Ich will nicht, dass andere stolz auf mich sind?
Das klingt komisch, ich weiß. Aber ich hasse einfach das Gefühl, wenn andere stolz auf mich sind.
Innerlich würde ich manchmal am liebsten viel herzlicher und offener zu meiner Familie sein. Aber ich brings einfach nicht übers Herz. Ich nehme mir zum Beispiel vor, meiner Großtante fröhlich zum Geburtstag zu gratulieren und sie zu umarmen, aber wenn ich dann daran denke, wie sie mich dann loben wird, lass ichs doch bleiben und brumme nur "Alles Gute".
Auch an Familienfesten bin ich immer ziemlich ruhig. Ich könnte natürlich auch anders sein und dann würden meine Eltern sagen: "Was für ein selbstständiger junger Mann unser Sohn doch ist." Aber gerade das will ich nicht! Gerade das hasse ich! Ich will kein selbstständiger junger Mann sein. Ich will einfach der Sohn sein.
Vor ein paar Jahren an einem Geburtstag bin ich zum Beispiel von Tisch zu Tisch gelaufen und hab mich mit den Leuten unterhalten. Eine Frau sagte dann, dass ich ja schon ein richtiger höflicher Mann wäre. Und ab dem Moment hab ich mich wieder neben meine Eltern gesetzt und hab keinen Fremden mehr angeguckt.
Ich will einfach, dass es selbstverständlich ist, was ich tue. Dass da keiner ein Theater drum macht. Ich will nicht, dass ich "höflicher, junger Mann" genannt werde. Ich will nicht "höflich" und "anständig" genannt werden. Ich will einfach nur ich sein und ich fühl mich nicht höflich und anständig. Ich will kein Schleimer sein.
Ich hab es irgendwie viel lieber, wenn meine Eltern sauer auf mich sind, als wenn sie stolz auf mich sind. Ich will einfach das kleine Söhnchen sein und kein vernünftiger, junger Mann.
Aber ich kanns nicht so richtig erklären.
Wenn meine Eltern mal richtig stolz auf mich sind, schmeiß ich manchmal mit Absicht ein Glas um oder so, damit sie sich wieder aufregen, wie schusselig ich bin.
6 Antworten
Lob ist genauso Manipulation wie Tadel. Dahinter stecken immer Erwartungen wie du sein solltest. Es ist ein gutes Zeichen, dass du das spürst.
Was wir alle eigentlich wollen ist Anerkennung, also annehmendes erkannt werden. Es wird oft mit Lob verwechselt, ist aber etwas ganz anderes.
Ich finde das viele (nicht alle) Jugendliche in der heutigen Zeit nicht mehr so höflich und anständig sind, sonder oft schnell und früh abstürzen mit dem was sie tun und das bemerken auch deine Eltern und Großeltern und wollen es einfach mal loswerden, da sie es sonst nicht können. Du bist ein Sohn und ein Enkelsohn und da können die ruhig mal stolz sein, dass du nicht so einem schlechten menschen geworden bist. Mir ging das auch aufn Sack das jedes mal zu hören, habe danke gesagt und das wars dann. Aber deine Eltern und Großeltern freuen sich einfach alles richtig gemacht zu haben und wollen das auch als Bestätigung einfach mal sagen. Klar nervt es, aber es hört auch mal auf.
Du kannst aber auch einfach mal mit deinen Eltern reden und ihnen sagen, dass es dir nicht gefällt jedes Mal den selben kack zu hören. Jeder sieht und weiß das du höflich und anständig bist und du möchtest nicht jedes mal hören wie stolz alle sind.
Ja, man will halt nicht, dass jemand denkt, dass man das absichtlich macht, wenn man etwas natürlich macht. Also man kann mit Lob für etwas, das ganz natürlich ist auch die Freude an etwas verderben.
Sag deinen Eltern doch, dass du nicht mehr gelobt werden willst. Ist doch dein gutes Recht? Dann stört es dich vielleicht auch nicht mehr, wenn es andere tun. Es ist auch nicht jedes Lob ohne Hintergedanken, also bei manchen Leuten, was ich schon erlebt habe.
Möglicherweise hast du das Gefühl, nur für positives Verhalten bzw. erbrachte Leistungen geliebt zu werden und nicht um deiner selbst willen, so dass dich ein (in deinen Augen unverdientes) Lob unter "Leistungsdruck" setzt.
Du möchtest dich nicht nur wegen deiner Stärken, sondern auch (und gerade) mit all deinen Schwächen von deinen Eltern angenommen und geliebt fühlen, siehe Zitat?
"Es gibt nichts Schöneres als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr trotz seiner selbst". (Victor Hugo)
Evtl. versuchst du dich durch "Trotzreaktionen" auf ein unerwünschtes Lob davon zu überzeugen, dass deine Eltern dich auch dann lieben, wenn du mal aus der Rolle des "vernünftigen jungen Mannes" fällst.
Besprich deine "Aversion" gegen die ständige Loberei doch mal mit deinen Eltern, indem du ihnen signalisierst, dass du es zwar zu schätzen weißt, wie stolz sie auf dich sind, dass es dir aber unangenehm ist, wenn du für ein Verhalten gelobt wirst, das für dich selbstverständlich und daher nicht der Rede wert ist.
Ich will kein selbstständiger junger Mann sein. Ich will einfach der Sohn sein... Ich will einfach, dass es selbstverständlich ist, was ich tue. Dass da keiner ein Theater drum macht.
Dann sag das deinen Eltern so. Sie können keine Gedanken lesen und wissen, dass dich das so stört.