Die Unmündigkeit der Menschen nach Kant?

3 Antworten

Hi,- über Goethes Faust gibt es faßt so viele Interpretationen zum möglichen Grundgedanken des Werks wie es Kapitel / Szenen darin gibt. Aber ein Gedanke ist unter dem Strich geblieben, der den Titel "Faust" zu einem Synonym für den Moment macht an dem der Mensch zur Erreichung eines eigenen Vorteils einen Pakt mit dem Teufel schließt.

Kant soll mal gesagt haben:"Verurteilt nicht die, die Zäune errichten sondern die, die das zulassen."

Nun kann man Zäune auf sehr verschiedene Weise errichten, z. B. als strafbewährte Verbote und Einschüchterung oder durch systematische Desinformationskampagnen zum Wirklichkeitsbegriff einerseits aber auch durch die die Gestaltung von Lebensbedingungen und darin enthaltenen "freundlichen Serviceangeboten" zur "Problem - Ent-Sorgung" und "Abschaltmechanismen von der Last des Tages" andererseits im Tausch für den freiwilligen Verzicht auf Selbstbestimmung.

Diesen Pakt mit dem Teufel beschreibt ein anderer bereits um 1835 als sehr aufmerksamer und vorausschauender Analytiker von Risiken politischer Massengesellschaften - Alexis de Tocqueville: "Über die Demokratie in Amerika",- vor allem Band II.

Selbstbestimmung bedeutet auch immer Selbstverantwortung; und dass ist oft verdammt ungemütlich.

Wir erkaufen uns sehr oft "ein bischen mehr Schlaf und Erholung" für die "Müdikeit des kräftezehrenden Alltags durch die Delegierung von Verantwortung und den Verzicht auf Informationsbeschaffung für eine qualifizierte autonome Meinungsbildung - von der Meinungsäußerung noch gar nicht zu reden.

Und dann hört man so manchen Bürger reden: "Kein Gutachten ohne Gegengutachten, keine politische Richtung ohne Gegenrichtung, kein Argument ohne Gegenargument usw. usw. u.s.w. - wer soll das denn noch sortieren - da sind "die da oben" für zuständig - wozu haben wir die denn und überhaupt: was hab ich denn davon, außer zusätzliche Probleme, wenn ich mich da auch noch reinhänge .... ."

Ja, mag alles sein; und mag auch alles berechtigt sein. Aber es ändert an der, von Kant aufgezeigten und kritisierten und von Alexis de Tocqueville vorausschauend beschriebenen Problematik und Systematik nichts.

Statt diesen "Pakt mit dem Teufel" einzugehen und uns auf unserer "Hilflosigkeit der Umstände" zu berufen würde Kant wohl erwarten, dass wir

1.Selbstbestimmung und damit Selbstverantwortung aus unserem Selbstverständnis des Menschen als einem freien, weil zweckfreien Wesen wollen

2. uns deshalb gegen Systeme wehren, die uns den Zustand der >Aufgeklärtheit< nehmen oder vorenthalten wollen - mit welchen Methoden und Begründungen auch immer und

3) deshalb alles andere nur ein "fauler Deal" ist, bei dem wir uns dann auch nicht über die Folgen / den Preis beschweren dürfen wenn es ans "Bezahlen" geht.

Gruß

Du meinst als die Gründe der Unmündigkeit im Kant'schen also philosophischen Sinne? Die Gründe lagen vor allem in der Indoktrinierung durch die Kirche, die den Leuten Obrigkeitsgläubigkeit und Schicksalsergebenheit predigte, und frech behauptete, es geschehe alles nach Gottes Wille und sei Schicksal, in das man sich zu fügen hätte, und so die Herrschaftsverhältnisse zementierte (vergleiche auch Römerbrief 13, 1-7).

Steht doch im Text:

" Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen."

Oder kurz und flapsig: Der Mensch ist nicht unmündig, weil er dumm ist, sondern weil zu faul und zu feige ist, sein Gehirn einzuschalten und lieber dumm bleiben WILL.