Märchen - Schlechter Einfluss?

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Deine Bedenken werden von vielen Psychologen und sensiblen Mitbürgern geteilt. Die Metabotschaften vieler Märchen stehen in einer Wertewelt, die wir heute nicht mehr akzeptieren können. Auch die Bestrafungen von Vergehen, die durchaus noch im Bereich der 'lässlichen Sünden' liegen (Narzissmus; Eifersucht; Neid; usw.) sind oft von einer solchen Brutalität, dass die "Modelle menschlichen Handelns", die hier als moralisch angemessen dargestellt werden, als überaus fragwürdig nur noch verworfen werden können. Es gibt immer wieder Leute, die meinen, dass kleine Kinder die dargestellten Handlungen nicht wirklich ernst nehmen würden und den metaphorischen Aussagegehalt durchaus richtig einordnen könnten (z.B. wenn die böse Fee in glühenden Schuhen tanzen muss, bis sie tot umfällt), doch da bin ich mir nicht sicher. Es wird ja immer wieder behauptet, Märchen würden archaische Schichten im Erleben der Menschen berühren, Projektionsflächen für Träume und Sehnsüchte bieten und daher einen hohen pädagogischen Wert für die psychische Entwicklung von Kindern haben, was für bestimmte Märchen durchaus zutreffen kann, aber dann muss man als Eltern sehr sorgfältig auswählen. Die meisten Märchensammlungen enthalten eben immer auch einen hohen Prozentsatz von menschlichen Interaktionen mit 'brutalen' Handlungsmustern. Zumindest würde ich dringend anraten, dass man als Betreuer und Märchenvorleser das 'fragwürdige' Märchen sehr sorgfältig kommentieren sollte und die Bedenken des Kindes sehr liebevoll kommentieren muss.

Ich hatte 5 jüngere Brüder denen ich jeden Abend Märchen vorlas, sie hörten sie gern, doch aus ihren Fragen schlußfolgerte ich das die Jungs Angst haben. Ich las ihnen aus dem Tropenspiegen eine harmlose Reisebeschreibung von Maria Schwauss vor, das gefiel ihnen und mir besser, ich mußte das Buch immer wieder vorlesen. Als ich 16 Jahre alt war bekam ich meinen Sohn, Märchen habe ich ihm nie erzählt, nicht nur das sie prutal sind, mein Kind sollte nicht mit Angst vor Drachen und Stiefmüttern einschlafen. Ich hatte genug eigene Geschichten, so erzählte ich lustiges aus meiner Kindheit. Wenn man Märchen verschiedener Länder liest, stellt man fest, die sind alle abgeschrieben, ich las am liebsten Arabische Volksmärchen, doch Gewalt kommt immer vor und lachen kann man nie.

Hallo :) !

Märchen sind von Erwachsenen erfunden und überliefert worden, um Kindern Lebensweißheiten mitzugeben. = Merkt sie Euch gut! So funktioniert die Welt.

Wenn man beim märchen zu moralisieren anfängt, und die wahre Botschaft nicht versteht,dann wird man in der verlogenen agressiven Welt als Erwachsene sehr schnell "auf´s Gesicht stürzen".

Beispiele: Aschenputtel. Zeigt den Mädchen, daß Jungs zwar immer sagen, daß ihnen innere Werte wichtiger,als das Aussehen sind. Nehmen aber immer die hübsche junge Blonde, mit der großen Oberweite.

Rumpelstielzchen: Wenn jemand von Dir Deine Notlage ausnutzend zu viel fordert, ist diese Forderung nicht gerechtfertigt. Derjenige will Dich nur vera..., ausnehmen und ihm gehört das Handwerk gelegt, auch um andere zu schützen. Die Methoden sind dabei nicht so wichtig.

Schneewittchen: Familie ist der genetische Zusammenschluss von Individuen, die ansonsten vielleicht gute Feinde geworden wären. Von Fremden ist oft mehr Hilfe zu erwarten.

Rotkäppchen und der Wolf: Es gibt jüngere und ältere Männer = der "Wolf" , die Mädchen und Frauen auf der Straße o.auf dem Weg abfangen,missbrauchen,und ihnen Gewalt antuen. Mädchen sollen deshalb nicht auf Gespräche mit ihnen eingehen, immerdie Menge (mehrere Leute) suchen, damit sie in Sicherheit sind. Das Märchen ist aus einer wahren Geschichte der Bestie von Girandon entstanden (ein Franzose, der auf den Straßen und im Wald mehrere Sexualmorde beging, und nie gefunden worde. Umtriebige, sexuell aktive junge Männer heißen in Frankreich heute noch: Wolf)

7 auf einen Streich: Je größere Klappe Du hast, desto mehr zählst Du in dieser Welt. Die Leute akzeptieren und bewundern Dich, auch wenn es nichts dahinter ist. Und bei der bewältigung anstehender Aufgaben hilft Dir auch der Glück. Bescheidenheit wird Dir erst nach Deinem Tod (im Himmel? Wenn es denn sowas überhaupt gibt) Belohnung einbringen. Bist Du kämpferisch und Selbstbewußt, wirst Du schon auf Erden belohnt.

Der Rattenfänger von Hameln: Rache wird am besten eiskalt serviert! Er hätte nicht viel davon gehabt, gleich loszuzetern!

Du hast wahrscheinlich zu viele andere Märchen von irgendwelchen Spinnern gelesen: Die kleine Zündholzverkäuferin- Sei arm,aber Verantwortungsbewußt. Leg Dich auf die Straße, erfriere. So wirst Du zur Heldin, aller Welt wird Mitleid mit Dir haben. Nur leider bist Du auch tot!Die Sternentaler: Gehe und wandere ziellos durch den Wald. Verschenke alle Dein Besitz, sogar Dein letztes Hemd. Dann wird irgendejmand dir Goldtaler aus dem Himmel zuwerfen (oder ist es eine irre Fieberfantasie). Aber auch dann bist Du immer noch nakt, und wie findest Du den Nachhauseweg, und wo willst Du denn dafür irgendwas kaufen, wenn Du nackt herumläufst?Der Prinz mit dem Schwalben, und der Stanhafte Zinnsoldsat sind auch totaler Schwachsinn!

VERSUCHE IN DEN MÄRCHEN LEBENSWEISSHEIT anstatt "Moral" zu suchen! Da kommst Du viel weiter!

Alles klar? Gruß: Isa`

Dichterseele  05.06.2011, 19:37

Na, das hast Du aber "Das Mädchen mit den Zündhölzern" arg missinterpretiert.Hast Du nicht kapiert, dass diese Geschichte eine Anklage ist an die Selbstgefälligkeit der Wohlstandbürger, die blind sind für das Leid der Armen?

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Auf dem ersten Blick wirkt es unmoralisch. Aber ich kenne nicht einen Menschen, der durch Märchen sittlich verdorben wurde.

Na, vielleicht solltest du mal Deine Wertvorstellungen hinterfragen???

Natürlich sieht man in einem verdreckten Gesicht auf den ersten Blick nicht die Schönheit - schon garnicht ein Prinz, der normalerweise schmutzige Dienstboten nicht beachtet... Wenn man einen Prinzen ergattern will, kann man eben nicht verwahrlost daher kommen. Umgekehrt kriegen junge Männer eine Prinzessin nur, wenn sie Heldentaten vollbringen - was verlangen Mädchen heute von einem jungen Mann, damit er sie kriegt? Meistens werfen sie sich weg und werden dementsprechend billig behandelt...

Das Versprechen der Müllerstochter war in einer unverschuldeten Notlage erpresst worden - hat sowas Gültigkeit? Und kann man von einer Mutter verlangen, dass sie ihr Kind hergibt? Solche Forderungen sind unmoralisch!

In viele Märchen kommen Bösewichte vor und die Märchenhelden müssen sich abmühen, um sie zu überlisten und unschädlich zu machen. Ist dieses Engagement vielleicht nicht vorbildlich? Heutzutage glaubt doch jeder, alles müsse ihm in den Schoß fallen oder es wird gejammert, anstatt Initiative ergriffen.

Natürlich spiegeln sich in alten Märchen die Rollenmuster vergangener Jahrhunderte wider - darüber kann man genauso diskutieren, wie über die Selbstverständlichkeiten von heute.

Außerdem: Märchen ist nicht gleich Märchen, es gibt solche und solche. Also bitte keine Klischeevorstellungen!

Einen Essay über die Funktion von Märchen findest Du in meinem Buch "Märchen im Spiegel der Zeit" http://dichterseele.beepworld.de