Offensichtlich fahruntüchtige Fahrerin gestoppt - bin ich der A*sch?
Folgender Sachverhalt:
Mir ist ein PKW aufgefallen, der innerorts nahezu Schrittgeschwindigkeit fuhr. Dachte mir erst nichts dabei, bin nach kurzer Zeit abgebogen und eine andere Straße gefahren. Es hat mir aber irgendwie keine Ruhe gelassen, da die Fahrweise einfach derart auffällig und ungewöhnlich war, dass ich entweder Alkoholisierung oder ein medizinisches Problem vermutet habe.
Ich wusste, wo die Fahrerin rauskommt, wenn sie ihrer Straße weiter folgt. Bin entsprechend einen Umweg gefahren und habe sie wie vermutet angetroffen, sie kam mir mit geschätzt 20 bis 30 km/h bei erlaubten 60 entgegen. Habe mich dann dazu entschlossen, umzudrehen und hinterherzufahren.
Im nächsten Ort (PKW hat bis heirhin 6,6 km zurückgelegt, ich zeitgleich 22,1 km) fuhr sie wieder mit Schrittgeschwindigkeit, hat wieder andere behindert und musste ständig in Parkbuchten fahren, damit der sich stauende Verkehr abfließen konnte.
Da ich mit dem Motorrad unterwegs war, konnte ich nicht einfach den Notruf wählen. Habe das Fahrzeug dann überholt und auf einem Parkplatz weiter vorne zwei Leute angesprochen, ob sie mit hinterherfahren und den Notruf absetzen können. Als das Auto währenddessen an uns vorbeigeschlichen ist, haben sie mir auch direkt Recht gegeben und sind ebenfalls gleich hinterher.
Als der PKW im nächsten Ort wieder angehalten hat, habe ich mein Motorrad davor gestellt und die anderen angewiesen, ihr Fahrzeug dahinter zu stellen, währenddessen habe ich selbst den Notruf abgesetzt, da die anderen ortsunkundig waren.
Der andere Fahrzeuginsasse wurde sofort aggressiv, unterstellte mir "Nötigung und Freiheitsberaubung". Wie auf dem Bild zu sehen ist, hätte dort ein LKW ausparken können. Lediglich während dem Notruf stand ich vor dem Fahrzeug, um das Kennzeichen durchzugeben und die Fahrerin zu beschreiben. In der einen Stunde(!), die es gedauert hat, bis die Polizei kam, hätte die Fahrerin jederzeit wegfahren können, wenn sie gewollt hätte. Wie man sieht, saß ich bis zum Eintreffen der Polizei sogar auf einer Rastbank mehrere Meter entfernt.
Zwischenzeitlich wurden Leute aus einem nahegelegenen Biergarten auf die Schreierei des Beifahrers aufmerksam und haben sich direkt mit ihm solidarisiert, nach dem Motto, wir "scheiß Motorradfahrer" wollen ja nur rasen und wenn jemand dann mal "etwas langsamer" fährt, beschweren wir uns noch. Ich hätte nicht das Recht, jemanden anzuhalten, was ich mir denn überhaupt einbilde usw, man würde bei Bedarf sofort gegen mich aussagen und mich der Nötigung bezichtigen.
Beim Eintreffen der Polizei gings dann seitens des Beifahrers auch direkt los, dass er Anzeige erstatten will, meine Personalien wissen will usw usf. Die Polizei hat sich dafür aber nicht wirklich interessiert.
Der Alkohol- und Drogentest waren negativ, die Fahrerin begründete ihr wirres Verhalten dann damit, dass sie "die schönen Häuser und die Landschaft" angeschaut haben, während sie sich gleichzeitig darüber beschwerte, dass sie keine Zeit hat und dringend zu einem Termin muss. Sie hat also gegenüber der Polizei ihre Fahrweise offen eingeräumt.
Ich habe noch darum gebeten, dass die Polizei die Situation vor Ort fotografiert, um eine angebliche Nötigung zu entkräften, aber der Polizist hat nur geschmunzelt und meinte, das brauchts nicht, er schreibt das schon passend in seinen Bericht.
Leider mussten sie sie letztendlich weiterfahren lassen, da niemand gefährdet wurde und keine Straftat vorläge. Sie sind ihr dann trotzdem noch hinterhergefahren, ich weiß allerdings nicht, was daraus wurde, da sie irgendwo abgebogen sein müssen.
Wie beurteilt ihr den Sachverhalt? Bin ich nun der Übeltäter, weil ich eine vermutete Gefahr abwenden wollte? Hätte ich die Situation ignorieren sollen, um evtl am nächsten Tag zu lesen, dass es einen tödlichen Unfall mit einer senilen oder betrunkenen Rentnerin gab? Stellt das Verhalten (extremes Langsamfahren mit vorsätzlicher Behinderung anderer, um "schöne Häuser anzuschauen") nicht bereits eine Nötigung dar, die mir sogar erlaubt hätte, die Fahrerin tatsächlich festzuhalten, wenn sie hätte wegfahren wollen?
Nach dem Erlebnis und dem schieren Hass, der mir entgegen geschleudert wurde, frage ich mich, ob es nicht besser wäre, sich bei sowas künftig rauszuhalten...
13 Antworten
Auch von mir ein 👍 für deine Courage.
Nein, du hast niemanden am Weiterfahren gehindert und angehalten hat die Fahrerin selbst (und das bereits einige Male davor).
In diesem Fall lag keine Trunkenheit am Steuer vor, aber vielleicht beim nächsten Mal?
Ich hätte nur Sorge, dass so ein aggressiver Beifahrer handgreiflich werden könnte. Deshalb hätte ich die Polizei gerufen, Kennzeichen und Fahrtrichtung angegeben. Vielleicht wäre ich hinterher gefahren, um ggf. beim Abbiegen die neue Position durchzugeben.
Zu deiner Frage: nein, du bist kein Arsch.
Ich finde, dass du richtig gehandelt hast. Es hätte ja durchaus eine Alkohol- oder Drogenmissbrauch vorliegen können und die Polizei hat das ja offenbar ebenfalls so gesehen. Dass die Polizei aber eine ganze Stunde braucht um am Einsatzort einzutreffen ist allerdings schon krass und sollte so nicht sein.
Ja, hat mich auch gewundert. Ich habe nach einer Stunde nochmal angerufen und gefragt, ob man die Streife vielleicht in den falschen Ort geschickt hat. Es lag aber letztendlich daran, dass es zeitgleich noch Unfälle mit Personenschaden gab, die erstmal wichtiger waren.
Grundsätzlich finde ich es gut, Menschen der Polizei zu melden, wenn man selbst den Verdacht hat dass die Person eine Gefahr für sich oder andere sein könnte.
Das war in dem Fall für mich absolut gegeben. Völlig egal was dabei am Ende rauskommt.
Einzig und allein vor das Auto hätte ich mich mit einem Motorrad nicht gestellt. Denn man weiß nie, weshalb die Person so langsam fährt. Alkohol, Drogen, Alter?
Vielleicht nimmt sie dich deswegen nicht wahr und fährt dich um.
Aber im Großen und Ganzen danke für dein einschreiten. So wie sie sich aufgeregt hat und herumgeschrien hat, ist eine Meldung an die Fahrerlaubnisbehörde wohl zu erwarten.
lg
Einzig und allein vor das Auto hätte ich mich mit einem Motorrad nicht gestellt. Denn man weiß nie, weshalb die Person so langsam fährt. Alkohol, Drogen, Alter?
Ja, das war rückblickend nicht optimal, aber mir gings in dem Moment nur darum, dass sie nicht gleich wieder losfährt, wenn sie sieht, dass hinter ihr keiner mehr fährt. So habe ich mich eben kurzerhand davorgestellt und bin zum Auto, so dass ich sicher sein konnte, dass sie mich wahrnimmt.
Zivilklage geht immer. Du hast ihnen 1h Zeit geraubt.
Ich wäre aber auch einfach weiter gefahren, an ihrer Stelle.
Die Zeit haben sie sich im Grunde selbst genommen. Wie du sagst, sie hätten ja fahren können. Ich wäre nicht vors Auto gesprungen.
Ich weiß gar nicht, wieso du dir da so viele Gedanken drüber machst. Lass die Alte doch reden. Die hat offenbar nicht mehr alle Latten am Zaun.
Sie hat eine zumindest abstrakte Gefahr dargestellt, du hast die Polizei gerufen, bist sogar dran geblieben. Das ist schon mehr, als man von 95% der Bürger erwarten kann. Alles richtig gemacht. Mehr gibt‘s dazu eigentlich nicht zu sagen.
Gruß, B.
Danke für die ehrliche Meinung. Es hat mich nur etwas verunsichert, dass ich von allen Seiten als der Täter hingestellt werde, während die Fahrerin sich keinerlei Fehlverhalten bewusst ist und sogar noch Zuspruch dafür bekommt, dass sie nicht auf die Straße schauen kann, weil da Häuser stehen.
Was mir im Nachhinein noch eingefallen ist, wäre ein Satz von mir zu den beiden Zeugen, gleich nachdem wir angehalten hatten: "Stellt euch mal dahinter, falls sie wegfahren will". Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, was hier vor sich geht und ob man evtl wirklich einen betrunkenen Fahrer am Wegfahren hindern muss.
Das hat sich dann ja schnell erübrigt, da der Beifahrer schon ausgestiegen ist, noch bevor ich mit der Leitstelle verbunden war. Dadurch, dass er dann ewig diskutieren wollte, war das Thema "Weiterfahrt" ohnehin erledigt, und von einem Zuparken kann meiner Ansicht nach auch keine Rede sein.
Wenn ich deswegen zu einer Vernehmung muss, ist das halt noch mehr unnötiger Stress. Deine Kollegen haben mich jedenfalls nichtmal zur angeblichen Nötigung befragt und mich auch nicht als Beschuldigten belehrt. Hoffe, dass die Fahrerin und ihr Begleiter wenigstens so vernünftig sind und ihr Fehlverhalten einfach einsehen anstatt im Nachhinein noch zu versuchen, mir wegen ihrem verletzten Stolz noch etwas anzuhängen.