Label = Schubladendenken? Wie werden Begrifflichkeiten innerhalb und außerhalb der queeren Community empfunden?
Ich bin selbst queer und ich weiß, dass es keine Pflicht ist, sich ein Label zu geben, weshalb ich es selbst auch bzgl. meiner Sexualität nicht tue und mich sonst auch eher einfach in Richtung -flux verorte. Ich verstehe, dass es wichtig sein kann, sich zugehörig zu fühlen und beschreiben zu können "was bzw. eher wer" man ist, aber für mich persönlich ist das überhaupt nicht wichtig. Ich schiebe das darauf, dass ich mich als cassgender identifiziere und es mir also egal ist, wie man mich anspricht (solange es respektvoll ist, versteht sich), für mich kommt auch keine Art Coming-Out in Frage. Für mich persönlich hat das alles einfach nie so eine große Rolle gespielt. Auch ohne den Begriff "cassgender" wäre ich ich, über ihn gestolpert bin ich nur, da ich mich mehr mit Geschlechtern und Sexualitäten in ihrer Diversität befasst habe.
Meiner Meinung nach hat einfach jeder ein anderes Erleben seiner Sexualität und seines Geschlechts, für jeden sind diese Dinge unterschiedlich und anders wichtig. Ich würde einfach gerne wissen, inwiefern andere sich durch Begrifflichkeiten bestärkt fühlen, oder inwiefern sie für andere wichtig sind, was sie mit einem machen, weshalb und ob man sich mit ihnen wohl-, oder ohne sie wohlerfühlen würde.
Außerdem habe ich nun schon öfter Kritik an den ganzen Begrifflichkeiten gehört, im Sinne davon, dass sie nur Schubladendenken befördern würden und dadurch gerade das tun, was man eigentlich vermeiden will. Ich sehe da beide Seiten, aber mich würde interessieren, wie das von anderen - besonders aus der queeren Community - wahrgenommen wird.
Im Grunde suche ich also auf mehrere Fragen Antworten. Über ausführliche Begründungen freue ich mich natürlich. Man kann auch respektvoll Kritik an etwas üben und dafür würde ich gerne Raum geben.
(kurzer Reminder an alle Queerphoben, oder Leute, die die Existenz queerer Menschen verleugnen - eure Meinung wird hier nicht benötigt, denn ich bin mir zu 100% sicher, dass ich existiere und dass jede Sexualität/jedes Gender existieren darf (solange sie niemandem schadet, aber das zählt dann auch überhaupt nicht ins queere Spektrum))
6 Antworten
Ich würde einfach gerne wissen, inwiefern andere sich durch Begrifflichkeiten bestärkt fühlen, oder inwiefern sie für andere wichtig sind, was sie mit einem machen, weshalb und ob man sich mit ihnen wohl-, oder ohne sie wohlerfühlen würde.
Ich bin trans* und irgendeine Form von bi. Bei ersterem ist mir dieses Label schon sehr wichtig, da es mir auch unglaublich geholfen hat, mich zu verstehen und dahingehend zu handeln. Bi hingegen trifft zwar irgendwie zu, tut aber sonst wenig für mich.
Ich sehe aber auch, wie solche Dinge wie poly oder gay / lesbisch den Alltag schon erleichtern können, statt ständig im Detail und in eigenen Worten ein solches Empfinden erklären zu müssen.
Außerdem habe ich nun schon öfter Kritik an den ganzen Begrifflichkeiten gehört, im Sinne davon, dass sie nur Schubladendenken befördern würden und dadurch gerade das tun, was man eigentlich vermeiden will. Ich sehe da beide Seiten, aber mich würde interessieren, wie das von anderen - besonders aus der queeren Community - wahrgenommen wird.
Es gibt durchaus beide Richtungen. Generell finde ich es gut, Konzepte benennen zu können, möchte aber ebenfalls, dass es dabei mehr Spielraum und weniger Annahmen gibt.
Alle sollten selbst entscheiden, inwiefern Labels auf sie zutreffen und ob diese helfen / für sie eine Bedeutung tragen. Am Anfang war es für mich schwer, auch darauf zu verzichten, heute komme ich gut damit klar.
So ähnlich sehen das auch die meisten queeren Menschen, welche ich hier lokal kenne.
Ich kann nicht für andere sprechen. Und schon gar nicht für queere Menschen.
Es gibt aber nicht nur für queere Menschen Labels.
Ich sehe das ganze entspannt. Wie Du selber geschrieben hast, sind einige Menschen froh sich einordnen zu können. Das gibt ihnen Halt, das gibt ihnen Sicherheit.
Das ist vollkommen Okay. Auch wenn es eventuell zu Verwirrungen kommt. Weil das Label, die Schublade nicht mehr gepasst hat, zu klein geworden ist oder was auch immer. Sprich, das es inzwischen ein neues Label gibt. Warum nicht.
Dann gibt es Menschen, denen ist das vollkommen egal mit den Labels. Die kommen ohne Labels aus, obwohl sie die sogar benennen könnten.
Und es gibt Menschen die lehnen die Labels ab, weil es viel zu viele gibt und sie nicht mehr durchblicken.
Für mich nehme ich das 2. in Anspruch. Mir sind die Labels generell egal. Ich brauch keine Labels, keine Schubladen, die sind mir alle viel zu eng.
Mir helfen diese Labels zu vertehen wer ich bin. Ich bin z.b. pansexuel, was ja im Prinzip fast das selbe wie bisexuel ist, ich fühle mich mit pansexuel aber wohler. Könnte ich das nicht definieren würde ich mir denke ständig unsicher sein... diese Labels geben mir persönlich einfach Halt.
Ich verstehe aber auch völlig wenn das jemanden nicht interessiert bzw jemand sich eingeschränkt dadurch fühlt, keine Ahnung. Ich verstehe beide Seiten, ich hoffe trotzdem das solche Labels nicht "verbannt" werden, sondern es eher akzeptiert wird wenn jemand sagt das die Person sich nicht labeln möchte. Habe es nämlich schon paar mal erlebt, dass eine Freundin von mir die sich nicht labeln möchte ausgefragt wurde "Ja aber das kann doch nicht sein?" "Sags nir doch einfach" "Dann bist du einfach bi" usw... Diese Kommentare machen mich verrückt:(
Hallo, bin, wenn ich das richtig verstanden habe, absolut deiner Meinung. Ich bin männlich, probiere aber gern vieles. Dafür brauche ich keine Kategorisierung. Zumal meine Erfahrung, vor allem hier, ist, dass egal welche Begriffe ich benutze, es Leute gibt, die dann schreiben dass seien nicht die korrekten Begriffe, und ich den Eindruck habe dass es annähernd z.B. 10 Definitionen bei 10 Leuten gibt. Wer das braucht, soll es tun, auch das zeichnet Freiheit aus. Ich weiß wer ich bin, das reicht mir.
Ein Begriff, der eine sexuelle Orientierung bezeichnet, ist ja nicht automatisch ein Label. Ein Begriff wird zu einem Label, wenn er wie ein Label genutzt wird. Prinzipiell haben derartige Bezeichnungen aus meiner Sicht durchaus ihre Daseinsberechtigung, solange sie auf einer sinnvollen und/oder objektiv logischen Grundlage basieren.
Bezüglich der Bezeichnung "queer" sehe ich keine sinnvolle oder logische Grundlage. Ich empfinde keinen Bedarf an einem Sammelbegriff, der Menschen, die hinsichtlich ihres Geschlechts oder ihrer sexueller Orientierung von der Norm abweichen, zusammenfasst und sie gegenüber ebendieser "Norm" verbal abgrenzt.
Daher ist es definitiv kein Wort, womit ich mich bezeichnen oder in Verbindung gebracht werden will. Ich möchte auch nicht von anderen Personen so bezeichnet werden und finde es nicht in Ordnung, wenn "queer" pauschal als Sammelbegriff genutzt wird.
- Ich finde der Begriff klingt seltsam und befremdlich.
- Die eigentliche Bedeutung lautet "verdreht/sonderbar".
- Der Begriff fasst Menschen zu einer imaginären Bevölkerungsgruppe zusammen und grenzt uns ab.
- Die Bezeichnung impliziert eine Spaltung der Menschen in "queer" [verdreht] und "straight" [gerade]
Solange jemand ausschließlich sich selbst und/oder Personen so bezeichnet, welche kein Problem damit haben, akzeptiere und respektiere ich das aber selbstverständlich.
Danke für die respektvolle Antwort und den Hinweis. Ich empfinde es generell ja auch als nicht in Ordnung, dass eine Art ,,Coming-Out" nur für Leute wichtig ist, die nicht der ,,Heteronormative" angehören - wenn man das so nennen kann. Es ist auf jeden Fall nicht abnormal (ich würde mich ja auch nicht als abnormal bezeichnen, nur, weil mir das Geschlecht meines Partners vollkommen egal ist), ich denke also theoretisch könnte man diesen Ansatz noch bei anderen Begrifflichkeiten anwenden. Ich habe den Begriff ,,Queer" immer irgendwie so als etwas empfunden, unter dem sich Menschen versammeln, da eben gerade diese Ausgrenzung durch die von der Gesellschaft sogenannte ,,Norm" vorgenommen wurde, also durchaus ein ,,dagegenstreben". Mein Wunschdenken wäre also theoretisch, dass weder Geschlecht, noch sexuelle Orientierung in dieser Welt eine Rolle spielen und wir Menschen einfach auf ihr Menschsein, herunterbrechen könnten, aber ich verstehe, dass ein gewisse Gegenschwung da ist und man eben genau durch dieses ,,Dagegenstreben" Aufmerksamkeit bekommen will - eben solange, bis diese Gleichberechtigung und Gleichstellung gegeben ist. Natürlich sind wir nicht alle gleich. Aber gleich viel wert.