Grammatikfrage: wie Objekt nach "zum"?
Immer wieder höre ich Sätze wie "... zum Präsident gewählt." oder "... zum Kandidat ernannt."
Muss das nicht Präsidenten und Kandidaten heißen?
5 Antworten
Kein Expertenbeitrag, sondern eine Meinungskolumne:
Du hast völlig recht, diese Formen sind Gurkendeutsch und nicht akzeptabel. Alle Substantive, die von lateinischen Partizipien, Adjektiven o.ä. (real oder imaginär) abgeleitet sind, werden nämlich schwach dekliniert, haben also in allen Kasus des Singulars außer dem Nominativ ein -en:
- der Kandidat, des Kandidaten, …
- der Referent, des Referenten, …
- der Student, des Studenten, …
- der Dozent, des Dozenten, …
- der Fabrikant, des Fabrikanten, …
- der Gradient, des Gradienten, …
- der Konvertit, des Konvertiten, …
Das gilt auch dann, wenn das fragliche Wort gar nicht aus dem Lateinischen kommt, sondern nur mit einer lateinischen Endung verziert wurde:
- der Lieferant, des Lieferanten, …
- der Nebochant, des Nebochanten, …
oder wenn die Entlehnung aus einer Nachfolgesprache des Lateinischen stammt
- der Journalist, des Journalisten, …
- der Kommandant, des Kommandanten, …
Und es kann auch gar nicht anders sein, denn jedes nichtfeminine deutsche Substantiv sollte entweder stark, also Gen Sg auf -(e)s, oder schwach, also Gen, Dat Akk auf -en, deklinieren. Um diese Regel können sich nur ganz wenige Wörter herumschrauben, meistens indem sie gar nicht deklinieren.
Da aber so gut wie jeder das -en im Genitiv verwendet (fast niemand sagt **des Kandidats oder so ähnlich), muß das -en auch in den anderen Kasus dran.
Das Argument „Sprachwandel“ ist auch ganz verkehrt. Denn so etwas gibt es zwar wirklich (z.B. die Verben auf -ieren bilden eine beispiellose Klasse, die im Perfektspartizip keine Vorsilbe ge- nimmt, obwohl das alle anderen nichtzusammengesetzten Verben tun), aber dann müßte ja die ganze Klasse dieser Wörter gleichzeitig betroffen sein. Also liegt einfach nur Schlamperei vor.
Ja, Du hast vollkommen Recht.
Leider kann ich das nur bestätigen. Es sind nicht immer die Besten, die Journalisten werden. Es gibt erfreuliche Ausnahmen, aber viel zu wenige.
Dasselbe behaupte ich von meinem Beruf (42-jährige Erfahrung): (Deutsch)-Lehrer !
Naja, sollten sie sein. Eigentlich. Aber ich habe auch schon das blanke Grauen gesehen bei der Zeitungslektüre.
Wer streng normativ argumentiert, wird dir sicherlich Recht geben. Allerdings ist diese "Verkürzung" meiner bescheidenen Meinung nach bei manchen Substantiven inzwischen so gängig, dass sie nicht mehr unbedingt als falsch angesehen werden muss.
Es handelt sich wohl um einen Fall von Sprachwandel, wie er immer und überall vorkommt. NOCH mag uns das auffallen, in 100 Jahren vielleicht schon nicht mehr. Jetzt kann man natürlich wieder über den Sprachwandel oder -verfall(?) schimpfen... Aber mal ehrlich, wer von uns nutzt beispielsweise das Dativ-e noch produktiv? Und das ist ja auch nur ein Beispiel für den Sprachwandel; halt eines, dessen Phase des Wandels schon länger zurückliegt. (Und das uns daher gar nicht mehr auffällt.)
Ist wohl so. Ich sage und schreibe ja auch gegen besseres Wissen einiges grammatikalisch falsch oder kürze Sätze ein (Nein, nicht sowas wie "Ich geh Aldi", aber z.B. dass ich das "Das" vor "Ist wohl so." geschlampt habe.)
Völlig korrekt: das Präpositional(!!)-Objekt im Dativ mit (hier) angehängtem "EN" !
Muss das nicht Präsidenten und Kandidaten heißen?
Ja, natürlich muss es das.
Es ist zwar ein verbreiteter Fehler, aber kein akzeptabler. Die fehlenden Endungen sind einfach falsch.
Es irritiert mich, dass sowas von eigentlich sprachlich kompetenten Journalisten kommt.