Biologie Lehrerin unterrichtet unwissenschaftlich?
Hallo, heute stellt ich im Biologie Unterricht fest, dass unsere Lehrerin eine m. M. n. merkwürdige Denkweise als Biologin hat. Im Bereich der Genetik geht es folglich auch um Geschlechter Bestimmung. Sie gab uns an zu notieren das der sicherste und effektivste Weg, sein Geschlecht zu bestimmen im Gefühl besteht.
Nach einer derart unwissenschaftlichen Aussage musst ich mich erstmal vergewissern ob dies eben tatsächlich gesagt wurde und ich überlegte mich dazu zu äußern, es aber nicht tat.
Ihre Begründung bestand darin, dass Menschen mit X X Y Chromosomen nunmal nach Gefühl gehen müssen, wie am Beispiel einer Sportlerin deren Name mir entfallen ist.
Ist das nicht ziemlich lächerlich? Seit wann kommen Hormon Spiegel, Chromsomuntersuchungen sowie Geschlechtsmerkmale nach dem persönlichem Empfinden im Fach der Biologie, einer Naturwissenschaft? Versteht mich richtig, jeder kann sich fühlen wie er will, das juckt mich echt reichlich wenig. Aber in Biologie geht's mir doch schon um Fakten.
Wie seht ihr das? Gerne eure Meinungen dazu.
10 Antworten
Das Beispiel würde mich allerdings interessieren. Meines Wissens ist der Phänotyp des Genotyps XXY (Klinefelter-Syndrom) eindeutig und unumstritten männlich.
"Das Klinefelter-Syndrom (KS) mit dem Karyotyp 47,XXY ist eine der häufigsten Formen angeborener Chromosomenstörungen im männlichen Geschlecht." (Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/138479/Klinefelter-Syndrom)
Ah, OK. Hier scheint insgesamt einiges durcheinander geraten zu sein.
Wikipedia schreibt dazu: "Semenya ist eine intergeschlechtliche Frau, die bei der Geburt als weiblich eingestuft wurde,[3] mit XY-Chromosomen und natürlich erhöhtem Testosteronspiegel[4][5] aufgrund einer Störung der Geschlechtsentwicklung durch 5α-Reduktase-2-Mangel." (Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Caster_Semenya)
In seltenen Fällen kann es in Folge von Hormon/Entwicklungsstörungen dazu kommen, dass das phänotypische Geschlecht von dem genetischen abweicht oder nicht bestimmbar ist. Ein solcher Fall scheint hier vorzulegen. Genetisch besitzt sie ein X und ein Y Chromosom, ist aber körperlich trotzdem weiblich.
Mit dem Klinefelter-Syndrom hat das nichts zu tun. Sowohl XX als auch XY, wie du beschreibst, gibt es vereinzelt auch. In diesem Fall spricht man von Chimärismus, das bedeutet, dass die einzelnen Zellen des Organismus von einander abweichende genetische Informationen enthalten. Auch das hat allerdings mit dem Fall von Caster Semenya soweit ich das sehe nichts zu tun.
Alle zuvor genannten Phänome werden für gewöhnlich unter dem Sammelbegriff "Intersexualität" zusammengefasst. In einigen dieser Fälle ist es tatsächlich nicht möglich ein eindeutiges biologisches Geschlecht zu bestimmen. Allerdings muss angemerkt werden, dass diese Fälle erstens sehr selten sind und zweitens ausschließlich Störungen des biologischen Geschlechts umfassen. Mit Geschlechtsidentität, wie durch die Aussage deiner Lehrerin impliziert, hat das Ganze nichts zu tun.
und warum ist Caster Semenya dann eine Frau, wenn XXY angeblich nur männlich ist?
Klinefelter ist männlich, eindeutig und immer. Wie es aussieht hat Cester Semenya aber auch nicht das Klinefelter-Syndrom.
Laut Wikipedia XY, allerdings aufgrund einer Entwicklungsstörung mit weiblichem Erscheinungsbild.
heißt sie hat weibliche Geschlechtsorgane trotz XY Chromosomen?
dann sieht man ja tatsächlich dass Genotyp nicht immer mit Phänotyp übereinstimmt.
gut, ist natürlich auch nicht "Gefühl" sondern schon Biologie, aber eben keine Übereinstimmung
Mit XY Chromosomen und 5-alpha-Reduktasemangel hat man Hoden. Meist im Bauch oder in der Leiste. Man hat keine typisch weibliche Brustentwicklung, keine Vagina bzw. nur einen sehr kurzen Vaginalstumpf (solange keine Neovagina operiert wurde). Wie stark das äußere, sichtbare Genitale, also Penis/Klitoris, Schamlippen/Hodensack, Harnröhre männlich / weiblich ausgeprägt ist, kann sehr unterschiedlich sein. Man könnte prinzipiell auf natürlichem Weg mit einer Frau Kinder zeugen, was aber wegen geringer Spermienqualität nur selten tatsächlich klappt.
Kann sein. Ich habe zu dem genauen Störungsbild in diesem Fall nicht weiter recherchiert. Aber das ändert ja an den Aussagen meiner Antwort nichts. Caster Semenya hat nicht das Klinefelter-Syndrom und auch nicht XX und XY gleichzeitig, sondern sie ist genetisch männlich und ihr Phänotyp weicht davon ab.
Ich antwortete da eben auf Phoenix2018 Frage:
heißt sie hat weibliche Geschlechtsorgane trotz XY Chromosomen?
Die kurze Antwort: Nein, sie hat männliche Geschlechtsorgane. Sie hat (testosteronproduzierende) Hoden (deshalb ist sie so sportlich), produziert vermutlich Spermien, hatte zumindesh bei Geburt keine Vagina, aber wohl einen Mikropenis und eine Hypospadie, weshalb sie jahrelang für biolagisch weiblich gehalten wurde.
Fangen wir mal ganz woanders an:
Die Schulfächer haben nicht nur den Zweck, dass man einen Einblick darauf kriegt, was man lernen könnte, wenn man das später zum Beruf macht.
Jedes Fach hat seinen eigenen Zweck, um damit auch Dinge zu lernen, die man im Alltag braucht. ZB, der Deutschunterricht hat nicht nur den Zweck, Deutsch zu lernen und den Unterschied zwischen Metapher und Vergleich zu lernen. Hauptsächlich ist der Deutschunterricht dafür da, dass die Schüler lernen, wie man skeptisch an Texte rangeht, sodass sie nicht anfällig für Propaganda sind im späteren Leben. Matheunterricht ist nicht da, weil Integrale und Matrizen im Alltag wichtig sind, sondern weil logisches Denken und Lösungen finden wichtig ist.
Biologieunterricht ist dafür da, dass man seinen Körper versteht und einen Einblick darauf hat, was normal ist und was nicht.
Und ja, Transidentität ist zwar vollkommen wissenschaftlich, allerdings eher ein Thema der Psychologie als der Biologie. Trotzdem ist das Thema Geschlechter in der Biologie der perfekte Zeitpunkt, an dem ein Lehrer ansprechen kann "Hey, es ist übrigens auch vollkommen okay, wenn ihr euch nicht wohl mit dem Geschlecht fühlt, das ihr anatomisch habt. Das gibt es, und ihr habt sehr wohl die Möglichkeit, als das zu leben, das ihr im Inneren seid - weil das soziale Geschlecht das wichtigste ist für das soziale Leben. Und wenn ihr da Kongruent seid von innerem und äußerem Geschlecht, seid trotzdem fair gegenüber denen, bei denen es nicht so ist"
Das ist zwar alles richtig was du sagt, nur wurde es so nie kommuniziert. Es wurde Wissenschaft und Gefühlsebene / Geschlecht und Identität vermischt und gesagt das Biologische Geschlecht ist mit dem Gefühl zu bestimmen.
Wörter wie: Identität, Mentalität, Biologisches/Mentales Geschlecht etc. Sind ihrer Seits nie gefallen.
Ist eher ein Fall von "Gut gemeint aber falsch ausgeführt" als ein Fall von "Vollkommen unwissenschaftlich und kompletter Dreck".
Außerdem klang deine Frage etwas transphob, als würdest du nicht sagen "Sie hat falsche Begriffe benutzt", sondern als würdest du behaupten, das Transidentität unwissenschaftlich wäre, und als ob dein Problem war, dass du nichts über Transidentität lernen willst. Das hat meine Antwort beeinflusst.
Dann kam es für dich falsch rüber. Transphob bin ich nicht. Und Psychologie ist nicht unwissenschaftlich. Nur diese Psychologie mit schlechter Lehre und Artikulation in eine Naturwissenschaft zu bringen war mein Problem. Ich sagte ja bereits, wie sich wer fühlt ist mir egal.
"Wissenschaftliche Bestimmung" ist für mich gegensätzlich mit dem Wort "Gefühl". Fairerweise, ich bin kein Wissenschaftler, das ist lediglich mein Verständnis der beiden Wörter.
Entweder man kann etwas bestimmen, dann ist das so, oder eben nicht. Dass es nicht immer eindeutig Frau/Mann gibt ist bekannt, äußerst selten, aber bekannt. Und das wird jetzt wieder falsch aufgenommen werden - es ist überhaupt nicht schlimm, sie sind gleichwertige Menschen, aber dort ist halt was schiefgelaufen.
Ich bin auch nicht körperlich makellos auf die Welt gekommen, viele haben irgendeine Besonderheit/Makel - wie man es auch nennen mag - der sich von dem unterscheidet, wie es eigentlich ausschauen/sein sollte.
hmm, im Falle des XXY Syndroms ist das tatsächlich nicht ganz eindeutig zu sagen, selbst wenn die Geschlechtsorgane in die eine oder andere Richtung angelegt sind.
es gab sogar Fälle von Intersexualität, wo Ärzte einfach ohne zu fragen in eine Richtung entschieden haben. und viele Kinder dann als Erwachsene damit gar nicht glücklich waren, weil sie doch eher die andere Richtung fühlen.
daher wird meines Wissens jetzt Intersexualität solange beibehalten, bis der Wille des Betroffenen klar erkennbar ist und befragbar ist.
daher ist die Antwort deiner Lehrerin zweischneidig.
primär ist natürlich das Geschlecht eindeutig durch Genetik und Phänotypie zu bestimmen. aber es gibt Ausnahmen, wo das nicht eindeutig möglich ist. wie eben bei XXY, das ist ja genotypisch sowohl männlich als auch weiblich.
Das ist großer Unfug. Menschen min XXY Geschlechtschromosomen sind männlich und haben das Klinefelter-Syndrom. Oft ohne es zu wissen.
und was tut das 2. X ?
genetisch gesehen ist das männlich und weiblich gemischt.
wie das phänotypisch aussieht kann ich nicht sagen
Das zweite X macht, dass dieser Mensch das Klinefelter-Syndrom hat. Er hat Hoden, Penis, keine Eierstöcke, kann mit einer Frau Kinder zeugen. Lies Wikipedia Klinefelter Syndrom. Das Y macht männlich. Ein extra X macht nichts. Monosomie X macht Turner-Syndrom (weiblich)). Ein einzelnes Y ohne X lebt nicht.
Es gibt keine "Chromosomale Intersexualität"
Merke es dir so: ohne Y entwickelt sich der Mensch weiblich, mit Y männlich (abgefahrene Dinge wie Gendefekte oder Translokationen ausgeschlossen)
Merke es dir so: ohne Y weiblich, mit Y männlich. (Solange keine Gendefekte oder Translokationen vorliegen)
Den Phänotyp kannst du bei Wikipedia Klinefelter Syndrom nachlesen. Kurz: männlich. Viele merken es nicht mal.
dann frage ich mich, wie Intersexualität entsteht, heißt warum manche Babys beide Geschlechtsteile haben
Intersexualität ist ein irreführender Begriff, den ich auf einen Menschen nicht anwenden würde.
Es gibt allerdings uneindeutig ausgeprägte Geschlechtsmerkmale wie Mikropenis, Nicht descendierte Hoden, Hypospadie. Das nennt man Variante der Sexualentwicklung. Diese sind nicht auf Ebene der Chromosomen erkennbar, werden aber durch Gene determiniert.
Das eigentliche Geschlecht ist praktisch immer eindeutig und legt fest, mit wem man Kinder zeugen könnte. Nämlich mit dem entgegengesetzten Geschlecht.
es gibt aber auch Kinder die sowohl Penis als auch Vagina besitzen. und was sind die dann?
Das sind Mädchen mit Klitorishypertrophie - z.B. wegen einem Aromatasemangel. Möglicherweise auch Jungen. Die müssten dann allerdings eine Hypospadie und einen Defekt im Anti-Müller-Signalweg haben. Ich weiß allerdings nicht, ob das schon beobachtet wurde.
Du fragtest, wie "Intersexualität" entsteht. Es gibt verschiedene Varianten oder Störungen der Geschlechtsentwicklung mit verschiedeten Ursachen. Stichworte sind Steroidsynthese (Cortison, Aldosteron, Progesterone, Testosterone, Östrogene), STY-Gen, Anti-Müller-Hormon. Alles bei Wikipedia nachlesbar.
Falls tatsächlich so geschehen: Nicht gut. Als Lehrkraft sollte deine Lehrerin reflektierter und genauer unterrichten. Heißt: Erklären, dass es "Geschlecht" nicht bloß auf biologischer Ebene gibt, sondern u.a. auch auf sozialer und kultureller. Geschlecht als nicht mehr als ein "Gefühl" zu verklären, ist für keine der verschiedenen Ebenen sinnvoll.
Das Beispiel bezog sich auf Caster Semenya.
Meine Biologie Lehrerin sagte, anders als der Artikel es suggeriert, dass hier X/Y und X/X Chromosomen vorliegt. Also Mann und Frau. Nach ihr scheinbar definitiv nicht zu entschlüsseln welches Geschlecht nun vorliegt. Von männlicher Fehlbildung ist kein Wort gefallen