Disziplinarmassnahmen und Strafen
Hi, in der Uni haben wir z.Z. das Thema Disziplin in der Schule... Jedenfalls ist es ja wohl auch heute noch in den Schulen, dass Jugendlichen "Strafarbeiten" aufgebrummt werden. Jetzt habe ich im Rahmen einer Hausarbeit Schüler befragt. Ergebnis war, dass ein ziemlich grosser Teil von ihnen angegeben hat, dass sie wenn sie bestraft werden meistens irgendwas abschreiben müssen. Hat jemand ne Ahnung warum das Abschrebenlassen so ne beliebte Strafe unter Lehrern ist? Mir verschliesst sich etwas der Sinn
7 Antworten
Hallo KevTe,
so wie du fragst, scheint ihr aber an der Uni etwas unter eurem Niveau zu diskutieren.
Mal erst was Grundsätzliches: In unserer Demokratie haben wir Gewaltenteilung. Legislative, Exekutive, Judikative. Nur die Judikative darf strafen, nicht aber die Exekutive. (So gibt die Polizei z.B. keine Strafzettel, sondern eine gebührenpflichtige Verwarnung.)
Da die Schule aber zum Bereich der Exekutive gehört, sind bereits in den siebziger Jahren durch die entsprechenden Schulgesetze alle Begriffe, die mit Strafen zu tun haben ausgemerzt und durch andere Formulierungen ersetzt worden. In der Wirkung sind sie aber wie Strafen.
Sie laufen dann unter den Bezeichnungen "Erzieherische Enwirkung", "Ordnungsmaßnahmen".
z.B. Strafarbeit = besondere Aufgaben, die dem Schüler das Fehlverhalten einsichtig machen
Rausschmiss = Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde bzw. als Ordnungsmaßnahme: Ausschluss vom Unterricht von .... bis....
Arrest = Nacharbeiten unter Aufsicht
Beschlagnahme = zeitweise Wegnahme von Gegenständen
Du kannst Genaueres nachlesen z.B. in der Allgemeinen Schulordnung NRW (BASS 12-01 Nr.s ASchO NRW) unter den §§ 13 - 20
Zu deiner Frage: "Strafarbeiten"! Sie heißen eben immer noch so.
Wenn man dann aber liest:
(2) Unter Berücksichtigung erzieherischer Grundsätze soll die Lehrerin oder der Lehrer in eigener Verantwortung das Erziehungsmittel wählen, welches der jeweiligen Situation sowie dem Alter und der Persönlichkeit der Schülerin oder des Schülers am ehesten gerecht wird.
und dann der Lehrer sich nur auf eine Sache beschränkt: .....die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen.......dann hat das zwei Gründe:
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Jeder Lehrer muss im Laufe einer Stunde bis zu 50 pädagogische Entscheidungen treffen, je nach Klasse und Schülern. Da muss er sehr schnell und klar reagieren. Und das geht bei Disziplinlosigkeiten eben mit einer zusätzlichen Arbeit.
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Die "Strafarbeit" erfordert kein Nachdenken, was da an Maßnahmen besser wäre. Es ist für den Lehrer die bequemste Art der Reaktion, meist aber nicht die erfolgreichste, und sie drückt auch eine große Hilflosigkeit aus.
Sinnloses Abschreiben ist übrigens kontraproduktiv: Wie soll ein Lehrer einen Schüler zur Freude an der Arbeit erziehen, wenn er Arbeit als Druckmittel einsetzt! Außerdem müsste er bei Erfolglosigkeit dieses Druckmittel erhöhen bis zur Sinnlosigkeit: Der Schüler, der sechs Seiten "Strafarbeit" nicht abliefert, müsste dann 8 Seiten, dann 10 ......usw.
Mir verschließt sich etwas der Sinn.
Natürlich tut er das; mir auch. Aber seit wann sind "Strafmaßnahmen", die beschönigend "erzieherisches Einwirken" genannt werden, sinnvoll. Auch wenn sie eine lange Tradition haben und immer mehr verfeinert wurden, sind sie deshalb nicht sinnvoller geworden.
Einleuchtender wird das Ganze, betrachtet man es aus der Sicht des Lehrers. Er hat die anmaßende Aufgabe, zu erziehen und er glaubt, dazu gehöre auch die Bestrafung. Schließlich ist sie ihm ganz offiziell und in ihrer ganzen Vielfalt "hilfreich" an die Hand gegeben. Leider hat Bestrafung auch für den Lehrer einen Nachteil, sie macht auch für ihn Arbeit. Um diese so gering wie möglich zu halten, wählt er nicht nach Sinn, sondern nach Zeitaufwand aus dem Maßnahmenkatalog aus. Es gilt die Faustregel: für den Schüler so aufwendig, wie erlaubt (wobei hier das persönliche Rechtsempfinden des Strafenden eine entscheidende Rolle spielt), für den Lehrer so gering wie möglich.
Gruß Matti
Es ist weniger geistige Arbeit zu verrichten, wenn man einen Text, den man vielleicht auch noch sehr gut kennt, nur überfliegen muss. Das bedeutet im Zweifel, dass die Abschreibearbeit entgegen genommen wird. Wenn der Lehrer nix sagt, dann war es für den Schüler akzeptabel.
Eine Hausarbeit bedeutet Mehrarbeit auch für den Lehrer, da man sich das als Lehrer durchlesen muss, und dann mit dem Schüler das Thema besprechen muss. Es gibt hier also die Notwendigkeit eines Feedbacks. Hausarbeit ist ja erst eine Strafe wenn es entsprechend viele Seiten sind. Wieiviele Seiten sind dann notwendig? 10? Außerdem muss ggf. die Hausarbeit benotet werden, damit es genug Druck auf den Schüler gibt.
Bei der Bundeswehr gibt es ja die "Bestrafung" per Aufsatz. Da sagt der Vorgesetzte: "Schreiben Sie eine Seite über XY". Eine Seite ist nix. Und vom Vorgesetzten erwartet man keine tiefe Diskussion über das Thema.
Es macht keinen Spaß und dem Lehrer nicht viel Arbeit...
Für den Lehrer ist es eine sehr leichte Aufgabe einfach irgendwas zu nennen was abgeschrieben werden muss. Schüler hassen diese Form der Bestrafung weil sie sehr zeitaufwändig ist und somit ein Großteil der geliebten Freizeit drauf geht...