3 jährige Nichte ist frech und bockig?

7 Antworten

Die 3-Jährige benimmt sich also, wie eine Dreijährige. Ja, das ist ganz normal. Manche Kinder machen es extremer als andere, aber alle Kinder entdecken ab diesem Alter so langsam ihre Autonomie. Man nennt es folglich auch Autonomiephase (früher: Trotzphase). In diesem Entwicklungsschritt erkennen die Kinder, dass sie eine eigene Persönlichkeit sind. Dass sie etwas bewirken können. Sie sind selbstwirksam. Wenn sie etwas tun, gibt es eine REaktion bei anderen Menschen. im guten, wie im schlechten Sinne. Das spielt auch erstmal keine Rolle. Eigentlich ist es erstmal ein Kompliment, dass deine Nichte bei ALLEN gleich reagiert. Denn Kinder lernen auch früh, was "zu Hause" ist, und was nicht. Zu Hause sind die engsten Bezugspersonen. Hier kann man so sein, wie man wirklich ist. Hier darf man seine GEfühle leben und zeigen. Daher ist es auch ganz normal, dass sich Kinder bei den eigenen Eltern (oder auch nur der Mutter) schlechter benehmen als z.B. bei den GRoßeltern oder im Kindergarten. Dass ihr Verhalten überall gleich ist, zeigt, dass sie sehr viel Vertrauen zu euch allen hat.

Das weitere ist, dass alle Kinder egozentrisch sind. Sie können gar nicht anders. Si lernen gerade erst ihre Person kennen und verstehen und in andere Menschen können sie sich nicht reinversetzen. Sie sehen andere nur durch ihre eigene Brille und für sie ist es daher selbstverständlich, dass andere genau das gleiche Empfinden und die gleichen Bedürfnisse haben, wie sie in dem Augenblick. Sie will das Spielzeug der anderen Nichte haben? Die andere Nichte kann ja auch nur wollen, dass sie das Spielzeug hat.

Es ist für deine Nichte jetzt der wesentlcihste Lernprozess, ihre eigene PErsönlichkeit zu verstehen. Und eine Idee davon zu bekommen, dass andere Menschen auch Persönlichkeiten mit GEfühlen und Co sind. Ihr müsst ihr nun immer wieder ihre Gfühle und Bedürfnisse spiegeln, damit sie Worte für diese hat. "Du bist wütend, weil... Du hattest dir vorgestellt xy zu bekommen. Das geht jetzt aber nicht, weil - eigenes Bedürfnis benennen oder Konsequenz usw."

Z.B. wenn du mich schlägst, dann tut mir das weh. Dann mag ich nicht mehr mit dir spielen. Dann verlasse die Situation. So mache ich es momentan mit meinem Sohn. Eigentlich neigt er nicht dazu, Wut körperlich auszuleben. Aber er testet Grenzen und die körperliche Grenze ist eine der offensichtlichsten. Kinder lernen schnell, dass andere nicht geschlagen werden wollen, wenn sie ihre Selbstwirksamkeit erleben wollen, macht es also sinn, genau die Grenze zu testen, die man kennt und leicht erreichen kann. Ich denke, mein Verhalten zeigt inzwischen wirkung. Er testet es weit weniger.

Auch macht es Sinn, wenn sie vor allem zu Wut neigt, ihr auch etwas vorzuleben, diese Wut zu zeigen. Wut ist ein sehr aktivierendes Körperliches Gefühl und muss auch so kanalisiert werden. Sie kann stampfen oder sich schütteln, ein Wutball werfen oder vielleicht auch mal schreien. Macht ihr das vor. Es ist an sich sinnvoll, wenn ihr Nein sagt und konsequent bleibt, dem Kind nach der Wutspitze einen Ausweg anzubieten. So wie Erwachsene wollen auch Kinder nicht einfach einlenken. "Du hast Recht" ist auch für Erwachsene eines der schwersten Sätze und wird wie ein GEsichtsverlust empfunden. Biett dem Kind einen Ausweg aus seiner Situation, ohne dass es "klein" beigeben muss. Macht einen alternativen Handlungsvorschlag.

Generell solltet ihr euch auch ehrlich fragen, ob Grnzen testen und übergehen, der einzig WEg für die Nichte ist, eure Aufmerksamkeit zu bekommen. Gerade wenn es noch jüngere Kinder gibt, haben ältere manchmal gar keine andere Chance, ihr eigenes Bedürfnis nach nähe und Aufmerksamkeit erfüllt zu bekommen als sich falsch zu benehmen. Lieber negativ Aufmerksamkeit als gar keine.

Zum Thema Teilen bin ich selbst recht zwiegespalten. Wir fordern von unseren Kindern immer, dass sie teilen. Sie sollen ja nicht geizig werden oder egoistisch. Würden wir denn selber teilen? Unsere Kleidung? Das Auto? Wie ist es mit dem Handy? Eher nicht, oder? Jedenfalls nicht mit jedem. Die Person, die meine Hosen anzieht oder mein Auto fährt, will ich dann doch sehr gut kennen und ihr vertrauen. warum fordern wir es von unseren Kindern? Wer entscheidet, dass manche Dinge persönlicher/ privater sind als andere? Gerade für Kinder ist es normal, sich mit Spielsachen auch zu Identifizieren. Sie betrachten es als ein Teil ihrer selbst. Und ich finde, sie haben auch ein Recht dazu über IHRE Spielsachen auch zu verfügen und zu entscheiden, ob, mit wem und was sie teilen. Es wird eine handvoll Spielsachen geben, die so persönlich sind, dass das Kind nie wollen wird, das andere damit spielen. Das kann man respektieren und auch im Vorfeld bevor besuch kommt, diese wegpacken. Kinder lernen auch schnell, dass das Spielen mit anderen Kindern mehr spaß macht, wenn auch die Spielsachen da sind und geteilt werden. Viele werden von alleine dann ihre Spielsachen wieder hervorholen. Und als Erwachsener kann man auch für Besuchskinder eine eigene Spielzeugkiste anlegen. es muss ja nicht alles dem Kind gehören. Vielleicht gibt es eh Spielsachen, die weitervererbt wurden, dann gehörn sie ja den Eltern und das kann man auch so kommunizieren. "Du willst nicht, das Paul mit deinen Spielsachen spielt? Okay. Aber Paul darf mit meinen SPielsachen spielen."

Das ist kein ungewöhnliches Verhalten.

Das Kind ist nicht in der Lage, seine Frustration zu regulieren und zu kontrollieren. Man muss die Sache mit Verständnis und mit Humor nehmen.

Und ganz wichtig: auf einer Augenhöhe mit dem Kind reden und seine Gefühle anerkennen: "Du bist gerade sauer, weil du XY nicht bekommst. Das verstehe ich, aber das machen wir jetzt so." Es hilft schon ein wenig Kuscheln bei einer Weinattacke, ggf. (das aber nur selten verwenden, sonst lernt das Kind nicht, mit dem Gefühlssturm umzugehen) hilft auch eine Ablenkung durch eine spaßige Beschäftigung.

Das Kind ist nicht "frech". Frech würde bedeuten, das Kind mache das, um dich zu ärgern. Aber so ein komplexer Handlungsrahmen liegt hier noch nicht vor. Es befindet sich noch in der egozentrischen Phase.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Externe Lehrkraft an einer Grundschule
Hello55529455 
Fragesteller
 23.07.2023, 18:23

Danke, werde ich meiner Schwester sagen

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Ist schwer Kleine Kinder hinzusetzen und mit denen zu reden aber würde auf jeden fall versuchen ihr es einfach so gut es geht zu erklären was sie falsch macht und auch die Gefühle der anderen mit einbeziehen, vielleicht versteht sie es dann besser.

Und wenn reden nicht funktioniert dann wäre es eventuell gut ihr auch mal Sachen zu verbieten wenn sie sich daneben benimmt.

Rocker73  23.07.2023, 18:23

Sachen zu verbieten, ist absoluter Unfug und bringt so gut wie gar nichts, wenn es ohne Konzept und guter Begründung ist.

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cveerry  23.07.2023, 18:24
@Rocker73

Sachen verbieten weil man sich nicht benimmt ist eine gute Begründung. Und wenn das reden nicht klappt ist es die einzige Lösung. Sowas nennt man Disziplinieren.

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Rocker73  23.07.2023, 19:04
@cveerry

Man kann jederzeit dazulernen, auch in der Erziehung.

Es ist nicht effektiv und vergiftet das Miteinander; Machtmissbrauch ist das und die Unfähigkeit der Eltern, konstruktiv Lösungen zu finden und sich erwachsen zu verhalten.

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cveerry  24.07.2023, 18:57
@Rocker73

Du kannst sagen was du möchtest, ich bleibe bei meiner Meinung.

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Ich nehme es ernst und mit sowas muss man leben, wenn man Kinder möchte.

Solche Phasen sind noch viel länger normal bei Kindern, alles altersgemäß.

Losona  23.07.2023, 18:22

Natürlich muss man das Schlagen immer wieder unterbinden und Kontra geben, aber ohne Verurteilung, ohne Misshandlung. Und der jüngeren das Spielzeug zurückgeben.

Das muss man halt oft machen.

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Da muss deine Schwester etwas unternehmen. Anscheinend setzt sie deiner Nichte keine oder kaum Grenzen und sie sind voll wichtig. Denn mit 3 Jahren verstehen die Kinder ziemlich viel. Daher kann deine Schwester garantiert einiges ändern.