Ist das Siezen überbewertet?

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Das Siezen ist grundsätzlich eine gesellschaftlich erwartete Norm für die Anrede fremder oder unvertrauter erwachsener Personen im schriftlichen und mündlichen Verkehr.

Eine Gesellschaft wird zum einen auch mit mürrischer Indifferenz gegenüber anderen Personen oder mit wohlwollender Indifferenz zusammengehalten - das Siezen schafft hierbei die notwendige Distanz zum Nicht-Ich.

Neben der Idifferenz kommt es auch immer auf die Umstände an - in Internetforen ist das Duzen durchaus gängig und akzeptabel und wird meist auch von den Teilnehmern erwartet - aber z. B. vom meinem Telekommunikationsanbieter, Stromanbieter oder Finanzamt möchte ich grundsätzlich nicht geduzt werden.

Es gab Zeiten, da haben sich auch Ehegatten gesiezt und auch die Kinder haben ihre Eltern gesiezt - darüber sollte man auch heute einmal wieder nachdenken.

Fazit

Siezen und Duzen sollten, je nach Situation, differnziert angewendet werden und das Siezen sollte nicht im Brackwasser der Beliebigkeit des wahllosen Duzens untergehen.

Diese immer mehr wahllos umgreifende Duzerei nervt mich zusehenst. Zwar ändern sich laufend gesellschaftliche Normerwartungen, aber eine gewisse Differenzierungen halte ich durchaus für angebracht.

Das Siezen stellt zudem auch eine Höflichkeitsform (Honorifcum) dar - aber welchen Stellenwert hat die Höflichkeit heutzutage überhaupt noch (insbesondere in den "asozialen" Medien)? Wenn, dann ist es eine aufgesetzte oder schematische (Pseudo-)Höflichkeit.

Ganz schlimm sind die von ArbG befohlenen, vermeintlich höflichen Floskeln gegenüber Kunden, die die Mitarbeiter herunterplappern müssen - absurd und teilweise kommt man sich wie in einem Loriot-Sketch vor.

Wie du schon selbst festgestellt hast - es gibt Situationen, in denen es sich deutlich besser anfühlt, eine gewisse Distanz zu wahren. Und genau in diesen Situationen ist das sprachliche Mittel des Siezens auch sehr hilfreich dabei.

Dass es immer mal Situationen gibt, in denen man sich nicht so ganz sicher ist, ob das nun eine Nähe- oder Distanz-Situation ist und wo man somit auch etwas unsicher ist, welche Form man verwenden sollte, lässt sich halt nicht vermeiden. Aber eigentlich ist auch hier das "Sie" wieder sehr nützlich, denn es ist die sichere Bank, um genau das auszuloten. Wenn es nicht passt, bietet das Gegenüber eben das Du an und die Situation ist geklärt.

Von daher finde ich es alles andere als problematisch, dass wir dieses sprachliche Mittel im Deutschen haben. So als Vergleich kannst du mal skandinavische, insbesondere schwedische, Krimis lesen, wo bei der Übersetzung das Fehlen dieses sprachlichen Mittels im Schwedischen komplett ignoriert und einfach als als "Du" übersetzt wurde. Da merkt man, wie kompliziert es dann wird, wenn man irgendwann nicht mehr mitkommt, ob Opfer und Ermittelnde sich nun schon seit Jahren kennen oder eben zum ersten Mal begegnet sind...

Ich finde Siezen überflüssig. Daher duze ich mich bspw. auch mit meinen Studierenden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Doktor der Englischen Sprachwissenschaft

Ich finde es angebracht wenn man sich nichtmal gegenüber steht. Ich hatte in letzter Zeit z.b. einige Stromanbieter, die die Frechheit hatten mich mit Du anzusprechen und mir nichtmal ihren Namen mitzuteilen so dass ich zurück duzen könnte, da finde ich das respektlos und unangebracht. Aber wenn ich mich privat mit jemand unterhalte und mir diese Person gegenüber steht, dann finde ich duzen völlig in Ordnung. Vorallem wenn es Kinder sind die einen ansprechen fühlt man sich doch recht alt wenn man gesiezt wird.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich halte es auch für überbewertet. Man ist respektvoll wenn man siezt und wenn man es nicht tut ist man respektlos? So ein quatsch! Endweder ich respektier jemanden oder ich tue es nicht! Daran ändert die form der anrede nichts!