Asperger - ansprechen?
Hallo zusammen,
ich hoffe jemand hat einen guten Rat für mich übrig. Ich hab das Gefühl, dass mein Bruder, Mitte 20, Asperger (eine Form von Autismus) hat. Einige Anzeichen sprechen dafür.
Natürlich, Diagnose hin oder her, es ändert nichts an ihm als Menschen, das weiß ich. :) Anderseits merke ich dass er Schwierigkeiten hat aufgrund seiner "Andersartigkeit" (er kann nichts spontan machen, er hat Probleme Konversationen zu führen, er fühlt sich einsam, er kriegt oft zu hören dass er nichts kann etc.). Das gibt ihm alles natürlich ein mieses Selbstwertgefühl und von Selbstsicherheit brauchen wir gar nicht erst reden.
Ich habe mir jetzt gedacht, na gut, falls es Asperger sein sollte, wäre das vielleicht endlich eine Erklärung für ihn, für sein (teilweise verurteilendes) Umfeld und er könnte sich selbst mehr akzeptieren und weniger alleine fühlen. Vielleicht auch Gleichgesinnte kennenlernen.
Haltet Ihr das für eine gute Idee, dass in einer ruhigen Minute mal anzusprechen? Oder hat jemand von Euch Erfahrungen damit?
Bin für jeden Tipp dankbar. Liebe Grüße :)
5 Antworten
Ich finde es gut, es anzusprechen. Eine sichere Diagnose kann nur ein Experte stellen, aber auch eine Verdachtsdiagnose kann helfen, um Strategien zu finden, die das Leben erleichtern.
Vielleicht zeigst du ihm einfach Schattenspringer (Comic über eine Autisten), die ersten vier Kapitel kann man online lesen: https://www.fuchskind.de/galerie/schattenspringer/as.php?z=100&s=1

Diagnosen von Angehörigen ohne Erfahrung werden meiner Meinung nach nicht gerne angenommen. Keiner hat gerne irgendetwas, dass ihm das Lebe schwer macht.
Anstatt ihm die Diagnose zu nennen könntest du ihm doch empfehlen mal zum Psychologen zu gehen. Sag ihm, dass er ihm vielleicht helfen kann. Dafür muss er aber natürlich vorher erst einmal anerkennen, dass er Probleme hat. Wenn er selbst meint, keine Probleme zu haben wird es schwierig zu etwas zu empfehlen, weil er es dann auch nicht annehmen würde. Also erst einmal solltest du herausfinden ob er die Gründe, die du genannt hat, als Belastung ansieht.
Okay, das ist ja gut, dass er es selber schon mal als Problem ansieht. Somit kann man ihm besser helfen.
Monate brauchen würde um darüber nachdenken und dann nochmal Monate, um seine Angst davor zu überwinden
Ich bin definitiv kein Experte was Asperger betrifft. Aber mein Bruder hat auch Asperger und hat diese Symptome überhaupt nicht. Was nicht heißt, dass alle Asperger gleich sind. Aber das könnte auch sowas wie soziale Phobie, Depressionen oder sogar eine Angststörung sein. Das sind jetzt alles Spekulationen. Deshalb wäre halt ein Psychologe wirklich sinnvoll.
Wenn ich ihn so unter 4 Augen anspreche kann man das erstmal "unter sich" behalten, ich glaube damit würde er sich sicherer fühlen. Und er könnte sich in Ruhe damit auseinander setzen
Du kennst ihn am Besten. Wenn er dir vertraut und Ratschläge annimmt, dann kannst du mit ihm mal über das Thema sprechen. Nur wie gesagt, da könnte noch mehr dahinter stecken.
Bei Andersartigsein kann man ja feststellen lassen, was genau so anders ist. Ich habe keine Diagnose parat. Aber jemand, der sich selbst einsam fühlt, klingt nicht nach Asperger. Jemand, der erst feststellt, dass ihm die Familie Geborgenheit gab wenn die Familie auf einmal weg ist, schon eher.
Naja, es sind mehrere Symptome. Er hat z.B. wirklich Schwierigkeiten Mimik und Gestik zu verwenden, ist ein absoluter Narr mit zwei Themen die ihn beschäftigen, ein Gang zum Supermarkt stresst ihn... Ich will auch keine Diagnose geben, es spricht nur einiges dafür und ich denke einfach, wenn er sich damit auseinander setzt und merkt: Oh, anderen Menschen geht es auch so. Dann fasst er vielleicht etwas Mut. Und akzeptiert sich selbst mehr. Das wäre schon Gold wert
Er hat Schwierigkeiten, Mimik und Gestik einzusetzen. Das könnte ein Hinweis sein. Aber hat er auch Schwierigkeiten, Mimik und Gestik seines Gegenübers zu deuten?
Sprich erstmal mit Deinen Eltern darüber, evtl. hat er schon eine Diagnose, von der Du nichts weisst.
Davon wüsste ich. :D Leider kommt unter anderem von unseren Eltern das Unverständnis für seine Art. Deswegen... Ja, das würde auch Sinn machen mit ihnen zu reden, aber für mich steht mein Bruder da an erster Stelle. Ich glaube ihm wäre das unangenehm wenn ich erst unsere Eltern darauf anspreche.
Viele Eltern wollen das nicht gerne wahrhaben und akzeptieren. Rate ihm doch mal den Hausarzt darauf anzusprechen. Das klingt auch nicht nach Asperger.
Ja, tu das und lasst es testen.
Schön, dass du dir Gedanken machst. Sehr fortschrittlich!
Danke dir. Ja, dass es ihm Probleme bereitet weiß ich. Darüber haben wir geredet, wir haben ein recht vertrautes Verhältnis. Manchmal hatte ich fast den Eindruck, er ahnt es selbst irgendwie. Er hat mir gesagt dass ihn diese ganzen Sachen seit Jahren belasten und er keinen Ausweg sieht und dass er sich deswegen einfach zurückzieht. Zum Psychologen gehen, ja, guter Vorschlag, ich glaube nur das würde ihn nochmal mehr treffen (allein schon, weil er - nicht böse gemeint - Monate brauchen würde um darüber nachdenken und dann nochmal Monate, um seine Angst davor zu überwinden). Wenn ich ihn so unter 4 Augen anspreche kann man das erstmal "unter sich" behalten, ich glaube damit würde er sich sicherer fühlen. Und er könnte sich in Ruhe damit auseinander setzen