Kann mir jemand den Bolschewismus erklären?
Ich habe aus politischem und geschichtlichem Interesse heraus dazu gestern einen Wikipedia-Eintrag gelesen, verstehe aber nur Bahnhof. Was genau ist der Sinn hinter dem Bolschewismus? Wer hat ihn "erfunden" oder wer war die berühmteste Person in Verbindung damit? Und woran ist der Bolschewismus gescheitert?
4 Antworten
https://www.youtube.com/watch?v=bmhVLGWszQc
BolschewismusB. ist die Bezeichnung für eine Richtung des Marxismus/ Kommunismus. Der Begriff B. leitet sich her vom II. Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Russlands (London 1903), auf dem sich eine radikale revolutionäre Mehrheit unter der Führung Lenins (russ.: bolsche = mehr) gegen eine gemäßigte evolutionäre Minderheit (russ.: mensche = weniger) durchsetzte. Nach der Abdankung des Zaren wurden die Menschewiki an der vorläufigen parlamentarischen Regierung beteiligt; die Bolschewiki übernahmen schließlich im November 1917 mit Unterstützung der Arbeiter- und Soldatenräte die Macht. 1918 wurde die Partei in Kommunistische Partei Russlands, später der Sowjetunion (KPdSU) umbenannt. Die Menschewiki wurden von den Bolschewiki entmachtet. Ihre Führung wurde politisch verfolgt und z. T. liquidiert.
https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17194/bolschewismus
Bolschewismus: Definition des Begriffs | FOCUS.de
im Wikipedia Artikel hat sicher alles wichtige gestanden... keine Ahnung warum Dir das nicht langt.
Naja, ich brauchte es einfach etwas genauer und menschlicher erklärt haha
Die berühmteste Person, die den "Bolschewismus" repräsentierte, war Lenin.
Der Begriff kam zustande als Reaktion auf Abstimmungen auf einem Parteitag der SDAPR (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands). Bei der standen sich 2 Fraktionen gegenüber: Kommunisten und Sozialdemokraten (mal grob vereinfacht).
Die Kommunisten erzielten dabei die Mehrheit und nannten sich daher Bolschwewiki (Mehrheitler). Die unterlegene Minderheit wurde als Menschewiki (Minderheitler) bezeichnet. Die bekannteste Person der Menschewiki war übrigens Trotzki, der später zu den Bolschewiki wechselte.
Später wandelte sich der Begriff in eine rechtsextremistische Diffamierungsfloskel um und bekam namentlich in Deutschland durch die Nazis eine antisemitische Konotation.
"Bolschewismus" ist also ein in Russland entstandenes und temporär benutztes Synonym für den Kommunismus als politische Strömung.
Seine Ziele sind demnach die gleichen wie die der kommunistischen Strömung: Überwindung des Kapitalismus und Errichtung einer sozialistischen, später einer klassenlosen und herrschaftsfreien kommunistischen Gesellschaft.
Eigentlich kann man das im "Vorwort zur Kritik der Politischen Ökonomie" nachlesen. Dort entwickelt Marx seine Geschichtsauffassung. Nach dieser sind "Klassenkämpfe" die Motoren der Geschichte und treiben die menschliche Entwicklung voran. Sie produzieren gesellschaftliche Verhältnisse/Systeme, die dort "Produktionsverhältnisse" genannt werden. Diese geraten im Laufe der Zeit in einen immer folgenschwereren und unauflöslichen Widerspruch zu den "Produktivkräften". Darunter sind alle materiellen Bedingungen wirtschaftlicher Aktivitäten zu verstehen.
Dieser Widerspruch löst sich dann in einer Revolution auf, der die Produktionsverhältnisse, also das Gesellschaftssystem so verändert, dass es den Produktivkräften neue Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Bolschewismus/Kommunismus scheitert in dieser Perspektive an seinem einstweilen voluntaristischen Charakter. Die Widersprüche im Kapitalismus zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften sind einfach nicht entwickelt genug, um eine postkapitalistische Gesellschaft notwendig zu machen. Vor allem aber zeichnen sich in den gegenwärtigen Entwicklungen keine neuen Produktionsverhältnisse ab, die den kapitalistischen in irgendeiner Hinsicht überlegen wären.
Wenn man aber den objektiven Möglichkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung rein willentlich (voluntaristisch) vorausgreift, ohne dass deren materielle Voraussetzungen gegeben sind, mündet das offenbar immer nur in menschenrechtliche Großkatastrophen ein, wie eben der Bolschewismus in den Stalinismus... Und dann korrigieren irgendwann die Betroffenen diesen Fehler.
Also der Boltschewismus aka Boltschewiki bedeutet "Mehrheitler", was bedeutet, dass die Mehrheit die Macht hat. Man könnte meinen, dass das demokratisch sei, allerdings ist das eine radikale Untergruppe der russischen SPD, also Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands. Im Prinzip also wie die Werteunion zur CxU, nur in dem Fall radikal kommunistisch. Sie ist deswegen so wichtig und präsent, da sie den russischen Kommunismus vertreten und u.a. von Lenin groß gemacht wurden. Langfristig wollten die Boltschewisten eine Diktatur des Proletariats, also ganz nach Marx. Daher wird deren politische Ausrichtung auch marxistisch-leninistisch bezeichnet, denn sie übernehmen das Modell Marx und passen es an die Gegebenheiten und Strukturen Russlands an.
Ich hoffe, dass das verständlich genug war. Sonst setze ich nochmals anders an.
Die Bolschewisten wollten genauso eine "Diktatur des Proletariats" wie die jetzigen USA "Frieden" im nahen Osten wollen ...
Bitte nicht so naiv sein, die leeren Heilsversprechungen für die Massen mit den wahren Absichten verwechseln. -
Okay, danke, ich habs schonmal grob verstanden.
Aber was genau war noch mal das Modell Marx?
Mann, ich muss mich echt besser informieren xD
Alles gut, du interessierst dich ja! Das ist super.
Das Modell Marx aka der Kommunistische Weg beschreibt die Herrschaft und die Gleichstellung eines jeden. Keiner darf mehr besitzen als der Andere, alles gehört allem. So sollen Besitzstreitigkeiten und Armut vermieden werden. Lediglich ein großer Führer darf als Verwalter der Ordnung noch etwas mehr besitzen, um die Ordnung aufrecht halten zu können. Faktisch aber besitzt keiner etwas. Die DDR ist also ein erzwungenes Modell, was Marx sehr nahe kommt; ein funktionierendes Prinzip sieht man paradoxerweise gut im Vatikan: Der Papst und seine Mitarbeiter im Vatikan besitzen offizell nichts, sondern nutzen nur Staatsbesitztümer für die Ordnung des Lebens und die Durchführung der kirchlichen und damit staatlichen Aufgaben.
Danke ^^
Also Sinn macht es ja, aber es kippt sicher leicht ins Extrem. Ich habe mich vor einiger Zeit auch mal für den Anarchokommunismus interessiert. Aber es gibt doch gewisse Dinge, die man sich eben leisten will, wenn man genug verdient. Selbst wenn man für seine Kommune nur ein paar Stunden am Tag arbeiten muss, gäbe es im idealen Anarchokommunismus kein Geld. Das bedeutet auch, dass weite Reisen praktisch unumsetzbar sind. Also eigentlich ziemlich langweiliges Leben.
Da ist die 30-Stunden-Woche der Schweden (glaube ich) ja noch besser.
Das ist korrekt. Was denkst du, warum das Wirtschaftssystem dee DDR so kaputt war? Weil es keinem einen Mehrwert brachte. Also arbeitete man nur das allernötigste. Folglich ist die Arbeitsmoral im Keller. Auch ist das Modell Marx im Original nie so umsetzbar, denn ganz ohne Verwaltung geht nichts. Daher interpretieren alle kommunistischen Staaten die Lehren Marx zu ihrem besten Weg um und leben dann das aus. So kam es dann zum Leninismus, zum Stalinismus, zum Maoismus und so weiter.
Aber das klingt ja gar nicht mal schlecht. Woran ist das Ganze denn dann gescheitert?