Gretchen als idealistische Figur?

2 Antworten

Als Gretchen erkennt, dass Faust im Pakt mit dem Teufel (Mephisto) steht, wendet sie sich von ihm ab und lässt sich nicht aus dem Gefängnis retten. Sie stellt sich so gegen den Teufel und das Böse.

Durch ihr Verbleiben im Gefängnis zeigt sie Einsicht und Reue für ihre Sünden. Sie steht für ihre Sünden ein und lässt sich bestrafen.

Sie wendet sich in ihren letzten Lebensstunden reuevoll Gott zu, welcher sie "begnadigt" und ihr die Sünden verzeiht. Dadurch ist ihre Seele gereinigt und kann zu Gott aufsteigen.

Woher ich das weiß:Recherche
Andorra5 
Fragesteller
 18.12.2018, 19:25

Danke!

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Haldor  23.12.2018, 22:12

Gretchen kann im Gefängnis keine Einsicht mehr zeigen, sie ist wahnsinnig geworden!

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Gretchen ist keine idealistische Figur. Allein Faust ist insofern idealistisch eingestellt, als er nach letzter Erkenntnis strebt. Von diesem Streben lässt er nicht ab.

Gretchen ist zwar ein gläubiger Christ, jedoch weicht sie von den Prinzipien ihrer Religion ab, indem sie bereit ist, sich Faust vor der Ehe hinzugeben; damals eine schwere Sünde (s. die Reaktionen ihres Bruders). Außerdem ist sie dermaßen in ihrer kleinbürgerlichen Welt verhaftet, dass ein idealistisches Streben, das nur jenseits der „Philisterwelt“ möglich ist, für sie nicht in Frage kommt. Die kleinbürgerliche Auffassung von christlicher Lebensart, welche kein Pardon gegenüber „gefallenen“ Mädchen kennt, kann man beim besten Willen nicht idealistisch-christlich nennen.

Die aus den ungeheuerlichen Folgen der Hingabe Gretchens an Faust resultierenden Verhaltensweisen Gretchens (sie glaubt, sie hätte ihre Mutter ermordet; dabei war es Mephisto; dann ihr Mord an dem Kind) sind ihr nicht mehr zuzurechnen; sie ist wahnsinnig geworden; hat allerdings noch eine Rest-Einsicht in die Ungeheuerlichkeit ihrer Tat, indem sie Gott um Gnade anfleht.

Widersprüchlich, da christlich ist der Ruf von oben: „Ist gerettet!“; widersprüchlich deshalb, weil Goethe kein Christ war. (Er sagte stets, er kenne kein Sündenbewusstsein; in der Auseinandersetzung mit dem sehr frommen Theologen Lavater sagte er mit Bestimmtheit: Jesus sei weder Gottes Sohn noch selbst Gott, sondern „nur“ ein besonders edler, erhabener, guter Mensch!). Recherche aus R. Safranski "Goethe"