Ist die Materie ewig für Atheisten?

10 Antworten

Atheismus beantwortet diese Frage nicht.

Wenn Du aber einen methodischen Naturalist fragst, wird er dir nach aktuellem Wissensstand sagen: Das weiss keiner genau.

Es gibt dazu 3 Theorien:

1. Big Crunch -> Es fälllt alles wieder in sich auf einen Punkt zusammen

2. Big Freeze -> Irgendwann wird sich nichts mehr bewegen und/oder ausdehnen

3. Big Rip -> Es wird die Materie "zerreißen"

Das ist nicht genau bekannt denke Ich, auch die generelle Beschaffenheit des Universums ist kaum bekannt.

Atheismus bedeutet nicht an die Existenz eines Gottes zu glauben.

Aussagen über Materie sind nicht darin enthalten, das wären zusätzliche annahmen, die vom Atheismus zu trennen sind.

Allerdings haben wir Antworten auf diese Frage. Als das Universum noch nicht groß genug war, um Materie Platz zu bieten, gab es keine Materie. daher kann sie nicht ewig sein, denn es gab einen Zeitpunkt, zu dem sie nicht existierte.

Die Wissenschaft hat darauf eine Antwort.

Zu Beginn des Urknalles gab es ausschließlich reine Energie ohne jegliche Materie. Die Materie hat sich dann in einer dissipativen Struktur aus der Energie gebildet, wobei mehr als die Hälfte der heute im Universum befindlichen Entropie erzeugt wurde. Diese Entropie wurde in Form der Hintergrundstrahlung an das Universum abgegeben und ist heute noch messbar. Das ganze lässt sich sogar mit Hilfe der Mathematik exakt nachrechnen und die Ergebnisse stimmen mit den Messdaten wunderbar überein. Der erste, der dies erfolgreich nachrechnete war Ilya Prigogine, der für seine Theorie Dissipativer Strukturen 1977 den Nobelpreis erhielt.

grtgrt  25.07.2017, 13:27

Wo genau hat Prigonine das nachgerechnet?

Ohne Quellenangabe sind solche Aussagen wertlos.

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Hamburger02  25.07.2017, 14:57
@grtgrt

Ohne Quellenangabe sind solche Aussagen wertlos.

Das trifft aber nur auf wissenschaftliche Publikationen zu, zu denen Beiträge auf gf garantiert nicht gehören.

Dennoch will ich die den Gefallen tun, aber auch nur deshalb, weil ich durch die intensive Beschäftigung mit Prigogine diese gerade zur Hand habe und nicht lange suchen muss.

1. E. Gunzig, J. Géheniau, I. Prigogine: "Entropy and Cosmology" in Nature 330, 1987, S. 621 - 624

2. I. Prigogine, J. Géheniau, E. Gunzig, P. Nardone: "Thermodynamics and Cosmology" in General Relativity and Gravitation 21, 1989, S.1

3. I. Prigogine, J. Géheniau, E. Gunzig, P. Nardone: "Thermodynamics of Cosmological  Matter Creation"  in Proc. Nat. Acad. Sci. USA 85, 1988, S. 7428 

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Anonym20199  26.07.2017, 11:59

Zu Beginn des Urknalles gab es ausschließlich reine Energie ohne jegliche Materie.

Das erscheint mir eine gewagte behauptung zu sein. Wo gibt reine Energie, ohne jegliche Materie, ohne Photonen, Elektronen, Quarks...? Und wie wäre sowas materieloses überhaupt feststellbar?

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Anonym20199  26.07.2017, 17:09
@Hamburger02

Damit muss ich mit erst mal befassen.
Die Ruhemasse von Photonen ist natürlich Null, aber nicht die der realen, also mit LG sich bewegenden Photonen. So unterliegt ja Licht dem Einfluß der Gravitation und soweit ich weiß, wirkt Gravitation nur auf Materie.

Oder auch auf etwas, was nicht Materie ist, also auf Nichtmaterielles?

Evtl. kann man auch sagen, Licht (Photonen) ist Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung, Materie und damit alle Teilchen, die eine Ruhemasse haben, sind Energie in Form von Masse. Damit bestünde dann alles aus "Energie" und nicht aus Materie...Nur eine Frage der Definition? Ist Energie eine Eigenschaft der Materie oder Materie eine Eigenschaft der Ernegie?

Da beides ineinander überführt werden kann, eine berechtigte Frage, oder bin ich da nach Auffassung der modernen, postdeterministischen Physik auf dem Holzweg?

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Hamburger02  26.07.2017, 17:47
@Anonym20199

Das ist eine Frage, innerhalb welcher Physik wir uns befinden.

In der deterministischen Physik (Newton, Einstein, Planck, Hawking) wird Masse einem Teilchen zugeschrieben, dem Graviton, nach dem die deterministischen Physiker aber bislang vergeblich gesucht haben. Dieses Graviton soll dann auch Ursache der Gravitation sein. Innerhalb dieser Physik kann Energie isoliert auftreten (Photon) oder eine Eigenschaft der Masse darstellen. Zeit ist eine Illusion, da sie nur einen graphischen Parameter (4. Dimension) darstellt. Energie und Masse sind beliebig hin und her wandelbar. Das Universum ist reversibel und deterministisch und alle irrreversiblen Erscheinungen, wie z.B. die Entropie, sind nur scheinbar irreversibel, was durch Näherungslösungen und die Grobkörnigkeit des Universums erzeugt wird. In diese Physik gehören auch die Stringhypothese, die Singularität des Urknalls, das sowie Quantenparadoxon. Die Naturgesetze sind universell und zeitlos gültig.

In der modernen postdeterministischen Physik sieht die Betrachtung völlig anders aus.

Demnach ist alles Energie, nur in unterschiedlichen Erscheinungsformen. Gravitation ist keine Eigenschaft der Materie sondern Materie ist durch einen Phasenübergang aus der Gravitation hervorgegangen. Es gibt kein Graviton, sondern Materie ist eine emergente Erscheinung von Energie. Licht wird nicht deshalb abgelenkt, weil es eine Scheinmasse hat, sondern es handelt sich um eine Wechselwirkung zwischen zwei Energieformen, der elektromagnetischen Energie sowie der Gravitationsenergie.

Der Phasenübergang von der Gravitation zur Materie ist irreversibel also unumkehrbar. Zeit ist keine Illusion sondern ein reales physikalisches Phänomen. Das Universum ist indeterministisch und irreversibel, weil der Zeitpfeil eine einzige Richtung hat und unumkehrbar ist. Die deterministischen Naturgesetze sind Scheinlösungen, die den Näherungen in der Modellbildung geschuldet sind. Es gibt keine universell und zeitlos gültigen Naturgesetze, sondern nur Regeln innerhalb bestimmter Modelle.

Die Stringhypothese führt ins Nichts, da sie ein deterministisches Universum voraussetzt, was es aber nicht ist. Prigogine hat sowohl die Gesetze Newtons, Einsteins und der Quantenmechanik um den raelen Zeitpfeil erweitert, indem er zu einer probabilsitischen Beschreibung übergegangen ist. Dadurch gibt keine Singularität im Urknall mehr, sondern eine durch Mikro Schwarze Löcher verstärkte Vakuumfluktuation ist der Ursprung des Urknalles. Das Quantenparadoxon existiert nicht mehr, es ist durch die neue Formulierung der Gesetze aufgelöst.

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Anonym20199  26.07.2017, 18:20
@Hamburger02

Danke für die relativ einfachen Erklärungen.

Ich sollte mich wohl mit Prigogine befassen. Habe auch ein Buch rumliegen: "Dialog mit der Natur". Muss mich nur aufraffen...

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Hamburger02  26.07.2017, 18:40
@Anonym20199

Oh, da stellt er dieses neue Weltbild sehr schön aus philosophischer Sicht dar.

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Schau mal im Internet unter dem Stichwort "Materie = verdichtete Energie"? nach. Meines Wissens ist Materie = verdichtete Energie - und somit sind beide Formen identisch. Mag sein, dass neueste quantenphysikalische Erkenntnisse etwas anderes aussagen.

Ob Materie ewig ist, ergibt sich aus dem Gesetz der Energieerhaltung. Nach diesem Gesetz entsteht Energie nicht, sondern ist ewig - ohne Anfang und ohne Ende. Sollte also Materie = verdichtete Energie sein, dann gilt das Gesetz sowohl für Energie als auch für Materie, weil eben beide identisch sind.

"Hamburger2" stellt es anders dar. Mach Dich also weiter schlau.

Sollte Materie ewig sein, so ist sie sowohl ewig für Atheisten als auch für Theisten. Warum sollte man da einen Unterschied machen?

Für einige Esoteriker ist Materie = Energie = Geist = Bewusstsein, jeweils in verdichteter Form. Diese Ansicht findest Du ebenfalls im Netz, wenn Du den obigen Suchbegriff eingibst.

Um auf Deine Frage zurückzukommen: Entweder ist Materie ewig, oder sie ist es nicht - egal, an was jemand glaubt, oder eben nicht glaubt. Wobei geklärt werden sollte, ob Materie tatsächlich verdichtete Energie oder verschieden von dieser ist. Wenn Materie aber aus der reinen Energie entstanden ist, ist sie quasi in subtiler Form ewig - wie eben auch die reine Energie selbst. 

Demnach müsste Materie also auch für Atheisten ewig sein. Oder, anders ausgedrückt: Besonders für Atheisten!

Vielleicht kannst Du mit meiner Antwort etwas anfangen. Ansonsten frage mal den Leiter eines Planetariums. Diese Leute sind zumeist Astronomen und / oder Quantenphysiker. Vielleicht wissen sie dezidiert eine Antwort.