Dürfen Polizisten bei einer Personenkontrolle ohne einen begründeten Verdacht zu nennen, in (m)einen Rucksack reinschauen?

Das Ergebnis basiert auf 33 Abstimmungen

ja 48%
nein 33%
anders 18%

10 Antworten

nein

Hallo Dafur,

bei einer reinen Personen- oder auch einer allgemeinen Verkehrskontrolle eröffnet die Polizei noch kein Ermittlungsverfahren.

Der Übergang kann aber fließend sein, wenn sich ein Verdacht auf eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat manifestiert. In dem Umfeld kann sich die Kontrolle erweitern und sich auch auf Gepäck, persönliche Gegenstände und ein Fahrzeug beziehen.

Damit ist jemand beschuldigt und darf fragen, gegen was ermittelt wird sowie eine*n Rechtsanwält*in (sofort oder in der Folge) hinzuziehen. Beschuldigte Personen sind nicht verpflichtet, zu irgendwelchen Sachen eine Aussage außer zur eigenen Person zu machen.

So ein Verdacht kann gegenüber Personen entstehen, wo an bestimmten Orten hohen kriminellen Geschehens jemand in ein bestimmtes kriminelles Muster passen würde. So gab es schon auf Autobahnen, über die viel Drogenverkehr gegangen ist, immer wieder allgemeine Verkehrskontrollen, die sich dann auch ausgeweitet hatten. Auch von Bahnhöfen ist immer wieder von solchen erweiterten Kontrollen berichtet worden.

Strittig mögen Fragen sein, warum sich jemand an einem bestimmten Ort aufhält, oder wohin jemand geht oder fährt. Wird das gefragt, besteht nach meiner Rechtsauffassung schon ein Ermittlungsverfahren. Hier kann man sich auf Grundrechte berufen, wobei die Polizei einem dann darstellen muss, worauf sich die Fragen juristisch berufen.

Erhärtet sich kein Verdacht, stellt sich das Ermittlungsverfahren wieder ein - wobei dennoch ein*e Rechtsanwält*in nachfragen darf.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Artus01  30.08.2023, 10:20
eröffnet die Polizei noch kein Ermittlungsverfahren.

Die Polizei kann kein Ermittlungsverfahren eröffnen.

Strittig mögen Fragen sein, warum sich jemand an einem bestimmten Ort aufhält, oder wohin jemand geht oder fährt.

Das ist nicht strittig, es geht die Polizei nichts an.

Erhärtet sich kein Verdacht, stellt sich das Ermittlungsverfahren wieder ein

Ein Ermittlungsverfahren stellt "sich" nicht ein, sofern es überhaupt eins gibt.

0
EarthCitizen20  30.08.2023, 10:33
@Artus01

Soweit mir von einem ehemaligen Zollbeamten bekannt ist, kann die Polizei wie auch der Zoll ein Ermittlungsverfahren eröffen.

Genauers wird sich eher juristisch klären lassen.

0
AntonAntonsen  30.08.2023, 11:36
@Artus01
Die Polizei kann kein Ermittlungsverfahren eröffnen.

Das sehen z.B. das niedersächsische und nordrhein-westfälische Justizministerium aber anders:

Neben der Staatsanwaltschaft kann auch jede andere Strafverfolgungsbehörde, insbesondere die Polizei, ein Ermittlungsverfahren einleiten.
-----
Grundsätzlich kann nicht nur die dazu in erster Linie berufene Staatsanwaltschaft, sondern auch jede andere Strafverfolgungsbehörde, insbesondere die Polizei, ein Ermittlungsverfahren einleiten.

Was sonst macht die Polizei denn, wenn sie Kenntnis von einer Straftat erhält und daraufhin erste Ermittlungen durchführt, Maßnahmen trifft und eine Strafanzeige fertigt?

0
EarthCitizen20  30.08.2023, 11:56
@AntonAntonsen

So würde auch ein*e Zollbeamt*in z.B. an einem Flughafen immer dann, wenn sie oder er jemanden im "grünen Kanal" anspricht und ggf. das Gepack durchsucht, ein Ermittlungsverfahren einleiten (lt. dem ehem. Zollbeamten). Mit dem Gang durch den "grünen Kanal" gibt eine Person eine Zoll- oder Steuererklärung ab, keine Abgaben entrichten zu müssen und auch nichts zu schmuggeln (illegale Einfuhr).

Erhärtet sich aber kein Verdacht eines Schmuggelns oder einer Steuerhinterziehung, wäre das Ermittlungsverfahren wieder eingestellt. Bei einer möglichen Straftat wäre damit auch die Staatsanwaltschaft nicht mal informiert, es würde auch keine Vorgangsnummer oder ein Aktenzeichen geben.

0
Artus01  30.08.2023, 13:00
@EarthCitizen20
Genauers wird sich eher juristisch klären lassen.

Nö muss es nicht, ist längst gesetzlich geregelt:

Ein Ermittlungsverfahren ist ein juristischer Prozess, der beginnt, sobald die Staatsanwaltschaft von Tatsachen Kenntnis erlangt, die den Verdacht einer Straftat nahelegen. In Deutschland sind die genauen Verfahren und Vorgänge im Ermittlungsverfahren in den §§ 160 bis 177 der Strafprozessordnung (StPO) festgelegt.

https://www.juraforum.de/lexikon/ermittlungsverfahren

0
Artus01  30.08.2023, 13:04
@AntonAntonsen
Was sonst macht die Polizei denn, wenn sie Kenntnis von einer Straftat erhält und daraufhin erste Ermittlungen durchführt, Maßnahmen trifft

Sie führt Ermittlungen in eigener Regie durch und niemand ist dazu verpflichtet der Polizei gegenüber irgendwelche Aussagen zu machen.

und eine Strafanzeige fertigt?

Diese Anzeige unverzüglich der Staatsanwaltschaft zuleiten.

0
EarthCitizen20  30.08.2023, 13:08
@Artus01

Hier scheint nur die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren zu veranlassen können - was dem widersprechen würde, was mir der Zollbeamte einst gesagt hatte, mir aber auch plausibel erscheint.

0
Artus01  30.08.2023, 13:08
@EarthCitizen20
Erhärtet sich aber kein Verdacht eines Schmuggelns oder einer Steuerhinterziehung, wäre das Ermittlungsverfahren wieder eingestellt.

Nein, denn es kann nichts eingestellt werden was nicht existiert.

Bei einer möglichen Straftat

Fertigt er eine Anzeige.

wäre damit auch die Staatsanwaltschaft nicht mal informiert, es würde auch keine Vorgangsnummer oder ein Aktenzeichen geben.

Der wird durch die Anzeige informiert. Wird er nicht informiert, gibt es kein Aktenzeichen, keine Anklage und keine Verurteilung.

0
Artus01  30.08.2023, 13:12
@EarthCitizen20
was dem widersprechen würde, was mir der Zollbeamte einst gesagt hatte,

Nicht nur Polizisten reden manchmal dummes Zeug, Zollbeamte offenbar auch.

Die Staatsanwaltschaft ist als Ermittlungsbehörde allein Herrin des Verfahrens. Das geht auch nicht anders, da Ermittlungen bei Straftaten Sache der Justiz ist denn es geht ab dann ausschliesslich um juristische Belange. Da hat niemand der kein Volljurist ist was dran zu suchen. Das trifft insbesondere auf Polizisten zu die manchmal meinen das wäre nicht so.

0
EarthCitizen20  30.08.2023, 13:12
@Artus01

Wir müssten dann von eigenen Ermittlungen der Polizei oder des Zolls sprechen, was noch kein Verfahren darstellt, wenn die Staatsanwaltschaft darüber noch nicht informiert ist.

Die eigenen Ermittlungen würden dann auch wieder eingestellt werden können, wobei ggf. gesammelte Aufzeichnungen nach meiner Rechtsauffassung vernichtet werden müssten.

Es müsste dann auch geregelt sein, was die Polizei bei eigenen Ermittlungen alles darf.

0
Artus01  30.08.2023, 13:18
@EarthCitizen20

So ist es. Die Polizei darf im Grunde zunächst mal nichts, ausser in akuten Fällen und bei Gefahr im Verzug eigene Ermittlungen anstellen bzw. Massnahmen treffen. Die Staatsanwaltschaft ist unverzüglich zu informieren um dann weiter zu bestimmen wie und wonach zu ermitteln ist. Bei "normalern" Straftaten geschieht das im Zuge einer schriftlichen Anzeige. Bei besonderen Straftaten, Mord, Geiselnahme etc., ist die Staatsawaltschaft unverzüglich zu unterrichten, dort gibt einen Bereitschaftsdienst, wie bei Richtern im Übrigen auch.

0
EarthCitizen20  30.08.2023, 13:24
@Artus01

Nicht immer ist Gefahr in Verzug, nicht jeder Fall erscheint akut. Somit wäre einer Durchsuchung von z.B. Gepäck zu widersprechen - es sei denn, es käme für die betroffene Person sichtbar zu einer Anzeige, d.h. die Staatsanwaltschaft würde ein Verfahren eröffnen.

Würde die Durchsuchung erzwungen werden, würde in meinen Augen aus jetziger Sicht, die Polizei ihre Kompetenzen überschreiten.

0
AntonAntonsen  30.08.2023, 13:29
@Artus01
Sie führt Ermittlungen in eigener Regie durch

Mit anderen Worten: Sie leitet ein Ermittlungsverfahren ein.

0
Artus01  30.08.2023, 15:18
@AntonAntonsen
Sie leitet ein Ermittlungsverfahren ein.

Nein, das tut sie nicht, denn sie kann das gar nicht. Bei Straftaten zu der sie gerufen wird, kann wird und soll sie auch versuchen vor Ort Beweismittel und Spuren zu sichern sowie direkte Zeugen zu befragen, sofern ihr das gelingt. Danach ist eben die Anzeige zu fertigen und diese an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.

0
AntonAntonsen  30.08.2023, 16:23
@Artus01
Nein, das tut sie nicht, denn sie kann das gar nicht.

Wie gesagt, mindestens zwei Justizministerien sehen das anders. Quellen habe ich belegt.

0
anders

Das kommt darauf an. Verdachtsunabhängige Kontrollen sind beispielsweise in ausgewiesenen Kriminalitätsschwerpunkten zur Gefahrenabwehr erlaubt. Bei uns beispielsweise am und um den Hauptbahnhof. 100 Meter weiter, über die Straße, in der Fußgängerzone, wäre dies nicht mehr erlaubt.

Dann kenne ich auch eine Parkanlage bei uns, in der auch Drogen verkauft und konsumiert werden. Auch hier wurde die Örtlichkeit als Kriminalitätsschwerpunkt eingestuft, und so sind Personenkontrollen und Durchsuchungen ohne konkreten Verdacht und präventiv möglich.

anders

Meistens dürfen sie das nicht. Dafür bräuchten sie einen konkreten Anfangsverdacht.

Allerdings dürfen sie es im Umfeld von Bahnhöfen, Demonstrationen und wenn im näheren Umfeld eine Straftat begangen wurde und sie nach einem konkreten Täter suchen.

nein

Sie müssen schon klar sagen was sie dazu veranlasst.

Letztendlich ist es aber besser sie nachsehen zu lassen,

sie sitzen eindeutig am längeren Hebel.

nein

Eine Durchsuchung einer Person bzw. deren Tasche zur Strafverfolgung ist gem. § 102 StPO normalerweise nur dann erlaubt, wenn dieser sich der Begehung einer Straftat verdächtig gemacht hat. Dies setzt voraus, dass hinreichende Anhaltspunkte dafürsprechen, dass dieser eine strafbare Handlung begangen hat.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium Recht und BWL, Bibel, Handwerkskammer.