Ich kann mein Kind gerade nicht lieben?

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Erstmal finde ich es sehr gut und mutig, dass du offen darüber sprichst. Es ist es wichtig, dass Du Deine Gefühle akzeptierst und Dich nicht verurteilst. Deine Frustration ist absolut nachvollziehbar, zumal das ja nicht ein paar schlechte Tage sind, sondern Deine Tochter als Schreikind von Beginn an wesentlich mehrmals Kraft und Energie gekostet hat als es Kinder ohnehin tun. Meine Tante sagte mal in einem Streit zu meiner Cousine: "Ich liebe Dich, immer, weil Du meine Tochter bist. Aber so, wie Du im Moment bist, kann ich Dich grad nicht ausstehen." Das fand ich einen guten Satz, um für beide Seiten klarzustellen: Der Konflikt tangiert nicht die grundlegende Liebe.

Vielleicht hilft dir das erstmal als emotionale Entlastung: Der Konflikt, die Krise ist so groß, dass sie die schönen Gefühle im Moment halt überlagern. Das macht dich nicht zu einer schlechten oder nichtliebenden Mutter - es bringt dich aber maximal an Deine Grenzen.

Dennoch besteht die Gefahr, dass das in eine negative Abwärtsspirale führt - Dein Kind rebelliert, Du wirst distanzierter, es bekommt zusätzlich Angst und reagiert noch aggressiver, weil es seine Gefühle nicht benennen und genauer ausdrücken kann.

Das Gespräch mit den Erzieherinnen ist da ein wichtiger Schritt. Es geht v. a. darum, herauszufinden, was die grundlegende Ursache für die Aggression deiner Tochter ist. Ggfalls kann es sinnvoll sein, einen Kinderpsychologen zu Rate zu ziehen. Und nicht zuletzt auch nach Entlastung für Euch Eltern schaut, vielleicht durch eine Kur, aber auch durch das Aneignen von Strategien, um den Alltag mit diesem Kind zu bewältigen.

Alles Gute!


AriZona04  14.05.2025, 20:38

Meine Tante sagte mal in einem Streit zu meiner Cousine: "Ich liebe Dich, immer, weil Du meine Tochter bist. Aber so, wie Du im Moment bist, kann ich Dich grad nicht ausstehen."

Was für eine wichtige Aussage!!! Vielen Dank dafür!!

Stellwerk  15.05.2025, 09:37
@AriZona04

Ich fand den Satz auch so gut, weil er den Menschen an sich von seinem Verhalten trennt. Also nicht der Mensch als Person an sich wird abgelehnt, sondern das Verhalten - und das kann man ggfalls ändern. Finde das auch eine ganz tolle Herangehensweise.

Stellwerk  15.05.2025, 09:35

Danke für den Stern! Ich hoffe, Ihr findet bald eine gute Lösung für Euch alle!

Das ohne Kind alles einfacher wäre, weiß man ja eigentlich von vorne rein... Aber ich glaube du hast das anders gemeint ;)

Ich verstehe dein Problem, ich hatte schon ähnliche Probleme mit Kindern die ich gebabysittet habe. Zwei Dinge haben mir da oft geholfen.

1. Es sind zwar noch Kinder, aber du musst dir nicht alles gefallen lassen. Beispielsweise bei dem weh tun, ist es zwar gut zu versuchen alles weitest gehend verbal zu steuern. Manchmal funktioniert das aber nicht und dann kannst du auch ruhig etwas energisch werden. Gar nicht schreien. Ganz ruhig und gelassen, aber deutlich reagiern. Z.B. Sie von deinem Arm vegschupsen, wenn sie dich beißt. Natürlich nicht so doll, dass sie hin fällt oder sich weh tut, aber schon so, dass sie merkt dass du das ernst meinst und dass das für dich auch kein spiel und vorallem nicht akzeptabel ist. Oder ihre hand festhalten, jedes Mal, wenn sie dich hauen möcht. Natürlich auch wieder los lassen, aber quasi "abfangen". Und oft helfen auch Konsequenzen. Ist ähnlich wie ein Verbot, aber mit sinnvollem Bezug zur Situation. Z.B. Ihr wollt raus gehen und sie haut dich, weil sie z.B. keine Jacke anziehen möchte. Dann geht ihr nicht raus. Dann hat sich das mit dem hauen eben für sie erledigt. Dass musst du beim ersten Mal ankündigen und quasi sagen "haust du nochmal, bleiben wir drinnen". Wenn sie dann nochmal haut, bleibt ihr eben drinnen (das musst du dann auch durch ziehen, weil sie deine Ankündigungen sonst nicht mehr für voll nimmt). Dann folgt zwar der nächste Wutanfall, denn du dann quasi versuchst wie oben erklärt, was verletzten angeht zu dämpfen. Auf kurz oder lang wird sie dann aber fest stellen, dass dieses weh tun genau in die andere Richtung führen, als in die sie möchte.

Und 2. Steig aus dem Machtkampf aus. Wenn dein Kind die Wut an dir rauslassen, oder eine Grenze von dir überschreiten, reagieren die meisten Eltern oft selbst mit Wut, weil sie sich "hilflos" fühlen. Aber oft ist es so, dass wir nur das Gefühl haben, dass die Kinder unsere Grenze in den nächsten Minutwn überschreitet und reagieren dann schon mit Wut. D.h. das nächste Mal, wenn sie z.B. nahe an der Grenze dran ist, dann bleib erstmal ruhig. Oft ist es so, dass Kinder sich der Grenze gerne annähern, aber sie nicht überschreiten. Bspielsweise, wenn sie weiß, dass essen im Bett verboten ist, sie sich dann mit ihrer Schale aber ganz nah ans Bett setzt, dann neigen die meisten Eltern dazu, ihre Kinder schon mit einem ärgerlichen Unterton zu ermahnen, was direkte Auswirkungen auf die Gefühlslage der Kinder hat und sie eher dazu bringt diese Grenze zu überschreiten, um dich zu testen. Aber versuch mal, so lang die Grenze nicht überschritten ist, einfach gar nichts zu sagen und ruhig zu bleiben. Oft nähern Kinder sich der Grenze an, überschreiten sie aber von selbst aus nicht. Im Umkehrschluss musst du deine Grenze aber klar durchsetzten, wenn sie sie doch überschreiten. Nicht wütend, aber klar. Z.B. wenn sie dann doch aufs Bett geht sagst du "kein essen auf dem Bett" und schickst oder setzt sie runter. Keine Diskussion.

Bonus Tipp: Solange sie dir nicht weh tut, lass sie ihre wutanfälle habe. Lass sie sich auf den Boden schmeißen, lass sie schreien, lass sie heulen. Wenn sie dann Trost möchte, tröste sie. Aber oft wollen Kinder auch einfach wütend sein, wenn sie was ärgert und es tut auch einfach gut die Wut dann mal raus zu lassen, nur können Kinder das noch nicht so kontrolliert wie Erwachsene. Das kommt mit der Zeit. Maul die nicht an, dass sie aufstehen soll, sag ihr nicht, dass sie keinen Grund hat. Sag einfach gar nichts und lass sie. Geh auch ruhig in einen anderen Raum (musst du in der Situation gucken, ob du dass gefühl hast, dass sie gerade lieber alleine wäre oder nicht). Aber wenn sie rein kommt und Trost möchte, dann nimm sie einfach in den Arm. Sag ihr nicht solche sachen wie "na, haben wir uns eingekriegt?" Oder " fertig jetzt mit dem Kindergarten?". Tröste sie einfach und sag ihr Sachen wie "komm, jetzt machen wir mal besser was anderes" oder "so, jetzt wollen wir aber wieder gute Lauene haben".

Ich hoffe ich konnte dir helfen :)


Stellwerk  15.05.2025, 09:43

Schöne Tipps!

Da fällt mir ein, mein bester Freund hat mal erzählt, dass er als kleines Kind auch oft Wut und Heulanfälle gehabt hat. Seine Mutter hat darauf reagiert, indem sie ihn fest in den Arm genommen hat und weiter z. B. Wäsche abgehängt hat. Ihr Gedanke war: ich hab versucht, ihn zu beruhigen, er braucht grad nichts an Essen, hat keine Schmerzen, sondern muss anscheinend Frust loswerden oder Gefühle, die er nicht artikulieren kann. Also halte ich ihn bei mir, damit er sieht, dass es ok ist, aber ich geh nicht weiter drauf ein, sondern mach einfach meine Sachen weiter. Dadurch geb ich ihm weiter Anschluß und Nähe, werte sein Schreien aber nicht auf und mach es nicht größer, indem ich es in den Mittelpunkt stelle. "

Fand ich auch einen interessanten Ansatz.

Heyitsme29  15.05.2025, 10:36
@Stellwerk

Ich war früher auch ein Kind, das oft Wutanfälle hatte und ich weiß noch ganz genau, wie sich das anfühlt, selbst dieses "breath holding spell". Als wäre es gestern gewesen... Deshalb weiß ich auch, wie nervig es sein kann, wenn man jemanden dabei hat, der einen die ganze Zeit beruhigen will und quasi "einengt". Manchmal braucht man einfach Platz und die Möglichkeit seine Wut einfach mal los zu werden. Danach kann immer noch gekuschelt werden, wenn es sich dann nicht mehr wie festhalten anfühlt.

Inkognito-Nutzer   15.05.2025, 06:13

♥️♥️♥️

Für mich klingt es so, als wäre der Rahmen des "normalen" bereits überschritten. Eventuell sollte man bedenken, dass das Kind neurodivers sein könnte und sie entsprechend untersuchen lassen.

Ich habe auch keine Freude daran mit ihr zu spielen

das ist der Schlüsselsatz. Du lehnst Dein Kind ab und Du zeigst es ihr auch deutlich. Ja - Du bist erwachsen und kannst jeden Menschen ablehnen, den Du ablehnen möchtest. Dein eigenes Kind sollte nicht unter diesen Menschen sein! Denn Dein Kind hat sonst NIEmanden auf der Welt. Eltern müssen sogar ihre Kinder bedingungslos lieben! Denn Kinder brauchen Liebe! Elternliebe.

Auch wenn Deine Kleine jetzt im Rebellenalter ist - in der Trotzphase - musst Du ihr das Gefühl geben, dass sie willkommen ist. Mein Rat an Dich: Verbringe bewusst Zeit mit ihr. Mach Dir eine Liste, was man mit Kindern alles machen kann: Bücher angucken, mit Lego bauen, Malbücher ausmalen, Mit Puppen oder Kuscheltieren agieren und sprechen, rausgehen auf Spielplätze, zum Kinderturnen gehen und dort bleiben, im Wald spazieren gehen, andere kleine Freunde besuchen gehen usw. Vielleicht fällt Dir noch mehr ein. Vereinbare mit Dir selbst einen Nachmittag pro Woche, den Ihr nur zu zweit habt. Du musst Dein Kind nicht permanent bespaßen. Aber Du musst ihr das Gefühl geben, immer für sie da zu sein. Und dann sprich mit ihr. Erzähl ihr von Deinem Tag und ermuntere sie, zu sprechen. Geh auf das ein, was sie sagt.

Und immer, wenn sie sich daneben benimmt, beibst Du ruhig! Du musst weder schreien, noch hauen noch Dein Kind irgendwie niedermachen. Du sagst ihr einfach immer und immer wieder in einem ruhigen Ton, dass Du ihr Verhalten so nicht duldest. Sag Deinem Kind, dass sie nicht schreien soll, sondern reden kann. Sag es ihr immer wieder. Dein Kind wird Dein Verhalten kopieren. Aber sie merkt, dass Du für sie da bist, dass die Kleine geliebt wird. Geh also nicht genervt aus der Situation raus und lass Deine Kleine allein! Sondern sag ihr immer wieder, dass Du sie ieb hast, dass sie jedoch reden soll.

Ja - Erziehung kann anstrengend sein. Aber es lohnt sich.


Satiharuu  14.05.2025, 20:38

Danke dir ♥️

Hallo,

Schon mal etwas von der Trotzphase gehört? Das könnte sie nämlich sein und in dieser Phase sind Kinder enorm anstrengend.

Außerdem spüren Kinder ganz genau, ob ihre Eltern sie wirklich lieb haben oder nicht. Natürlich dann auch, ob du Lust hast, mit ihr zu spielen, ob du dir gerne Zeit für sie nimmst etc. Für dieses Thema könntest du eventuell mal eine Elternberatungsstelle aufsuchen.Wichtig wäre, eure Bindung zueinander zu stärken.

Hast du mit ihr schon mal darüber gesprochen? Weshalb sie so wütend ist? Wird sie gemobbt? Oder fühlt sich einsam? Oder eventuell ist sie ständig wütend, weil Mama oder Papa auch wütend sind? Kinder sagen einem oft noch ganz ehrlich was los ist.

Ansonsten ein Tipp von mir. Einem Kind zu erklären, dass es nicht Beißen, Treten etc. nicht soll, das funktioniert nicht.

Ich habe früher auf Kinder sehr viel aufgepasst und hatte zwei Bauchrednerpuppen. Die haben sich dann mal Unterhalten. Immer zu dem Thema, das gerade Problem war. Und da gings dann um andere Tiere, Charaktere etc. die zum Beispiel, wie in eurem Fall, aus Frust ihre Wut an anderen Tieren und Charakteren ausgelassen haben und dann plötzlich ganz einsam waren, weil die anderen Tiere nicht geschlagen werden wollen und sie haben sich dafür entschuldigt und was schönes für sie gebastelt und dann versprochen nicht mehr zu schlagen usw.

Solche Dinge nehmen Kinder dann viel besser an. Das hat tatsächlich meistens funktioniert und ich war als Babysitterin immer ausgebucht. 😁


Majumate  13.05.2025, 08:57

Ich mag den Ansatz