Inwiefern war die französische Revolution eine Revolution von oben?

2 Antworten

Jein. Die Ausgangslage war in der Tat eine Revoution von oben, da sie von den höchsten Gesellschaftskreisen angezettelt wurde, schon lange vor 1789. Der Vetter des Königs, Philipp von Orleans, nach der königlichen Familie war er der höchste Fürst in Frankreich und mit eigenen Ambitionen auf den Thron, wie auch der Bruder des Königs, der Graf de Provence. Sie alle fanden Ludwig unfähig und verabscheuten seine Frau Marie Antoinette. Schon lange, bevor die eigentliche Revolution begann, wurde aus diesen Kreisen gehetzt, gehetzt, gehetzt. Die Artikel gab es in illegalen Flugblättern und bösartigen Karikaturen, die den König als impotent und fett darstellen und die Königin als Sexmonster. Natürlich hat die Polizei damals alles versucht, um die Verursacher und die Druckerpressen zu finden, aber vergeblich, denn die standen in Versailles selbst, wo natürlich keiner hingeguckt hatte.

Allerdings ist die Revolution dann schnell aus dem Ruder gelaufen, was Philippe und Provence sich sicher so nicht vorgestellt hatten - und dann rebellierte das Volk und damit begann dann die eigentliche Revolution. Da diese dann vom Dritten Stand ausging, war sie dann eine Revolution von unten. Angefangen hat sie in den Palästen, aber dann nahm sie die Straße ein. und fraß ihre Kinder.

Albrecht  02.02.2023, 16:25

Besser erscheint mir für Vorgänge ab 1787, bei denen Widerstand gegen Vorhaben des Königs zu einer Lösung beim Problem der Staatsverschuldung auftrat, die Bezeichnung  „Adelsrevolte".

0
Dahika  02.02.2023, 17:31
@Albrecht

die hetze hat schon viel früher angefangen. All die vielen Flugblätter, die in Versailles selbst gedruckt wurden. Interessantes steht in der Marie Antoinette Biographie von Stefan Zweig

1
Albrecht  02.02.2023, 19:21
@Dahika

Diese persönlichen Angriffe waren allerdings keine Revolution. Politisch ist in Bezug auf die Französische Revolution bei den verursachenden Faktoren am meisten ein Beitrag zu einer Delegitimierung der Monarchie (durch Bewirken eines schlechten Rufes der Königin und des Königs) wichtig.

0

Weil die Revolutionäre nicht etwas Bauern oder kleine Handwerker waren, sondern Advokaten, Studenten, Intellektuelle, oder andere unzufriedene Stadtbürger waren.

Diese „Oberschicht“ brauchte aber den wütenden Mob der Straße um ihre Interessen durchsetzen zu können.

Albrecht  02.02.2023, 16:14

In der Antwort ist einiges falsch.

Unter den Revolutionären waren auch Bauern und kleine Handwerker.

Es hat im Sommer 1789 eine Revolution auf dem Land gegeben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Grande_Peur

https://langzeitarchivierung.bib-bvb.de/wayback/20190716085802/https://www.historicum.net/de/themen/franzoesische-revolution/einfuehrung/verlauf/artikel/ii-beginn-der/

Schon früh waren an Aktionen z. B. auch Handwerker und Gesellen beteiligt, so beim Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789.

Bürgerliche Advokaten, Studenten und Intellektuelle sind eher als Mittelschicht einzustufen.

Eine „Revolution von oben“ bezeichnet eine von den Herrschenden ausgehende Revolution. In Frankreich gab es eine Monarchie. Es herrschte ein König und er setzte Minister ein. Gesellschaftlich waren Klerus und Adel die oberen Stände.

1
quantthomas  02.02.2023, 17:43
@Albrecht

Schon möglich, daß beim „Sturm auf die Bastille“ ein paar Handwerker und Gesellen dabei waren. Bei dieser Aktion, die von Frankreich so geschichtlich aufgeladen worden ist, wurden ganze 7 wohlgenährte Häftlinge befreit.
Ein gefährlicher Schwerverbrecher, vier Geldfälscher und zwei geistig Gestörte, die von ihren Familien abgeschoben wurden.

Häftling Nr. 8 , der schwer gestörte Schriftsteller Marquise de Sade wurde schon Tage vorher verlegt, weil er vulgäre Sachen aus dem Fenster geschrien hatte.

Der Kommandeur der Festung handelte mit den Angreifern einen Deal aus, der die Übergabe der Gefangenen und freies Geleit für die Wachmannschaften vorsah.

Sobald die „Befreiten“ übergeben worden waren, wurden alle Bastille-Wächter vom Mob erschlagen, von einem Fleischergesellen fachgerecht zerteilt ………(das könnte dein angesprochener Handwerker sein) und die Leichenteile aufgespießt durch die Straßen von Paris getragen.

Diese „mutige Aktion“ wanderte geschönt in die Geschichtsbücher und jedes Jahr wird in Frankreich dieses Massaker mit einem Fest gefeiert.

0
Albrecht  02.02.2023, 19:15
@quantthomas

„Schon möglich“ ist eine seltsame Halbheit in Bezug auf eine nachweisliche Tatsache, „das könnte dein angesprochener Handwerker sein“ ist eine völlig abwegige Aussage, weil ich allgemein zu Handwerkern (in Mehrzahl) geschrieben habe und ganz eindeutig nicht nur ein einziger Handwerker am Sturm beteiligt war.

Ein großer Teil der Beteiligten waren kleine Angestellte, Lohnarbeiter, Ladenbesitzer und Handwerker.

Hans-Jürgen Lüsebrink, Die Vainqueurs de la Bastille: kollektiver Diskurs und individuelle ,Wortergreifungen'. In: Französische Revolution als Bruch des gesellschaftlichen Bewusstseins : Vorlagen und Diskussionen der internationalen Arbeitstagung am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, 28. Mai - 1. Juni 1985, Herausgeber: Reinhart Koselleck und Rolf Reichardt. Redaktion: Erich Pelzer und Michael Wagner. München : Oldenbourg, 1988 (Ancien Régime, Aufklärung und Revolution : Band 15), S. 334:

„Es mag kaum überraschen, daß jene 24 Vainqueurs, die im eigentlichen Sinne Schriftsteller waren und Einzelschriften (Bücher oder Flugblätter) verfaßten und veröffentlichten, kein spezifisches soziologisches Profil aufweisen: nicht einmal ein Drittel der 24 schriftstellernden Vainqueurs de la Bastille gehörte dem Handwerkerstand an, dem sonst die überwiegende Mehrheit (ca. 90%) der Teilnehmer am Sturm auf die Bastille entstammte;“

Hans-Ulrich Thamer, Die Französische Revolution. Originalausgabe. 5., durchgesehene Auflage. München : Beck, 2019 (Beck'sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2347), S. 34:

„Wer waren die «Sieger der Bastille», die später in eine Ehrenliste aufgenommen wurden? Von den 662 Akteuren stammte eine Handvoll aus der Bourgeoisie, die große Mehrheit gehörte zum menu peuple, zu den kleinen Leuten: Händler, Handwerker, Gesellen und Lohnarbeiter aus mehr als 30 unterschiedlichen Handwerksberufen, meist Schreiner, Tischler, Schmiede, Schneider, Maurer und Weinhändler.“

François-Félix Desnot, der Bernard-René Jordan de Launay, dem Gouverneur der Bastille, mit einem Messer den Kopf abschnitt, ist kein Fleischer, sondern ein arbeitsloser Koch gewesen (vgl. Winfried Schulze, Der 14. Juli 1789 - Biographie eines Tages, Klett-Cotta : Stuttgart 1989, S. 71 und S. 164 – 172).

Es geht im meinen Kommentar um die gesellschaftlichen Gruppen, die damals Revolutionäre waren.

Eine Behauptung, Bauern oder kleine Handwerker seien nicht darunter gewesen („Weil die Revolutionäre nicht etwas Bauern oder kleine Handwerker waren, sondern …“), ist eindeutig falsch.

0
quantthomas  02.02.2023, 22:10
@Albrecht

Stimmt, wir sind ein bisschen vom Ausgangsthema abgekommen.

Trotzdem möchte ich noch einwenden, daß die städtisch dominierten Revolutionäre mit den Bauern etwas nicht gemeinsame Sache gemacht, also etwas gefremdelt haben.

Die Aufstände in der Vendée wurden zum Teil von den Bauern angezettelt, weil sie die neuen Gesetze überhaupt nicht verstanden.

Umgekehrt verstanden die Jakobiner in Paris auch nicht, warum die Bauern die Errungenschaften Französische Revolution nicht bejubelten.

Die Wut auf die Vendée und ihre Bevölkerung war so groß, daß sie den Süden Frankreichs den Erdboden gleich machen wollten.

………………Dieser Bericht aus der Pariser Nationalversammlung erschien am 2. Januar 1794 im „Moniteur“. Dokumente dieser Art sind Historikern in großer Zahl bekannt.

General François-Joseph Westermann soll nach der Verfolgungs- und Vernichtungsaktion von Savenay an den Wohlfahrtsausschuss berichtet haben:

« Il n’y a plus de Vendée. Elle est morte sous notre sabre libre, avec ses femmes et ses enfants. Je viens de l’enterrer dans les marais et dans les bois de Savenay. Je n’ai pas un prisonnier à me reprocher. J’ai tout exterminé. »

„Es gibt keine Vendée mehr. Sie starb unter unserem blanken Säbel, mitsamt Frauen und Kindern. Ich habe sie in den Sümpfen und Wäldern von Savenay begraben. Man kann mir keine Gefangenen vorwerfen. Ich habe alles vernichtet.“

Spricht man so von Revolutionären Freunden?..

0
Albrecht  02.02.2023, 23:35
@quantthomas

Bei Auseinandersetzungen in der Vendée geht es um Gegner in einem Bürgerkrieg ab 1793.

Gegen das, was ich geschrieben habe, ist der Einwand nicht stichhaltig. Ich habe nicht behauptet, das alle Bauern und dies in allen Regionen Frankreichs und dies über ganze Zeit während der Französischen Revolution Revolutionäre bzw. Befürworter der Revolution waren.

Die Abschaffung von Privilegien 1789 haben Bauern gerne aufgegriffen, um sie zu die Beseitigung zu ihre Gunsten geltend zu machen.

Es ist weder die Landbevölkerung noch die Stadtbevölkerung eine Gruppe mit einheitlicher Einstellung und grundsätzlich gleichen Handlungen gewesen.

0