat sich dort die medizinische Einsicht durchgesetzt, dass das häufige stundenlange Knien (wie in meiner Kindheit verpflichtend, mit verheerenden Folgen) einer gesunden Entwicklung des Bewegungsapparates abträglich ist. Der Lotus-Sitz ist gesünder.

In der katholischen Kirche wird immer zur Gabenbereitung gekniet.

Außerdem in allen Bußakten.

gehado  18.12.2011, 06:41

Ist eine Richtigstellung erlaubt? Gerade zur Gabenbereitung wird nicht gekniet, sondern gesessen und ggfs. dabei ein passendes Kirchenlied gesungen.

Beim Hochgebet mit der Verwandlung der Gaben in Leib und Blut Christi allerdings wird gekniet, falls das gemeint war.

Beim Bußakt kann man knien oder sich tief verneigen. In beiden Fällen "trägt man den Kopf nicht hoch".

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Als wenn Äußerliches entscheidend wäre.