Kulturelle Aneignung?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Die Forderung, man solle nur Dinge aus seinem eigenen ethnischen Bereich verwenden, ist für mich Rassismus. Das Wort "kulturelle Aneignung" könnte genausogut dem Gedankengut von Identitären oder anderen Rechtsaußen-Gestalten entstammen.

Was mir von irgendwo her gefällt, das übernehme ich, egal von wo es kommt. Und selbstverständlich kann auch jeder anderswo unsere kulturellen Dinge übernehmen. Von mir aus kann man auch die Wildecker Herzbuben in Mauretanien hören.

Kultur ist nichts, was einer bestimmten Menschengruppe, den Bewohnern einer Region o.ä. "gehört". Wenn sich eine Person Dreadlocks zulegt, kann das eben nur manchmal (natürlich nicht immer!) Auf eine (teilweise) Identifikation mit einer Kultur und ihren Charakteristika deuten.

Was daran "schlecht" sein soll, ist mir unschlüssig.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – B.A. Kultur-/Sozialanthropologie, Schwerpunkt Ethnologie

finde ich nicht schön, wirkt ungepflegt.

RealNikolaTesla 
Fragesteller
 09.10.2021, 15:18

Es geht mir nicht um das Aussehen. Immer wieder wird kontrovers diskutiert, ob Weiße Dreadlocks tragen dürfen. Kritische Stimmen, wie zum Beispiel die Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah, halten das für eine problematische Aneignung von Widerstandssymboliken der jamaikanischen Rastafari-Kultur im damals kolonialen Kontext.

2
fr4geueberfrag3  09.10.2021, 15:19
@RealNikolaTesla
halten das für eine problematische Aneignung von Widerstandssymboliken der jamaikanischen Rastafari-Kultur im damals kolonialen Kontext.

Das ist ja auch völlig richtig. Die Frage ist nur ob man das als wichtig genug erachtet die Frisurauswahl zu beeinflussen oder obs einem egal ist.

0
RealNikolaTesla 
Fragesteller
 09.10.2021, 15:22
@fr4geueberfrag3

Du sagst jetzt, dass das richtig ist, es also ein Problem IST. Wenn es tatsächlich ein moralisches Problem dabei gibt, dann hängt das doch aber nicht an der Hautfarbe derjenigen Person, die diese Frisur trägt, sondern dann hängt das möglicherweise an der ganzen Inszenierung, dass jemand, der über viele Ressourcen verfügt, jetzt sich auch noch ein Element aus einer Kultur zu eigen macht, die sich als ressourcenärmer und ihre Kultur deshalb viel stärker als Eigentum auffasst.

Abgesehen davon Kulturen sind nie unveränderlich, sie lassen sich nicht auf feststehende Eigenschaften zu reduzieren. Der Akt der Übernahme von Elementen anderer Kulturen kann entsprechend keine moralische Verfehlung darstellen. Bei den Debatten, in denen „kulturelle Aneignung“ kritisiert wird, geht es tatsächlich vor allem um die Wahrnehmung von Status- und Machtgefällen zwischen einer dominanten und einer Minderheiten-Kultur. „Aber das Aneignen selber, das ist Kultur. Das finden wir in der ganzen Kulturgeschichte immer wieder: in der Literatur, in der Musik, in der Philosophie.”

Für mich spricht aus diesem Vorwurf selbst ein „essenzialistisches Kulturverständnis“, insofern es eine bestimmte Haartracht exklusiv einer Kultur zuordnet: Eine Interpretation von Kultur also, die Kulturen jeweils feststehende und wesenhafte Eigenschaften zuschreibe. Problematisch ist also nicht nur das Konzept der kulturellen Aneignung, sondern bereits die dahinter liegende Vorstellung einer „kulturellen Identität“, weil diese die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur mit dem Wesen eines Menschen verwechselt.

1
fr4geueberfrag3  09.10.2021, 15:29
@RealNikolaTesla
Wenn es tatsächlich ein moralisches Problem dabei gibt, dann hängt das doch aber nicht an der Hautfarbe derjenigen Person, die diese Frisur trägt, sondern dann hängt das möglicherweise an der ganzen Inszenierung, dass jemand, der über viele Ressourcen verfügt, jetzt sich auch noch ein Element aus einer Kultur zu eigen macht, die sich als ressourcenärmer und ihre Kultur deshalb viel stärker als Eigentum auffasst.

Was ja sehr sehr oft mit Hautfarbe korreliert, denkst du nicht?

Abgesehen davon Kulturen sind nie unveränderlich, sie lassen sich nicht auf feststehende Eigenschaften zu reduzieren.

Damit kritisierst du dann ja aber nur den Begriff

Der Akt der Übernahme von Elementen anderer Kulturen kann entsprechend keine moralische Verfehlung darstellen.

Doch klar, es kann Teil davon sein. Wie in meiner Antwort gesagt, wenn man nur ein mitte 20 jähriger Hippie ist, der gar keine Ahnung vom kulturellen Kontext oder dem Rassismus dem POC mit solchen Frisuren ausgesetzt sind, hat, würde ich das schon moralisch falsch nennen.

Klar ist dann die Ignoranz das eigentliche Problem und nicht die Frisur.

Aber das ist ja auch nur wie ich (als weißer Mann :D) das sehe, andere sehen das anders.

Bei den Debatten, in denen „kulturelle Aneignung“ kritisiert wird, geht es tatsächlich vor allem um die Wahrnehmung von Status- und Machtgefällen zwischen einer dominanten und einer Minderheiten-Kultur. „Aber das Aneignen selber, das ist Kultur. Das finden wir in der ganzen Kulturgeschichte immer wieder: in der Literatur, in der Musik, in der Philosophie.”

Ist das nicht genau was ich meinte? Frisuren werden jetzt gehyped für die schwarze Personen jetzt oder vor wenigen Jahren noch Jobs nicht bekommen haben usw.

Für mich spricht aus diesem Vorwurf selbst ein „essenzialistisches Kulturverständnis“, insofern es eine bestimmte Haartracht exklusiv einer Kultur zuordnet: Eine Interpretation von Kultur also, die Kulturen jeweils feststehende und wesenhafte Eigenschaften zuschreibe.

Häää willst du jetzt sagen dass diese Frisuren keine krass wichtige, kulturelle Bedeutung in vielen Kulturen haben?

Das schreiben doch nicht wir denen zu??

Problematisch ist also nicht nur das Konzept der kulturellen Aneignung, sondern bereits die dahinter liegende Vorstellung einer „kulturellen Identität“, weil diese die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur mit dem Wesen eines Menschen verwechselt.

Das Fazit halte ich jetzt wirklich für ziemlichen Blödsinn.

Natürlich ist Kultur relevant für Identität, wie kannst du das leugnen?? Das ist doch lächerlich

0
Elkek71  17.10.2021, 22:23

Dann sagst du das, aber für alle Menschen die Dreadlocks tragen.

0

"Kulturelle Aneignung" ist ein Begriff, der von Identitären benutzt wird, um andere Menschen in ihrer Freiheit zu unterdrücken, nichts anderes. .

"Nein, du darfst die keine Dreadlocks tragen, weill du nicht schwarz bist."

"Nein, du darfst dir keine Feder ins Haar stecken, weil du kein Indianer bist."

"Nein, du darfst keinen Tee drinken, weil du kein Brite bist."

"Nein, du darst keine Jeans tragen, weil du kein Amerikaner bist."

Das ist kompletter Unsinn, und wer so etwas unterstützt, ist schlicht ein Rassist.

Nein.

Ansonsten hätte ich ein paar Gegenfragen:

Wäre es verwerflich, wenn ein Europäer sich einen Cowboy-Hut aufsetzt?

Wenn Amerikaner Essstäbchen nutzen?

Dass Japaner sich blass schminken, weil sie ein Schönheitsideal haben, das sich am Aussehen der Europäer orientiert, welche dort nun mal als "blass" gelten?

and so on...

x)