Habt ihr ein lieblings Gedicht, wenn ja welches?

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Das Feuer

Hörst du, wie die Flammen flüstern, Knicken, knacken, krachen, knistern, Wie das Feuer rauscht und saust, Brodelt, brutzelt, brennt und braust?

Siehst du, wie die Flammen lecken, Züngeln und die Zunge blecken, Wie das Feuer tanzt und zuckt, Trockne Hölzer schlingt und schluckt?

Riechst du, wie die Flammen rauchen, Brenzlig, brutzlig, brandig schmauchen, Wie das Feuer, rot und schwarz, Duftet, schmeckt nach Pech und Harz?

Fühlst du, wie die Flammen schwärmen, Glut aushauchen, wohlig wärmen, Wie das Feuer, flackrig-wild,

Dich in warme Wellen hüllt?

Hörst Du, wie es leiser knackt?

Siehst du, wie es matter flackt? Riechst du, wie der Rauch verzieht? Fühlst du, wie die Wärme flieht?

Kleiner wird der Feuerbraus: Ein letztes Knistern,

Ein feines Flüstern,

Ein schwaches Züngeln, Ein dünnes Ringeln –

Aus. James Krüss

Von Conrad Ferdinand Meyer:

Die Füße im Feuer Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm. Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Roß, Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest. Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann ... - "Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!" - Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmert's mich? Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!" Der Reiter tritt in einen dunklen Ahnensaal, Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt, Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib, Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild ... Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd Und starrt in den lebend'gen Brand. Er brütet, gafft ... Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal ... Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut. Den Abendtisch bestellt die greise Schaffnerin Mit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft. Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick Hangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt ... Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut. - "Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal! Drei Jahre sind's ... Auf einer Hugenottenjagd ... Ein fein, halsstarrig Weib ... 'Wo steckt der Junker? Sprich!' Sie schweigt. 'Bekenn!' Sie schweigt. 'Gib ihn heraus!' Sie schweigt. Ich werde wild. D e r Stolz! Ich zerre das Geschöpf ... Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie Tief mitten in die Glut ... 'Gib ihn heraus!' ... Sie schweigt ... Sie windet sich ... Sahst du das Wappen nicht am Tor? Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr? Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich." - Eintritt der Edelmann. "Du träumst! Zu Tische, Gast ..." Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet. Ihn starren sie mit aufgerißnen Augen an - Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk, Springt auf: "Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt! Müd bin ich wie ein Hund!" Ein Diener leuchtet ihm, Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr ... Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach. Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert. Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt. Die Treppe kracht ... Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt? ... Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht. Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut. Er träumt. "Gesteh!" Sie schweigt. "Gib ihn heraus! Sie schweigt. Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut. Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt ... - "Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!" Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt, Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr - ergraut, Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar. Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut. Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad. Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch. Friedsel'ge Wolken schimmern durch die klare Luft, Als kehrten Engel heim von einer nächt'gen Wacht. Die dunklen Schollen atmen kräft'gen Erdgeruch. Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug. Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: "Herr, Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit Und wißt, daß ich dem größten König eigen bin. Lebt wohl! Auf Nimmerwiedersehn!" Der andre spricht: "Du sagst's! Dem größten König eigen! Heute ward Sein Dienst mir schwer ... Gemordet hast Du teuflisch mir Mein Weib! Und lebst ... Mein ist die Rache, redet Gott.

Stufen von Hermann Hesse.

Stufen

von Hermann Hesse

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

An keinem wie an einer Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegen senden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Nato2020  28.05.2022, 17:24

Nicht immer der gleiche Kitsch.

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Nato2020  28.05.2022, 17:32
@Guardianangel

Hermann Hesse war nie ein wirklich bedeutender. Eher zweitklassig. Ja, Narziss und Goldmund war ganz nett, aber Weltliteratur? Wirklich nicht.

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Guardianangel  28.05.2022, 17:46
@Nato2020

Doch, das war er. In Amerika war er Liebligsautor no 1 unter den Intelektuellen. Er bekam unzählige Auszeichnngn daruntr den Nobelpreis für Literatur.

Du hast nicht beantwortet, wenn Du besser findest.

Vielleicht Trakl?

Schlaf und Tod, die düstern Adler Umrauschen nachtlang dieses Haupt: Des Menschen goldnes Bildnis Verschlänge die eisige Woge Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen Zerschellt der purpurne Leib Und es klagt die dunkle Stimme Über dem Meer.

😋

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Nato2020  28.05.2022, 18:12
@Guardianangel

Nein. Stefan George. Oder im literarischen Bereich Thomas Mann, Kafka, und sicher nicht Hermann Hesse.

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Guardianangel  28.05.2022, 18:48
@Nato2020

Musst Du ja nicht, das ist ja mein LIeblingsgericht. Nur so einen Mist solltest Du niicht behaupten.

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Aufruf von Georg Herwegh.

Aufruf

Reißt die Kreuze aus der Erden!

Alle sollen Schwerter werden,

Gott im Himmel wird's verzeihn.

Laßt, o laßt das Verseschweißen!

Auf den Amboß legt das Eisen!

Heiland soll das Eisen sein.

Eure Tannen, eure Eichen -

Habt die grünen Fragezeichen

Deutscher Freiheit ihr gewahrt?

Nein, sie soll nicht untergehen!

Doch ihr fröhlich Auferstehen

Kostet eine Höllenfahrt.

Deutsche, glaubet euren Sehern,

Unsre Tage werden ehern,

Unsre Zukunft klirrt in Erz;

Schwarzer Tod ist unser Sold nur,

Unser Gold ein Abendgold nur,

Unser Rot ein blutend Herz!

Reißt die Kreuze aus der Erden!

Alle sollen Schwerter werden,

Gott im Himmel wird's verzeihn.

Hört er unsre Feuer brausen

Und sein heilig Eisen sausen,

Spricht er wohl den Segen drein.

Vor der Freiheit sei kein Frieden,

Sei dem Mann kein Weib beschieden

Und kein golden Korn dem Feld;

Vor der Freiheit, vor dem Siege

Seh' kein Säugling aus der Wiege

Frohen Blickes in die Welt!

In den Städten sei nur Trauern,

Bis die Freiheit von den Mauern

Schwingt die Fahnen in das Land;

Bis du, Rhein, durch freie Bogen

Donnerst, laß die letzten Wogen

Fluchend knirschen in den Sand.

Reißt die Kreuze aus der Erde!

Alle sollen Schwerter werden,

Gott im Himmel wird's verzeihn.

Gen Tyrannen und Philister!

Auch das Schwert hat seine Priester,

Und wir wollen Priester sein!

Georg Herwegh, 1841

Aus der Sammlung Erster Teil

Niemandmann  28.05.2022, 12:03

Theodor Fontane mit Die Brück am Tay

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Es war einmal ein buntes Ding

ein so genannter Schmetterling.

Der flog wie alle Falter

recht sorglos für sein Alter.

Er nippte hier – er nippte dort

und war er satt, so flog er fort.

Flog zu den Hyazinthen

und schaute nicht nach hinten.

So kam´s, dass dieser Schmetterling

verwundert war, als man ihn fing.

Heinz Erhardt