ist es wahr, dass ein Studium auf der Fachhochschule weniger anspruchsvoll ist als auf einer Universität?

6 Antworten

Kommt auch etwas auf den jeweiligen Fachbereich an und auf den anspruch der Professoren. Hab an der fh auch Kurse gehabt wo ich 6 bis 8 Wochen nur für eine Prüfung gelernt habe, weil einfach so viel war. An der Uni hast du ne höhere theoretische Arbeitsbelastung. Du musst mehr von dem abstrakten theoretisch Kram Lernen. Das ist natürlich nicht ohne. An der fh mussten wir regelmäßig Projekte machen, wo du dich in Gruppen organisieren musst und zb ein Programm für jemand externen erstellen musstes und das entsprechend dokumentieren. Das kann auch extrem zeitintensiv werden und erfordert andere skills, als zb mathematische Beweise.

Es gibt auch Fachbereich an den FH's da ist das Niveau eher niedrig und das kannst du nicht mit der Uni vergleichen. Mein Fachbereich hatte recht gute und bekannte Professoren und die haben dich mit Arbeit teilweise zugeschis***n, da war das Niveau und der Aufwand ziemlich hoch. Aber wie gesagt, einige Fh Studiengänge sind deutlich unter Uni Niveau.


verreisterNutzer  02.11.2019, 11:22

kannst du Beispiele nennen?

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skipworkman  02.11.2019, 11:33
@skipworkman

Ich sags mal so soziale Arbeit oder bwl an einer fh ist warscheinlich etwas anderes als Physik an einer Uni. Auch wenn der Vergleich natürlich hinkt.

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Das kann man so pauschal vermutlich nicht sagen, weil sich das je nach Kombination aus ...

  • Studiengang, den man vergleicht
  • Fachhochschule, die man betrachtet
  • Universität, die man betrachtet

... gewaltig unterscheiden kann.

Der selbe Studiengang ist bereits von FH zu FH inhaltlich und vom Anspruch her unterschiedlich, von Uni zu Uni ebenso und bei verschiedenen Studiengängen kann das natürlich auch jeweils noch unterschiedlich aussehen. Das nennt sich "Freiheit der Lehre".

Aber ja, im Allgemeinen würde ich davon ausgehen, dass das Universitätsstudium "anspruchsvoller" / stressiger ist. Meist gibt es einiges an Leistungs- und Termindruck (der an Fachhochschulen aber - insbesondere zeitweilig - auch enorm sein kann). An Universitäten ist es üblicher, dass in der vorlesungsfreien Zeit weiterhin Seminare und Klausuren stattfinden, sodass eine "Dauerbelastung" entsteht, während man bei Fachhochschulen meist tatsächlich drei bis vier Wochen frei zwischen den Semestern hat.

Allgemein ist das Studium an Fachhochschulen meist stärker strukturiert und die Betreuung "engmaschiger", was dazu führt, dass die Professoren zumindest so in etwa mitbekommen, wer "durchkommt" und wer nicht und dann versuchen werden, ihre Hörerschaft dort "durchzuziehen" (was aber natürlich auch zusätzlichen Druck bedeuten kann), während es an der Uni den Professoren häufig "egal ist" (oder es manchmal sogar beabsichtigt ist), dass 70 % ihrer Hörerschaft am Ende die Klausur nicht bestehen werden oder ein Teil während des Semesters die Veranstaltung abbricht und sich etwas anderes sucht, sofern sie in der Studienordnung nicht verpflichtend vorgeschrieben ist.

Also ja, ichn würde sagen, im Allgemeinen ist das Universitätsstudium schwieriger / "anspruchsvoller".

kommt darauf an, ob dir Theorie oder Praxis mehr liegt. Bei FHs kommt es denke ich auf die jeweilige an, ob die auch ansonsten einfacher ist. Man hat oft kleinere Kursgrößen, wodurch man bessere Möglichkeiten hat, Fragen zu stellen und der Prof besser auf die Teilnehmer eingehen kann. Auch hab ich den Eindruck, dass die Profs oft weniger abgehoben sind (nicht immer) und bei der Auswahl mehr Wert auf Didaktik gelegt wird als bei vielen Unis. Den Stoff würde ich jetzt aber nicht generell als einfacher bezeichnen. Die Theorie in die Praxis umzusetzen lernt man an der Uni wohl eher weniger, ist aber im Beruf umso wichtiger. Von der Theorie vergisst man eh das meiste wieder, die praktischen Erfahrungen hingegen bleiben viel länger im Gedächtnis.


NoHumanBeing  27.06.2020, 12:41

Das stimmt. Aber die "Praxis" kann (oder muss) man sich häufig selbst aneignen, während kaum jemand die Motivation hat (und es auch deutlich schwieriger ist), sich die entsprechende Theorie "von selbst" anzueignen.

In der Informatik denke ich beispielsweise an Programmieren. Das lernt niemand wirklich in der entsprechenden Lehrveranstaltung. Man lernt es, indem man Interesse daran hat und sich zu Hause damit in seiner Freizeit beschäftigt, vorzugsweise in eigenen Projekten, etc. Das kann (und muss) man selbst machen.

Wenn ich aber später mal einen Parser schreiben oder ein Netzwerkprotokoll implementieren muss (wo diese Konzepte ebenfalls häufig vorkommen), aber nichts von Automaten und formalen Sprachen verstehe, dann wird es mir sehr schwer fallen, mir diese Materie anzueignen. Und das ist durchaus nicht unrealistisch. Einen einfachen Parser kann man beispielsweise schon brauchen, um ...

  • Benutzereingaben auszuwerten
  • Kommandozeilenparameter auszuwerten
  • Anfragen, die über eine Netzwerkschnittstelle hinein kommen, zu verarbeiten
  • ...

Wenn man dann den entsprechenden Background nicht hat, dann baut man "hemdsärmelige" Lösungen, die unflexibel sind, schlecht erweiterbar, ggf. schwer verständlich, beispielsweise darauf angewiesen sind, dass eine bestimmte Reihenfolge von Attributen eingehalten wird, obwohl das eigentlich überhaupt nicht erforderlich wäre.

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GuteFrage770  14.10.2020, 03:26
@NoHumanBeing

Du gehst davon aus, dass Automaten und formale Sprachen nicht an der FH gelehrt werden ;)
Die theoretischen Konzepte kommen alle dran, nur nicht in der Tiefe wie an der Universität. Ich weiß das, da ich zwischendrin gewechselt bin.

Was ich mir gerade noch überlege ist, wozu diese Tiefe nützlich werden könnte. Eigentlich ja nur, wenn man entweder an dem Thema weiterforscht, oder richtig theoretisch mit dem Konzept arbeiten und weitere theoretische Abläufe entwickeln möchte. Wenn einem das Theoretische aber allgemein nicht so liegt, und man daran keine Freude hat, sondern eher an der Umsetzung der Theorie, dann bringt das einem eher weniger.

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NoHumanBeing  14.10.2020, 23:27
@GuteFrage770

Ich weiß, dass Automaten (grundlegend) auch an der FH behandelt wurden. Hatte nämlich meinen Bachelor der Informatik an einer (ehemaligen) Fachhochschule gemacht. :-)

Ich wollte eher deutlich machen, dass die Theorie nicht "nutzlos" ist.

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NoHumanBeing  14.10.2020, 23:34
@NoHumanBeing
Was ich mir gerade noch überlege ist, wozu diese Tiefe nützlich werden könnte. Eigentlich ja nur, wenn man entweder an dem Thema weiterforscht, oder richtig theoretisch mit dem Konzept arbeiten und weitere theoretische Abläufe entwickeln möchte.

Nein, siehe oben.

Wenn ich ein Netzwerkprotokoll implementieren möchte (und das muss ja nicht bedeuten, dass ich meinen eigenen TCP/IP-Stack schreibe, kann ja durchaus ein anwendungsspezifisches / proprietäres Protokoll sein und dann muss ich es vllt. selbst implementieren, weil es keine Bibliotheken dafür gibt), dann ist das nicht selten als Zustandsautomat beschrieben.

Wenn ich einen Parser schreiben möchte ebenso. Da werde ich häufig Bibliotheken finden, aber vllt. benötige ich ja ein "schräges" Format oder ich benutze eine Sprache, in der die verfügbaren Bibliotheken nicht die Qualität aufweisen, die ich suche oder ich habe besondere Anforderungen an die Performance.

Ich habe beispielsweise schon Parser für XML oder für irgendwelche Dateiformate implementiert, die ich in irgendwelchen Anwendungen von mir verwenden wollte.

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Wenn du die Studiengänge untereinander vergleichst (bwl fh und bwl uni, Informatik fh und Informatik Uni usw....) dann ja.

Ist zwar nur eine Anekdote, aber das hört man definitv häufiger: Bekannter schafft trotz lernen gerade so im Matheabitur 3 Punkte, auf der FH hat er auf einmal eine 1 in linearer Algebra, schaut man sich die Notenverteilung an, sieht man, niemand ist durchgefallen und über die Hälfte hat eine 1,0; in entsprechenden Fächern an der Uni gibt es praktisch niemanden mit so einer Note).

Allerdings hat das für den Großteil der Berufe später kaum Einfluss, zum anderen kann man an der Uni tendenziell mehr "brotlose Künste" studieren, ich würde behaupten, ein Grundschullehramtstudium ist deutlich "leichter" zu absolvieren, als ein technischer Studiengang an einer FH.


Pferdelilly  02.11.2019, 14:02

was sind denn das für FHs? Private, wo man tausende Euro pro Semester zahlt? Bei mir an der FH hat fast niemand eine 1,0 und gerade in den ersten Semestern liegen die Durchfallquoten bei teilweise 50%. Dass die Hälfte oder gar mehr eine 1,x hat, hab ich noch nie erlebt, außer in einem Workshop im Master, wo tatsächlich auch alle ca. 10 Teilnehmer die entsprechende Leistung gebracht haben.

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Manikia  02.11.2019, 14:27
@Pferdelilly

Nein, sogar welche mit gutem Ruf (Darmstadt und Karlsruhe), Fach Maschinenbau/Mechatronik

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Pferdelilly  02.11.2019, 16:41
@Manikia

Wow, das hätte ich nicht erwartet. Also bei uns hängt der Durchschnitt bei den Fächern in den ersten Semestern eigentlich immer so zwischen 2,5 und 4...

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Das muss nicht unbedingt der Fall sein.

Allerdings ist es ja nun, dass eine Fachhochschulreife für viele deutlich leichter erreichbar ist als ein Abitur. Folglich dürften die FHs und HSs im Schnitt auch eine weniger qualifizierte Studentenschaft haben.

Leider sind die FHs ja durch die Politik zu so was wie Second-Class Unis geworden. Früher war das mal die höchste Stufe des beruflichen Schulwesens und dort wurden vor allem Praktiker mit Berufsausbildung akademisch weitergebildet. Das alles haben aber vor allem Sozen weitgehend zerstört: statt Berufsausbildung und etwas Berufspraxis reicht jetzt ein fragwürdiges 3-tägiges Praktikum in Klasse 11 der FOS. Die Grünen in BaWü haben selbst dieses für BaWü-FHs noch abgeschafft.