In Ausbildung, jetzt Belastungsdepression, wie verhalten?
Hallo,
Mein 17 jähriger Sohn hat im September seine Wunsch Ausbildung, im Handwerk, begonnen. Es gefällt ihm dort sehr gut. Seit Mitte November zog er sich immer mehr zurück, musste 2x von der berufsschule abgeholt werden ( internat). Vom Chef kam dann die Rückmeldung das er sehr gut und ordentlich arbeitet, aber er seine stundenzettel und wochenberichte ständig zu spät, schlampig oder gar nicht hat. Wir haben ihm natürlich noch mehr Druck gemacht, er soll sich zusammenreißen und nicht so anstellen...
Bis er dann völlig zusammen gebrochen ist und sagt er weiß selber nicht was mit ihm los ist. Der Art meinte es wäre eine Belastungsdepression und hat ihn 3 Wochen krankgeschrieben und an jugenpsychiater überwiesen. Dort haben wir erst in 8 Wochen einen Termin. Mein Sohn meint er geht wieder arbeiten nach Ende der krankmeldung, ich bin mir aber nicht sicher ob er es packt. Meint ihr es wäre besser durchgehend krankgeschrieben zu sein, oder soll er es versuchen und dann gegebenenfalls wieder krank geschrieben werden? Auch im Hinblick das er wenn möglich das erste lehrjahr nochmal neu beginnen möchte im September. Chef ist sehr verständnisvoll, nächste Woche haben wir gespräch wie es weitergeht mit ihm. Er ist im öffentlichen Dienst angestellt, falls das noch wichtig ist!
Sorry für den langen Text, bin selber etwas überfordert mit der ganzen Situation.
5 Antworten
Also wenn dein Sohn erst 17 ist, dann hat er wahrscheinlich gerade Schwierigkeiten den Übergang vom Schulalltag zum Arbeitsleben zu bewältigen, der wird von vielen Jugendlichen als außergewöhnlich anstrengend wahrgenommen. Ich bin sicher, er wird sich daran gewöhnen, ihr habt allerdings massive Fehler gemacht, ihn so unter Druck zu setzen und eine Zusatzbelastung zu schaffen.
Als Mensch der langjährige Erfahrung mit psychischen Erkrankungen hat, bezweifele ich aber ganz stark, dass es ihm nur wegen der Arbeit plötzlich so schlecht geht. Da wird wohl schon vorher was im Busch gewesen sein und diese Belastung hat das nur mehr zu Tage gefördert.
Eine Therapie wäre super wichtig, da der Therapeut mit ihm auch Entspannungsstrategien erarbeiten kann, denn er kann sich ja nicht bis an sein Lebensende krankschreiben lassen, das wäre reines Vermeidungsverhalten.
Wenn er wieder arbeiten gehen möchte, dann solltet ihr ihn daran nicht hindern, denn das fände ich auch etwas entmündigend. Er muss selbst seine Erfahrungen lernen und auch lernen, wo seine Belastungsgrenzen liegen.
Vielleicht könnt ihr auf Youtube mal nach Achtsamkeitsübrungen und Entspannungstechniken für solche Situationen schauen, das kann schon enorm helfen.
nächste Woche haben wir gespräch wie es weitergeht mit ihm
Für alle weiteren Schritte finde ich das einen wichtigen Orientierungspunkt. Sprecht offen mit dem Chef, aber lasst eurem Sohn die Freiheit, wie er es machen möchte. Das gilt auch dafür, ob er arbeiten möchte oder lieber in den Krankenstand. Hier könnte auch die Einschätzung des Hausarztes zunächst helfen.
Wäre ich die Betroffene, würde ich Vieles daran setzen, im September neu starten zu können und die Zeit bis dahin zu nutzen, um mich zu stabilisieren und meine (mentale) Gesundheit wieder einigermaßen herzustellen. Da sind die neun Monate schon ziemlich wenig, wenn man ehrlich ist.
Noch etwas, weil ich es unbedingt loswerden muss:
Wir haben ihm natürlich noch mehr Druck gemacht, er soll sich zusammenreißen und nicht so anstellen...
In der Aussage stört mich das "natürlich" massiv. Nein, das ist nicht natürlich! Das kann mit ein Grund sein, warum dein Sohn jetzt in der Lage ist, in der er ist. Zu hohe Ansprüche bzw. Perfektionismus fördern Depressionen. Es ist nicht nur an deinem Sohn, an sich zu arbeiten, sondern auch an dir!
Die einfache Frage nach dem Zustand und dann nach dem Grund sollte immer an erster Stelle stehen.
Also, ich denke es wäre gut, wenn er nach der Krankschreibung wieder zur Arbeit gehen würde. Nur zuhause zu sein, keine Aufgabe zu haben und sich den depressiven Gedanken zu widmen, dass schadet oft mehr als das es hilft.
Jetzt hat er eine Auszeit, kann Kraft sammeln und dann wieder starten. Selbst wenn ihr den Termin beim Psychiater habt, wird mit dem Termin kein Wunder passieren! Wahrscheinlich wird dein Sohn Antidepressiva verschrieben bekommen, die auch noch mal 2-4 Wochen Zeit brauchen, bis sie ihre volle Wirkung entfaltet haben. Manchmal muss man anpassen und dann dauert es länger. Daher wäre es auch nicht sinnvoll, ihn immer weiter krank schreiben zu lassen, weil es am Ende wirklich Monate dauern könnte und das wahrscheinlich die Depression mehr stärkt als schwächt.
Was ihr auch machen könnt: sucht euch eine Jugendberatungsstelle! Dann könnte er regelmäßig mit jemanden sprechen, wäre damit nicht alleine und hätte so eine Entlastungsmöglichkeit.
Offenbar gefällt ihm die Ausbildung gut. Daher würde ich ihm die Entscheidung überlassen, ob er nach seiner Krankschreibung wieder arbeiten soll. Für die Überbrückung von 8 Wochen sollte ihm allerdings eine Vertrauensperson zugeteilt werden für Entlastungsgespräche. Bitte nochmals mit dem Hausarzt sprechen. Er kann kurzfristig auch Medikamente abgeben. Im Notfall gibt es überall Kriseninterventionszentren für einen mehrtägigen Aufenthalt.
Zum Glück stehen ihm mehrere Möglichkeiten offen, ohne dass er seinen Berufswunsch begraben muss.
..wir haben ihm natürlich noch mehr Druck gemacht.
Das ist doch schön! Dem Sohnematz gefällt das, wie man liest
Wie meinst du das?
Ich wollte damit sagen das wir ihm noch mehr Druck gemacht haben, weil wir nicht wussten das er krank ist und es einfach im Moment nicht schafft. Er ist einfach überfordert gewesen.
Sorry wenn ich das etwas missverständlich geschrieben habe
Führt Gespräche mit dem Chef und dem Hausarzt, vielleicht auch zusammen und trefft dann gemeinsam eine Entscheidung. Einen Termin könnt ihr vielleicht schneller bekommen über die Krankenkasse oder den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst. Druck ist in der Tat absolut kontraproduktiv, aber ihr wisst ja jetzt, was der Grund ist und könnt bzw. solltet nun anders mit der Situation umgehen. So vor allem mit viel Verständnis, Empathie und Geduld. Alles Gute!
Wir wissen jetzt auch das das total falsch war, haben das als pupertäre 0- Bock phase abgetan. Ich wusste nicht das sich Depressionen bei Jugendlichen auch so zeigen können. Zu hohe Ansprüche oder Perfektionismus haben wir nie verlangt. Lediglich das er seine Berichte ordentlich und pünktlich abgibt.