Gehen die ganzen Einzelhandelsgeschäfte wirklich wegen Amazon denn Bach runter?

11 Antworten

Das wird gerne behauptet, muss aber durchaus differenziert betrachtet werden.

Klar, ohne Online-Shops sähe die der Einzelhandel noch so aus wie in den 80er-Jahren. Aber wie überall gibt es Entwicklungen. Bereits seit über 100 Jahren gibt es den Versandhandel. Klingel und der Baur Versand existieren sogar noch heute. Andere Große der Branche wie Schöpflin, Neckermann, Quelle, sind untergegangen. Otto hingegen hat sich mit der Zeit entwickelt und ist auch heute noch äußerst erfolgreich.

Man sieht also, dass selbst ehemals sehr große Versandhändler den Sprung vom Katalog zum Online-Shop nicht geschafft haben, obwohl dieser Sprung ja nun nicht der größte ist.

Der Buchhändler Thalia z. B. trotzt auch sehr erfolgreich der sogenannten Übermacht von Amazon. Mediamarkt und Saturn geht es auch nicht so schlecht.

Die Herausforderung für den stationären Handel ist, dass er einerseits hohe Kosten für Ladengeschäft und Personal hat, andererseits aber eben auch aufgrund des begrenzten Platzes nur ein eingeschränktes Sortiment. Der Online-Handel braucht "nur" ein großes Lager und die dazugehörige Logisitik. Das Personal ist weniger qualifiziert als im Einzelhandel, die Produktvielfalt riesig.

Hier versteht es der Einzelhandel nicht, sich entsprechend zu entwickeln und seine Vorteile herauszustellen und auszuspielen. Gelangweiltes Verkaufspersonal, miserable Beratung, "hamwanich". Das ist das, was man oft im Einzelhandel erfährt. So halte ich keine Kunden, so gewinne ich keine Kunden. Die sogenannten Warenhäuser, die ja inzwischen einigermaßen tot sind, haben ihr in den 70er Jahren erfolgreiches Konzept nie weiterentwickelt und angepasst. Ist das dem Online-Handel vorzuwerfen? Eher nicht.

Die genannten Händler Thalia, Mediamarkt, Saturn haben einen Mix, der zum Erfolg beiträgt: Ich kann online bestellen und im Laden abholen. Sprich: Die Leute kommen zu mir, haben aber auch eine große Produktauswahl, die der Laden alleine nicht bieten kann. Nicht, dass das das Patentrezept wäre, aber es ist ein Baustein.

Inzwischen haben wir auch ein Henne-Ei-Problem. Die Innenstädte veröden, werden immer einförmiger. Immer dieselben Billigketten. Da will niemand hin. Will ich in so einem Umfeld einen Laden eröffnen? Es kommt ja niemand zu mir, weil der Rest um mich drumherum nur Ramsch ist. Umgekehrt sind die Mieten exorbitant hoch, sodass sie mir meine Rendite auffrisst. Wir haben seit Jahrzehnten ein Problem bei der Stadtentwicklung. Ist das dem Online-Handel vorzuwerfen? Eher nicht.

Aber auch die Kundschaft trägt zur Situation bei. Es gibt nicht wenige, die die teure Dienstleistung der Beratung stationär in Anspruch nehmen, dann aber wegen ein paar Euro Ersparnis online bestellen. Diese Kunden erschleichen sich also eine Leistung. Ist das dem Online-Handel vorzuwerfen? Eher nicht. Das Dilemma liegt also auf mehreren Seiten.

Am Ende ist also wirklich die Fage, ob der Einzelhandel wegen des Online-Handels dem Bach runter geht. Ich glaube nicht. Der Einzelhandel hat dem Online-Handel das Feld kampflos überlassen. Er hat sich der Entwicklung verschlossen. Wie heißt es so schön? Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Genau das passiert hier. Auch wenn es nicht schön ist.

verreisterNutzer  01.11.2022, 08:49

Du hast sehr viel geschrieben und die aktuelle Situation geschildert. Da kann man nur zustimmen. Und trotzdem das Amazon schon so viele Jahre existiert gibt es immer noch den Einzelhandel. Das Problem: Amazon kostet auch und sie sind eben mittlerweile auch nicht mehr billiger als der stationäre Einzelhandel. Und sie haben halt eine andere Kostenstruktur als der Einzelhandel und die ist meines Erachtens auch nicht niedriger.

Also mein Fazit lautet Einzelhandel wird es immer geben und der wird auch nicht durch Amazon zugrunde gehen

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Der Internethandel, hier mal stellvertretend Amazon als Beispiel zu nennen, ist für den stationären Handel, ins besondere für kleinere Läden schon eine enorme Herausforderung.

Nicht nur, dass die kleinen mit den Preisen aus dem Internet nicht mithalten können, sondern eben auch und vor Allem wegen der gigantischen Auswahl.

So traurig das für mich jetzt klingt, eine Lösung für dieses Problem, die auch funktioniert habe ich nicht.

  • den stationären Handel subvensioniren mit Abgaben, die z.B. der Internethandel zu zahlen hätte scheitert wohl neben der Frage einer gerechten Umverteilung am Widerstand der Internethändler
  • Ein System, mit dem festzustellen wäre, ob ein Kunde, der sich im stationären handel hat beraten lassen bzw die Ware angschaut, würde neben der teschnischen Umsetzbarkeit am Datenschutz scheitern
  • ein Verbot des Internethandels wäre rechtlich unmöglich und würde von allen Seiten auf Widerstand stoßen
  • ein Preisdiktat stöße ebenfalls auf enorme Widerstände und würde, was die Auswahl im Internet angeht immernoch dieses Problem nicht lösen

Bleibt nur, an die Vernunft der Kundschaft zu appelieren, den lokalen Einzelhandel zu unterstützen, in dem man, was man dort kriegt auch dort zu kaufen und vor allem nicht die Dreistigkeit Ware im lokalen Einzelhandel zu betrachten um sie dann billiger im Web zu shoppen.

ich selbst muss sagen, dass ich auch im Web shoppe. Aber wenn dann entweder direkt, d.h. ich weiß was ich will und kaufe es dort, oder eben wenn es etwas ist, was ich hier im lokalen Handel nicht kriege.

Ne freundin von mir hat bei ihrem Fahhradmechaniker nach eienm Rucksack gefragt. Dieser hat ihr empfhohlen, im Sportgeschäft welche von Deuter anzuschauen, und sie solle ihm dann das Modell nennen, das sie sich ausgesucht hat.

Lange Rede kurzer Sinn - Sie hat dann den Rucksack der ihr gefiel direkt im Sportgeschäft gekauft, auch wenn es 20 € mehr waren für sie. aber wie ich ist sie der Meinung, dass der Verkäufer, wenn er sich die Mühe schon gemacht hat, sie zu beraten, den Umsatz auch verdient hat. Und viel Geld hat sie nicht.

lg, Anna - ich bin Stolz auf Vanessa!

Unter anderem auch. Online Shopping ist eine aktuelle Fehlentwicklung. Auf Sachen die es wirklich ankommt, wird nicht berücksichtigt. Nur Komfort und die permanente Verfügbarkeit der Artikel wird geachtet. Doch die wesentliche Dinge werden dabei vernachlässigt.

Ich weigere mich online zu shoppen. Doch das wird mir aktuell immer schwerer gemacht. Dabei muß man ständig abwägen was besser ist.

Toni112112  01.11.2022, 05:15

Sehe ich genauso !

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pedelec66 
Fragesteller
 01.11.2022, 05:27

also investiert du lieber 2 stunden zeit in suche nach einem händler der genau dein produkt hat? anstatt es in 2 min einfach auf amazon zu bestellen

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TheMonkfood  01.11.2022, 05:39
@pedelec66

Wenn der Preis stimmt und ich den Artikel dann nach zwei Stunden - und nicht erst nach zwei Tagen oder zwei Wochen - in der Hand halten kann - ja !

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SirAndiusNr2  01.11.2022, 11:14
@pedelec66

Ist mir nie passiert. Einfach mal nachdenken.

Außerdem lege ich großen Wert auf eine vernünftige Beratung und ich will es vor dem Kauf in den Händen halten.

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Onlinehandel allgemein. Amazon ist nur der größte Player in dem Bereich.

Früher oder später ja, aber nicht nur wegen Amazon, sondern allgemei wegen dem Online Handel.

heutzutage muss man sich schon an den Kunden anpassen und kann nicht so weiter machen wie vor 20 Jahren

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – seit Anfang an dabei und bestelle fast nur dort