Kant?

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Unterschied moralischer Überlegungen von Klugheitserwägungen

Moralische Überlegungen beziehen sich nach Auffassung von Immanuel Kant auf das, was gut an sich ist, also in sich selbst einen inneren Wert hat und unbedingt gilt.

Klugheitserwägungen beziehen sich auf das, was zum Erreichen bestimmter Ziele zweckmäßig ist, aber nicht gut an sich, sondern als Mittel zu etwas gut. Es gilt nur bedingt, nämlich unter der Voraussetzung, die bestimmten Ziele zu haben, also abhängig von Zwecken, die eine Person verfolgt.

Bei moralischen Überlegungen geht es um einen kategorischen Imperativ, bei Klugheitserwägungen um einen hypothetischen Imperativ. Ein kategorischer Imperativ ist ein unbedingt geltendes Gebot, seine Befolgung Pflicht. Ein hypothetischer Imperativ ist ein Gebot, das unter Bedingungen/Voraussetzungen gilt. Die Gültigkeit steht unter einschränkenden Voraussetzungen. Wenn ich x möchte, dann ist y notwendig. Die Absicht/der Vorsatz ist dabei aber nicht notwendig. Hypothetische Imperative haben bloß subjektive Gültigkeit, sie gelten nur unter der Bedingung/Voraussetzung, irgendwelche Zwecke als angestrebtes Ziel zu haben. Dann geht es darum, die zur Verwirklichung geeigneten Mittel zu verwenden. Eine Handlung ist dabei nur insofern notwendig, als sie als Mittel zu etwas anderem dient. Es geht um eine Wenn - dann - Beziehung (wenn ich einen bestimmten Zweck verfolge, dann ist es ratsam und eine kluge Wahl, bestimmte Mittel zu verwenden, um Erfolg beim Erreichens des Zwecks zu haben). Danach, ob der Zweck selbst vernünftig und gut ist, fragt ein hypothetischer Imperativ nicht. Bei Vorschriften der Klugheit ist  eine Handlung Mittel zu etwas ist und es besteht eine Abhängigkeit von äußeren Umständen der Erfahrungswelt.

ein hypothetischer Imperativ ist:

  • subjektiv
  • bedingt/zufällig
  • nicht allgemeinverbindlich

ein kategorischer Imperativ ist:

  • objektiv
  • unbedingt/als Pflicht notwendig
  • allgemeinverbindlich

moralisches Gesetz beim Beispiel des lügenhaften Versprechens

Das moralische Gesetz ist das, was der kategorische Imperativ gebietet.

Der kategorische Imperativ als allgemeines Gesetz kommt in verschiedenen Formulierungen vor.

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785. 2. Auflage 1786). Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV, 421/BA 52:

„Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.

Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft (1788). Erster Teil. Elementarlehre der reinen praktischen Vernunft. Erstes Buch. Die Analytik der reinen praktischen Vernunft. Erstes Hauptstück. Von den Grundsätzen der reinen praktischen Vernunft. II. Von der Befugnis der reinen Vernunft im praktischen Gebrauche zu einer Erweiterung, die ihr im spekulativen für sich nicht möglich ist. § 7 Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft. AA V, 30/A 54:

„Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

Kants kategorischer Imperativ fordert, nur nach eine Maxime (eine Maxime ist ein subjektiver Grundsatz) zu handeln, von der zugleich gewollt werden kann, ein allgemeines Gesetz zu werden.

Es wird überprüft, ob die Maxime einer Handlungsmöglichkeit widerspruchslos (sowohl auf das Denken als auch auf das Wollen bezogen) auf bestimmte Weise verallgemeinert werden kann.

Das Vorgehen ist also:

1) Beschreibung einer überlegten Handlungsweise

2) Formulierung der Handlungsweise als allgemeiner Grundsatz (Maxime des Willens)

3) Überprüfung dieses allgemeinen Grundsatzes auf widerspruchsfreie Verallgemeinerbarkeit zu einem Gesetz als einem Bestandteil einer allgemeinen Gesetzgebung der Vernunft

Eine Maxime wird als dem kategorischen Imperativ entsprechend und daher moralisch richtig anerkannt, wenn sie in einer Verallgemeinerung sowohl widerspruchsfrei gedacht als auch widerspruchsfrei gewollt werden kann.

Widerspruchsfreie Denkbarkeit wird daran geprüft, ob die Maxime überhaupt widerspruchsfrei als Bestandteil einer allgemeinen Gesetzgebung der Vernunft gedacht werden kann. Es geht um logische Möglichkeit oder Unmöglichkeit.

Bei der Möglichkeit, eine Maxime widerspruchsfrei als Bestandteil einer allgemeinen Gesetzgebung der Vernunft zu wollen, wird geprüft, ob der Wille dabei mit sich selbst übereinstimmt oder nicht. Bei der Verneinung ist es unmöglich zu wollen, diese Maxime solle allgemeines Gesetz sein, weil der Wille dabei in einen Widerspruch zu sich selbst geraten würde.

Beispiel einer Maxime bei einem falschen Versprechen

Ein Beispiel ist das Vorgehen eines Lügners, sich von jemand mit einem falschen Versprechen, es später zurückgeben zu wollen, Geld zu leihen. Er steht unter dem Druck von Geldnot, weiß aber, das geliehene Geld nicht zurückzahlen zu können. Trotzdem hat er Lust, dies zu versprechen, um an das Geld zu kommen.

Die Maxime einer solchen Handlungsweise ist, sich in Geldnot Geld mit dem Verprechen einer Zurückzahlung zu leihen, obwohl eigenes Wissen vorhanden ist, die Zurückzahlung werde niemals geschehen.

Als allgemeines Gesetz kann dies nicht gedacht und gewollt werden, weil es nicht mit sich selbst zusammenstimmen kann, sondern ein Widerspruch auftritt. Ein Versprechen würde zugleich als ein eine verbindliche Zusage enthaltendes Versprechen und als eine unverbindliche Aussage, die nach Belieben gebrochen wird, also gar kein echtes Versprechen ist, gedacht. Ein solches allgemeines Gesetz würde Versprechen und den mit ihnen verfolgten Zweck unmöglich machen. An die Erfüllung von Versprechen kann ja dabei vernünftigerweise nicht geglaubt werden. Das Vertrauen, auf dem das Akzeptieren von Versprechen beruht, würde untergraben. Weil Versprechen nicht vertraut würde, würde nicht auf ein Versprechen der Zurückzahlung Geld geliehen. Das, was die Absicht beim falschen Versprechen ist, würde nicht erreicht. Daher kann die Maxime nicht als allgemeiner Grundsatz gewollt werden.

Das moralische Gesetz gebietet Ehrlichkeit und verbietet Lügen/falsche Versprechen.