Altes Auto mit sehr geringem Kilometerstand kaufen - was meint ihr?

11 Antworten

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Ich habe immer solche Autos gefahren, Highlight war ein Ford Mondeo, Vorbesitzer geboren 1910 und 1923. Der erste Besitzer gönnte sich den Wagen mit 83 Jahren, der Zweitbesitzer unterschrieb mit 76 Jahren den Kaufvertrag für den damals 12.000 Kilometer gelaufenen sechsjährigen Ford. Ich hatte den Ford gekauft, als er 18 Jahre alt war und 98.000 Kilometer gelaufen war. Und ich bin dieses Auto noch einige Jahre lang gefahren und war sehr zufrieden.

Allerdings sollte man aufpassen: Ich kenne die Geschichte eines neun Jahre alten Mazda 323 (das Modell aus den 80ern) eines sehr alten Frankfurter Rentners, der gleichsam eben erst 11.000 Kilometer auf der Uhr hatte ------> auf der Probefahrt riss der Zahnriemen, nachdem der Interessent auf der Borsigallee beschleunigte und rund 70 gefahren ist. Vorher ist der Mazda wahrscheinlich nie außerhalb Frankfurter Vorortstraßen bewegt worden und hat Straßen wie die Borsigallee nur vom Trailer aus vor der Auslieferung gesehen.

Ich habe vor einigen Jahren zudem einen über 20 Jahre alten Mercedes 190E 1.8 mit 95.000 Kilometern gesehen: Optisch war der super, komplett (!) rostfrei, innen auch wie neu, hatte aber dafür einen Wartungsstau lang wie die Weser vor dem Bremer Werk ------> Erklärung: Der Vorbesitzer war jenseits der 90, nutzte den 190er immer seltener und nur für ganz ganz geringe Kilometerdistanzen, Wartung fand seit Jahren nicht mehr statt. Auf Rückfrage erklärte der Senior, dass seine örtliche freie Werkstatt ihm ausdrücklich von Ölwechseln alle 1-2 Jahre abriet und er daher zwar alle 10.000 Kilometer das Öl wechseln ließ, aber dann eben teilweise acht Jahre dazwischen lagen.. letzter Ölwechsel war laut dem mir vorliegenden Serviceheft bei 90.000, aber eben sieben Jahre eher; seitdem wurde außer Tanken und TÜV nix mehr erledigt und so fuhr der Wagen sich auch: Da hätte sehr sehr viel Geld reinfließen müssen, damit er einigermaßen verkehrstauglich gewesen wäre; Bremsflüssigkeit und Kühlmittel waren Marke "Asbach uralt", die Reifen von 1997 (!) aber voll profiliert, der Wagen zog schlecht, Kühlwasser verlor der auch irgendwo (Schläuche usw. porös, glaubhafter Kommentar der Werkstatt laut Senior: Dann kippt man halt nach, für die paar Kilometer muss man nix tauschen) ------> Kurzum, leider trotz der tollen Optik ein Bastler- oder Exportauto, selbst für 1500 Euro, die der Senior noch wollte, nicht akzeptabel. Ein Freund von mir hat den für 1300 wegen der tollen Karosserie zum Ausschlachten gekauft und die Blechteile, Scheiben, das Interieur und die Leuchten usw. entfernt, der Rest ging in die Presse, technisch war der Wagen schlecht. Sogar der Ölmessstab war verrostet, weil er fast kein Öl mehr hatte und nie jemand geschaut hat: Der alte Mann konnte es nicht, die Werkstatt lehnte ab; wird schon genug Öl drin sein, er fährt ja nix.

So etwas muss nicht sein ----> und oft genug gibt es alte Leute, die von den Werkstätten mit dem Hinweis auf geringe Laufleistungen davon abgebracht werden, dringend nötige Service- oder Einstellarbeiten vornehmen zu lassen oder denen eine geschäftstüchtige Firma das falsche (teure) Öl einfüllt. Mein früherer Opel Omega (Vorbesitzer geboren 1926) etwa lief beim Kauf mit 5W-30. Mit diesem unsinnigen Saft lief der Wagen unrund, hatte einen nennenswerten Ölverbrauch sowie Kaltstartprobleme; als ich ihn auf ein 10W-40 umstellte, gehörte das alles der Vergangenheit an.

Auch hatte ich neulich erst mit einem Mercedes C180 (W202) zu tun: Baujahr 1997, 73.000 gelaufen, zweite Hand - altersbedingte Führerscheinrückgabe. Scheckheft raus, Ölwechselzettel kontrolliert - letzter Service 2013 bei knappen 60.000 Kilometern, immerhin bei Mercedes - Anruf beim Vorbesitzer nach weiteren Wartungen seitdem: Nee, da wurde nix mehr gemacht, 75.000 wäre ja noch weit hin. Ich zog eine Ölprobe - Hilfe, was ist das für ein Saft?! Sofort habe ich den Ölwechsel mit Filter und die große Inspektion erledigt. Ansonsten wäre hier auch was passiert, hätte sich da jemand reingesetzt und wäre losgefahren. Auf der Kraftfahrstraße hätte es den Motor zerlegt.

16 Jahre alte, vollprofilierte, aber steinharte Reifen am 5er-BMW (E39) eines 1929 geborenen Mannes gedenken mir auch noch gut ... da muss man schon sehr stark aufpassen.

Wenn man diese A-Klasse erstmal einfährt, zuvor eine frische große Inspektion (ruhig ASSYST C, der deckt alles ab) durchführen lässt oder als begabter Selbermacher in Eigenregie durchführt, ggf. neue Reifen aufzieht und den Wagen schonend an die neuen Einsatzbedingungen gewöhnt, kann das schon gehen, aber es ist auch eine Frage des Preises. Das ist "nur" eine alte A-Klasse, womöglich ein Classic ohne Klimaanlage, und kein Auto, das viel Geld wert ist oder jemals wert sein wird. Gut ist, dass er offenbar bei Mercedes durchgehend gewartet wurde. Darf ich fragen, was er kosten soll?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
QWERTZ677 
Fragesteller
 27.06.2023, 20:54

Herzlichen Dank für die Antwort :-) Damit hast du mir sehr weitergeholfen.

Mein Kumpel hat ein eigentlich sehr faires Angebot gemacht, ich würde das Auto für 6.900€ „zum Einkaufspreis“ bekommen. Es ist ein kometgrauer Avantgarde mit hellgrauer Innenausstattung, dem kleinen Audio 5 CD-Radio, Parktronic-System und Lamellendach. Optisch steht er wirklich wie ein Neuwagen da, es lässt sich soweit auch gar keine Nachlackierung feststellen.

Grüße!

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rotesand  27.06.2023, 23:32
@QWERTZ677

6.900 Euro sind für eine 2005er A-Klasse objektiv viel Geld, aber es klingt angesichts der Eckdaten fair.

Danke für den Stern!

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QWERTZ677 
Fragesteller
 28.06.2023, 21:50
@rotesand

Vielen Dank für deine Einschätzung. Ich finde den Preis auch durchaus fair, das Auto kann man bestimmt noch lange bedenkenlos fahren, ohne großartige Probleme (diesmal plane ich tatsächlich mal etwas langfristiger ;-) ). Mit dem angeblich recht anfälligen Automatikgetriebe habe ich zwar noch keine persönliche Erfahrung, der Zweiliter-Dieselmotor ist aber womöglich noch nichtmal richtig eingefahren.

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Das Fahrzeug wurde in all den Jahren nun mal sehr wenig gefahren. Demnach wurden sowohl Motor, Getriebe und alle anderen Teile auch nur wenig in Anspruch genommen.
Der lückenlose Service lässt auch vermuten, dass technische Mängel wohl weniger zu erwarten sind.
Eine Arbeitskollegin fährt das gleiche Fahrzeug (m. W. seit 2006) auch und hat keine nennenswerten Probleme damit.
Nach deiner Schilderung sollte es (hoffentlich) keine Probleme geben.

Wenn der Zustand und der Preis gut ist kann man den durchaus kaufen.

Und wenn es einige Standschäden gibt lassen die sich reparieren.

Du kannst halt nicht erwarten dass alles gleich problemlos bleibt

Kaufen und glücklich sein. Hatte auch mal einen Fiat Uno gekauft, der in 6 Jahren nur 15.000km gefahren war. Quasi die vergrößerte Einkaufstasche einer älteren Dame. War damals eines meiner ersten Autos und hat tadellos funktioniert.

Mein Mercedes Benz war, als ich ihn gekauft habe, für das Modell, und das Alter auch mit sehr wenig Kilometer dagestanden.

Grund war, dass es ein reines Sommerauto war, und der Vorbesitzer das Auto nur bei Schönwetter, im Sommer gefahren ist. Trotz dem Alter war er im Jahreswagenzustand.

Durch Mercedes Benz habe ich während der Inspektion erfahren, dass das Auto regelmäßig gewartet wurde. Lückenloses elektronisches Scheckheft.

Das einzige was ich hatte, nach der langen Standzeit war die Klimaanlage fast leer. Und kleiner Tipp: Die alte A-Klasse rostet gerne, insbesondere die hinteren Kotflügel, sowie hintere Bremsschläuche. Ebenso hat meine damalige A-Klasse hintere Kennzeichenbleuchtungsbirnen regelrecht gefressen.