Atheist und Christ?

12 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es kommt darauf an. Ich hatte selbst einmal eine Freundin, die Atheistin war. In der DDR groß geworden, in einem "roten" Elternhaus aufgewachsen, sozusagen den Marxismus mit der Muttermilch aufgenommen. Dennoch hatte sogar ihr linientreuer Vater eine Bibel im Haus und kannte die eine oder andere Stelle - er sah das wohl als Kulturbildung.

Jedenfalls war das keinesfalls der Grund, warum unsere Beziehung nach einiger Zeit auseinanderging. Sie tolerierte meinen Glauben, fand wohl auch manches gut - wäre aber nie so weit gegangen, sich taufen zu lassen. Ich tolerierte ihren Unglauben, freute mich aber darüber, dass sie keine Distanz aufbaute und sogar gelegentlich einen Gottesdienst mit mir besuchte.

Danach hatte ich beinahe eine Freundin, die war sehr christlich. Sie gehörte zur neuapostolischen Kirche, und damit kam ich schlechter klar als mit meiner vorherigen Atheisten-Freundin. Sie war keinesfalls tolerant, und ich hätte mich zur neuapostolischen Kirche bekennen müssen, damit das eine Zukunft gehabt hätte. Mein evangelischer Glaube wurde quasi nur als Startpunkt gesehen. Deshalb eben nur "beinahe", denn das wurde nichts.

Jetzt bin ich schon viele Jahre mit einer Frau verheiratet, die meinen Glauben teilt, und mit der ich ganz selbstverständlich auf einer gemeinsamen Basis stehe. Ich genieße das sehr, und bin unendlich dankbar für das Gottesgeschenk, diese Frau getroffen zu haben - es war alles andere als geradlinig und selbstverständlich.

Was will ich Dir damit sagen? Wenn sie Deinen Glauben akzeptiert und toleriert, kann eine Beziehung durchaus funktionieren. Wichtig ist, dass Ihr trotzdem genug gleiche Ansichten habt, gleiche Wertvorstellungen, einen gemeinsamen Humor.

Den Humor sehe ich übrigens als guten Prüfstein: um über etwas lachen zu können, braucht man Vorwissen und Erwartungen. Bleibt einem regelmäßig das Lachen im Halse stecken, während der Partner sich vor Lachen ausschüttet, oder lacht man selbst über etwas, während der Partner gar nicht weiß, was daran komisch sein soll, dann sind eben dieses Vorwissen und die Maßstäbe für Normen und Werte sehr unterschiedlich. Das führt zu Spannungen und Konflikten.

Ich genieße es, mit meiner Frau Situationskomik zu erleben. Es sind oft ganz kleine Dinge, bei denen wir uns ansehen und schmunzeln. Es sind eben gerade nicht die großen Brüller, sondern dieses wortlose Verstehen, dieses kleine Lächeln, das mich den ganzen Tag glücklich macht. In solchen Situationen weiß ich immer, dass ich genau die richtige Frau geheiratet habe.

Bist Du jetzt durch meinen langen Text schlauer? Wahrscheinlich nicht. In Beziehungsfragen zu raten ist immer schwierig. Ich wünsche Euch beiden auf jeden Fall Glück und Gottes Segen - egal wie Ihr Euch letztlich entscheidet.

herrasterix 
Fragesteller
 28.07.2022, 11:44

Danke für deine ausführliche Antwort und die Denkanstöße

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Ein Schritt nach dem anderen. Ich würde nicht jetzt schon irgendwas abbrechen, bevor überhaupt was angefangen hat. Erstmal schauen. Du kannst immer noch in jedem einzelnen Moment des Weges entscheiden, das ist nix.

Grundsätzlich kommt es immer darauf an, wie ernst man seine jeweilige Überzeugung nimmt, und wie sehr sie Teil des Alltages ist.

Um mal ein profanes Beispiel zu nehmen: Ist einer in einer Beziehung absoluter Fußball-Fan und verbringt 80% seiner Freizeit mit Freunden aus dem Club, selbst spielen und ins Stadion gehen, wird er/sie nicht mit einem Partner glücklich, der/die bei dem Thema Sport bloß die Augen verdreht.

Ist es jemand, der halt seinem Heimatverein folgt aber sonst auch andere Interessen hat, kommt der/die Partner:in sicher auch mal mit zu einem Spiel.

Also: wie wichtig ist dir dein Glaube. Wäre es OK für dich, wenn du mit deiner Partnerin nicht zusammen beten könntest, sondern dies halt mit Freunden aus der Gemeinde tun würdest? Und umgekehrt - wäre die Art, wie dein Glauben Teil deines Lebens ist, für sie in Ordnung? Das kannst du aber nicht herausfinden, wenn du sie nicht triffst.

herrasterix 
Fragesteller
 28.07.2022, 11:42

Das stimmt

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Tiefgläubigkeit und Atheismus nerven sich gegenseitig massiv.

Sowas kann eigentlich nur nach Wochen, Monaten auseinanderfliegen.

Solltet ihr soweit kommen, dann würdet ihr euch spätestens bei der Kindererziehung zerraufen (Taufe, Beten, Religionsunterricht usw.)

Ein Atheist kann auch sexuelle Verklemmtheit nicht leiden, wird kaum heiraten wollen, wird mit dir nicht in Kirchen gehen usw. usw.

herrasterix 
Fragesteller
 28.07.2022, 11:48

Stimmt, du sprichst viele gute Punkte an.

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Ich würde es nicht empfehlen.

Denn zu viele wichtige Lebensinhalte würde man nicht gemeinsam geniessen können.

  • Gebete
  • Gespräche über christliche Bücher, Filme und Lieder
  • kirchliche Veranstaltungen
  • Bibel- oder Hauskreise

Dann die ferne Frage, was, wenn Kinder kommen. Erzieht man sie im christlichen Glauben oder nicht.

Und, als Christen halt auch die Frage, was geschieht nach dem Tod. Kann es einem egal sein, wenn die Partnerin einmal nicht ins Paradies kommt.

Das hängt davon ab, ob sie wirklich Atheistin ist, oder Agnostikerin.

Atheisten sind ja völlig überzeugt davon, dass es keinen Gott gibt, was ja im Grunde ebenso ein Glaube ist wie jeder andere, und unbelegbar. Da ist später eine gewisse Intoleranz zu erwarten, die schwierig ist.

Agnostiker räumen ein, dass beides vorstellbar ist, also kein Gott, oder ein Gott, und wennschon Gott, dann vielleicht auch eher eine Weltseele, oder Pantheismus, oder eine Schöpferkraft, und ja.... vielleicht auch ein persönlicher Gott. Aber wennschon ein persönlicher Gott, wer, bitte, ist dieser Jesus?

Das muss man herausfinden, was da genau für Vorstellungen vorliegen. Nur mal aus Interesse. Weil bei einem toleranten Agnostiker, der sich befragen lässt, sehe ich eine gewisse Hoffnung.

Um die Fragen: wie stehst du dazu, wenn ich bete, wenn ich mit Kindern bete oder wenn ich Kinder mit in die Kirche nehme, wie stehst du dazu, wenn ich einen Teil des Einkommens für Spenden aufwende, wärest du bereit auf kirchliche Veranstaltungen im Freundeskreis mitzugehen, wirst du nicht herumkommen.

Und wenn du es schaffst sie einfach nur kennenlernen zu wollen, ohne irgendetwas an ihren Ansichten ändern zu wollen, dann wird die Sache Früchte tragen, egal wie es ausgeht. Weil das Sprechen über Weltanschauung und den christlich Glauben gerade dann Wirkung zeigt, wenn man das Gegenüber versucht, da kennenzulernen, wo es gerade steht. Ohne die eigene Position zu verraten.

Je mehr du erfährst über Ihre Art zu denken, desto leichter wird dir die Entscheidung fallen.

Also mit einem überzeugten Atheisten sehe ich ähnliche Probleme, wie mit jemand der einer ganz anderen Religion angehört. Bei einer Agnostikerin hängt es von der Einstellung ab, ob sie Abwehr gegen Gemeinde hat oder nicht.

Mein Mann ist überhaupt nicht mehr christlich, seit Jahren. Das war an sich nie ein Trennungsgrund für mich, solange er mich mein Ding machen lässt.

Er hatte mal so eine Phase, da hat er Temine auf Sonntagvormittag gelegt oder Dienstagabend (Hauskreis) oder mich auch mal ein bisschen beschimpft und lächerlich gemacht, aber das hat sich schnell gegeben, als ich ihm gesagt hab, dass ich dann mal eine Wohnung suchen gehe. Seither läuft es gut.

Der Sohn wird jetzt am Sonntag getauft, und der Mann will sogar mitgehen in die Kirche. Beharrliches Beten scheint schon so einiges zu bewegen. Auch wenn man kein Wort mit dem Betroffenen spricht.

herrasterix 
Fragesteller
 28.07.2022, 11:49

Danke für deine Antwort !

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