An die Erwachsenen -wenn ihr in eure Vergangenheit und Jugend zurückblickt - was war alles sinnlos, was ihr gemacht hattet und hattet ihr viel Blödsinn gemacht?
8 Antworten
Es war ganz schlimm bei mir und das ist noch milde ausgedrückt.
Ich sage es mal so: Es gab damals schon viele in jeder Hinsicht spezielle und abstruse "Manöver", die aus heutiger Sicht vielleicht eigenartig gewesen sind oder auch hirnrissig oder wo man heute nicht mehr machen würde und sich fragt, ob man noch ganz bei Trost gewesen ist - oder Dinge, die an sich grenzwertig waren und wo man mehr Glück als Verstand hatte.
Allerdings kann man so was nicht objektiv sehen, man muss es mit dem Motto "Hand aufs Herz" Revue passieren lassen ------> und unter der Prämisse war NICHTS sinnlos und war nichts vergebens, hatte alles auf seine Weise seine Berechtigung und waren es gerade die scheinbar absurdesten Dinge, die im Herzen doch viel Bleibendes ausgelöst haben oder einfach besonders waren oder zwar merkwürdig, aber doch richtig und wichtig gewesen sind.
Ich erinnere mich konkret an die vielen Abende, die wir an der DEA-Tankstelle verbracht haben mit unseren ersten Autos. Ich hatte einen alten Audi 100, mein Kumpel fuhr einen Volvo 460, wir standen oft stundenlang mit den Autos rum. Wir machten das so hobbymäßig und auch deswegen, weil Tankstellen im tristen Vorstadtmilieu die einzige Gelegenheit für junge Leute waren, wo man sich treffen konnte, wenn man zu alt für das Jugendhaus war und keiner der "Coolen", die ins Sonnenstudio gingen oder zum Golfplatz. Man konnte auch nicht in der Stadt rumgammeln oder sonst was und irgendwie gab es an der Tanke immer was zum Gucken, zum Reden sowieso. Es war friedlich und man war unter sich, man wurde auch nicht weggejagt. Auch wenn es manchmal kalt war und man im Winter teilweise gefroren hat: Die Abende hatten für uns eine hohe soziale Bedeutung, man traf sich und war unter sich. Oft kam im Verlauf des Abends noch jemand, den man kannte und der ganz okay war, mit seiner Karre (typische 80er/90er-Modelle von Golf II über Ford Sierra, Peugeot 309 und Opel Kadett bis Audi 80 oder Mercedes W123) zufällig dazu und die Stimmung war immer entspannt und cool, dazu gab es meistens Cola oder Spezi aus der Dose. Manchmal entschlossen wir uns dazu, auch weil es dann doch langweilig wurde nochmal auf ein Eis oder Pommes oder Nuggets mit Süßsauer-Sauce zu Mäcces zu fahren. Wir saßen da meistens dann drin im Mäcces und schauten so raus die Bundesstraße, auf der immer Verkehr war, und schmiedeten diverse Pläne, von denen keiner in Erfüllung ging, die aber Mut gemacht haben und allein das ist schon wichtig: So sinnlos es auch erschienen sein dürfte, bei Nuggets oder Pommes rumzusitzen und zu erzählen und eine Cola zu trinken und aus dem Fenster zu schauen ... es war emotional wichtig uns hat Hoffnung gemacht und es war für uns das schöne, aufbauende Gefühl, dass diese Idylle dort NIE vorübergeht und das Leben doch noch hier und da schön sein kann, auch wenn's es mit uns selten gut meint - egal, die ganze Gesellschaft kann gegen uns gehen, wir haben Pommes frites und Mayo und Ketchup und eine Limo dazu und dann bitte noch eine, um diese trügerische Friedlichkeit noch in die Länge zu ziehen, und wir haben einen Audi 100 bzw. einen Volvo 460, das ist auch schon was, damit kann man anderen davon fahren ... und dabei die Musik hören, die uns gehört. Das war so unsere Denkweise. Ist eigentlich tragisch, wenn man das so sieht, aber es war so. Außerdem konnte man es sich leisten, selbst wenn man in der Lehre nicht so dicke verdient hat - noch eine Pommes klein für einen Euro war immer machbar und wurde meist mit extremer Langsamkeit verspeist, damit man nicht aus dem Haus und in das Auto musste (so gern man seine alte 500-Euro-Karre hatte) und die Gewissheit spürte, dass man jetzt wieder nach Hause fährt und es von vorne los geht.
Da habe ich ganz viel mitgenommen und es dürfte aus Sicht der immer ach so vernünftigen "Erwachsenen" immer noch hirnrissig und doof sein, was wir damals vollführt haben, für uns war es aber wichtig und es war garantiert nicht sinnlos. Es hat uns aufgebaut, gab uns Kraft, Hoffnung und Lebensfreude in einer Zeit und Umgebung, in der wir nicht viel zu lachen hatten und in der wir für die meisten Abschaum gewesen sind; wir waren für die "Vernünftigen" und die "Christlichen" und die, "die was auf sich hielten" Leute, bei denen man sich schämte, wenn man sie gekannt hat & als ich beruflich erfolgreich wurde, war ich mehr oder weniger reich gewordener Abschaum - bis ich halt so einer war, an dem sie nicht mehr vorbeikamen, dann war ich der "hoch-hoch-hoch-studierte tolle Redakteur, der immer so nett ist und dabei doch so bescheiden blieb", ich kenn' die Litanei.
Ich weiß, wo ich herkomme und wie es damals lief - das hatte alles schon seinen Sinn, auch wenn es oft ein Kampf ums reine Überleben gewesen ist - und ich bin heute der Erwachsene, von dem ich mir sicher bin, dass ich ihn als Jugendlicher sehr gemocht hätte. Und ich würde heute nie einem Jugendlichen unterstellen, dass er seine Zeit mit Blödsinn verplempert ... ich wollte nie einer "von denen" sein, die uns damals wie Abschaum behandelt hatten und für die wir das auch gewesen sind - ich glaube, es ist mir gelungen ... und wenn nicht, lasse ich mich gern korrigieren.
Nee, also, komplett sinnlos war eigentlich nichts. Klar, man kann sicherlich darüber streiten, ob so mancher Partyexzess wirklich sinnVOLL war. Oder so manche geschwänzte Unterrichtsstunde. Oder so ein paar Aktionen und Erlebnisse, wo mehr Glück als Verstand im Spiel war, dass da nichts schlimmes passiert ist.
Aber letztendlich hat mich mein Weg durchs Leben an den Punkt geführt, an dem ich heute stehe. Und mit diesem Leben bin ich wirklich sehr zufrieden und glücklich!
Zudem gehe ich auch einfach nachsichtig mit meinem jüngeren Ich um :). Es ist total normal, dass man in jungen Jahren Dinge ausprobiert, neugierig ist, Grenzen testet. Genau dieses Austesten braucht's ja aber irgendwo auch, um die Grenzen des Akzeptablen zu erkennen, aus Fehlern zu lernen und dadurch letztendlich zu wachsen. Würde ich in der Zeit zurückreisen können, gäbe es da also so im Rückblick nichts, von dem ich meinem jüngeren Ich komplett abraten würde.
Es war sinnlos, dass ich nicht mehr Erfahrungen gesammelt habe, nicht mehr Beziehungen eingegangen bin, nicht mehr gereist bin, nicht mehr Spass hatte.
Ich habe einfach zu oft meine Zeit sinnlos verschwendet, obwohl ich hätte abenteuerlicheres erleben können.
Im Nachhinein würde ich jede freie Minute mit Freunden und Partnern verbringen anstatt faul zu sein.
Das Abitur war sinnlos. Menschen mit Hauptschulabschluss haben mehr erreicht als ich. Blödsinn habe ich nicht wirklich gemacht, aber ich kam jedes Wochenende und fast jeden Tag in den Ferien besoffen nach Hause.