Leute mit ADHS scheitern im Leben?

9 Antworten

Ich selbst habe ein Pflegekind mit ADHS. Es ist nicht immer einfach. Es gibt Medikamente dagegen. Bzw. dafür dass sich der Patient besser konzentrieren kann.

Wenn man dem Kind dann viel Aufmerksamkeit schenkt kann man auch viel erreichen. Es heißt ja nicht umsonst Aufmerksamkeit Defizit Syndrom mit Hyperaktivität.

Meiner Erfahrung nach ist es sehr individuell, so wie eigentlich jede Krankheit.

Wenn du selbst betroffen bist, lass es zu, dass Medikamente dir evtl zeitweise helfen. Ich bin auch kein Fan von Medikamenten, aber eine Zeit lang ist es in Ordnung. Zumindest bei unserem Schulsystem.

Später wenn du älter bist, wirst du lernen mit der speziellen Eigenschaft zu leben. (Ich sage absichtlich nicht Krankheit).

Und lass dir bloß nicht einreden du kannst etwas nicht.

Und selbst wenn du momentan kein Schulabschluss hin bekommst, ist das auch kein Weltuntergang. Mach dich deswegen nicht verrückt.

Viele holen im Erwachsenen Alter erst eine Ausbildung oder ein Schulabschluss nach.

Mach dich nicht verrückt damit dass du so funktionieren musst wie andere. Das musst du gar nicht.

Ndl99 
Fragesteller
 14.08.2020, 17:22

Ich habe einen Realschulabschluss, trotzdem sehr schön geschrieben.

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ADHSler findet man nicht selten an den Rändern der Gesellschaft. Es kann sein, dass überdurchschnittlich viele "scheitern", straffällig oder drogenabhängig werden. Aber es gibt eben doch auch auffallend viele, die überdurchschnittlich erfolgreich sind. Beispielsweise der Arzt und Comedian Dr. Eckart von Hirschhausen sagt von sich selbst, dass er auch ADHS habe. Es gibt einen Artikel dazu, den du via Google findest.

Natürlich spielt bei einem Studium auch noch die Intelligenz eine entscheidende Rolle, die bei manchen ADHSlern höher und bei anderen tiefer ist. Bei ADHS ist vor allem wichtig, dass Betroffene sich ein Umfeld so gestalten, dass sie ihre Ressourcen bestmöglich einsetzen und ihre Fähigkeiten zum Ausdruck bringen können.

Ich hatte vor ein paar Jahren mal eine sehr nette junge Frau in einer Berufsschulklasse. Ein berührender Fall.

Sie hat bei mir darüber geklagt, dass sie sich nur schwer etwas merken könnte, sich schwer konzentrieren könnte und war manchmal richtig verzweifelt. Sie sei doch nicht dumm - und das war sie wirklich nicht. Ich habe ihr empfohlen zu einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie zu gehen und sich mal untersuchen zu lassen. Die Ärztin hat sich sehr viel Mühe gegeben und der Frau damals ein Medikament aus USA empfohlen. Für die Schülerin war das Medikament ein Segen.

Sie hat sich viel besser gefühlt, ihren Berufsabschluss mit einer ordentlichen Note gemacht und auch einen guten Arbeitsplatz gefunden. Leider nehmen sich viele Ärzte immer weniger Zeit für solche Patienten.

anozh  03.08.2021, 11:59

Was für ein Medikament ist das?

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maria38000  03.08.2021, 21:51
@anozh

Das weiß ich leider nicht genau. Es ist schon lange her. Wahrscheinlich war es so etwas Ähnliches wie Ritailin. Damals war das Medikament in Deutschland noch nicht zu bekommen bzw. nicht für die Allgemeinheit zugelassen. Ein guter Neurologe / Psychiater wird sich auskennen. Auf keinen Fall sollte man mit solchen Medikamenten rumexperimentieren. So einer Behandlung muss eine sehr sorgfältige Untersuchung vorangehen und die Behandlung muss ein Arzt begleiten, der sich wirklich gut auskennt oder eine Ärztin natürlich.

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Bei mir wurde mit 7 ADS festgestellt (ADHS ohne die Hyperaktivität), jedoch wusste ich lange nichts davon und bekam auf Wunsch meiner Eltern keine Medikamente. Mit 18 dann die Diagnose ADHS. Mein ADHS äußert sich in sehr großen Defiziten in Sachen Aufmerksamkeit und Konzentration. Außerdem arbeitet mein Kopf durchgehend auf Hochtouren, was massives overthinking als Auswirkung hat.

Ich muss schon sagen, dass meine Schulzeit ab der 6. Klasse nicht sehr einfach war. Ab ungefähr diesem Zeitpunkt musste man mehr und mehr Dinge auswendig lernen. Zuvor hatte ich immer recht gute Noten, weil ich nie wirklich für meine Klassenarbeiten lernen musste. Mein Arbeits- und Sozialverhalten, sowie meine Noten für die mündliche Mitarbeit, fielen jedoch entsprechend mittelmäßig aus. Ab der 6. Klasse verschlechterten sich meine Noten jedoch deutlich. In der 7. Klasse merkte ich dann deutlich, dass wohl alle anderen Schüler irgendwie mehr vom Unterrichtsstoff verinnerlicht hatten als ich. Das lag an meinem ständigem Abdriften in meine Gedanken, welches zumeist unterbewusst und fast schon automatisch geschah. Ich dachte, dass das bei jedem meiner Mitschüler ab und an so wäre. Es hat mich jedoch immer verwundert warum gerade ich nicht mehr mit der Geschwindigkeit des Unterrichts mitkam, warum es gerade mir so schwer fiel mich auf den Unterricht zu fokussieren. Meine Lehrer waren streng und behandelten mich (rückblickend) sehr schlecht. Ich wurde von meinen Lehrern als jemand angesehen, den man im Unterricht mitschleifen müsste, als jemand den man auch mal vor versammelter Mannschaft verhöhnen, anschreien und Bloßstellen könnte, weil ich es wagte in ihrem makellosen Unterrichtsstunden ihren Lehrstoff nicht zu verstehen. Ich weiß nicht wirklich, was meine Lehrer sich von ihren Methoden erwarteten. Wollten sie mich erziehen? Mir ihren Lehrstoff gewaltsam einprügeln? Oder vielleicht mich einfach nur Bloßstellen? Ich habe keine Ahnung. Aus meiner Sicht habe ich nie etwas getan, um bei ihnen solche Reaktionen hervorzurufen. Durch die Taten meiner Lehrer verlor ich jedenfalls die Motivation an allem was die Schule betraf, meine Noten verschlechterten sich weiter, mein sozialer Status in der Schule verschlechterte sich ebenfalls bis zu dem Punkt, an dem ich keine "Freunde" mehr hatte. Andere Schüler lästerten über mich und ich wusste es. Ich zog mich immer weiter zurück, entwickelte ein ständiges Misstrauen gegenüber alles und jedem und konnte an nichts anderes mehr denken. Dies lief einige Jahre so, meine mentale Gesundheit war komplett im Eimer, ich hasste und/oder misstraute fast jedem Menschen den ich kannte, hatte kein Selbstbewusstsein oder -vertrauen und in der 10. Klasse wäre ich fast sitzengeblieben. Als sich das 10. Schuljahr dem Ende zuneigte, verspottete mich einer meiner Lehrer vor der gesamten Klasse für meinen Plan, mein Abitur zu machen. Eine andere Lehrerin ließ mich ständig wissen, dass sie doch meine Versetzung verhindern könne, wenn sie meine 4- in eine 5 umwandeln würde (selbstverständlich jedes Mal vor der gesamten Klasse, nicht unter 4 Augen). Es mag absurd klingen, man könnte denken, dass ich hier wichtige Informationen zur Einordnung der Situation vorenthalten würde, jedoch ist dem nicht so. Nach langer Zeit der Selbstreflektion und der Verarbeitung der Ereignisse, bin ich mir sicher: Ich habe nichts getan um einen so herabzuwürdigen und respektlosen Umgang mit mir auch nur ansatzweise zu rechtfertigen.

Für das Abitur wechselte ich die Schule und vieles änderte sich: Bessere Lehrer, nettere Mitschüler, ein allgemein besseres Umfeld. Das gab mir wieder Motivation für die Schule. Kurze Zeit darauf wurde im Zuge einer Untersuchung nach dem Ursprung meiner Beschwerden mit Migräne bei mir ADHS diagnostiziert und ich bekam das verkannte Medikament Ritalin als Mittel zur Behandlung verschrieben. Das Medikament veränderte alles für mich. Zuvor war ich dauerhaft gestresst, unfokussiert und habe mir über jeden Scheiß 10-Fach Gedanken gemacht, doch das Ritalin verschaffte mir erstmals echte Ruhe und Gelassenheit im Kopf. Ich konnte mich endlich ernsthaft auf die Schule fokussieren, hab angefangen Sport zu machen und konnte auf Leute zugehen ohne mir Gedanken über Dinge wie Ablehnung oder öffentliche Bloßstellung machen zu müssen. Mein Abitur hab ich ebenfalls ohne größere Probleme bestanden.

Mein unbehandeltes ADHS hat mir viele Steine in den Weg gelegt und in vielen Umständen resultiert, von welchen ich die emotionalen Narben noch heute spüre. Aber mir geht es seit der Diagnose so viel besser als damals. Nicht alles ist Perfekt, aber ich arbeite an mir.

Was ich damit sagen will ist, dass es sehr wichtig ist sein ADHS (je nach Ausprägung und Meinung eines Neurologen) mit Medikamenten behandeln zu lassen. Das kann sehr viel verändern. Letztendlich hängt es nicht vom ADHS ab, ob man studieren geht oder Erfolg im Leben hat. Letztendlich kommt es vorallem darauf an, was man daraus macht (ob mit Behandlung oder nicht). Diese bösen "ruhigstellenden Medikamente" von denen man desöfteren hört, können das Leben von Betroffenen massiv verändern. Ich wünschte dass ich sie schon früher bekommen hätte.

Ich kenne einen, der das Abitur geschafft hat und in ca. einem Monat mit nem Physikstudium beginnt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung