Hat man als Professor ein schönes Leben?
Hallo
Also um Missverständnisse vorweg zu nehmen: Ich rede hier nicht von Lehrern, die z. B. in Österreich an weiterführenden Schulen auch als Professoren bezeichnet werden, ohne selbige zu sein, sondern ich rede von Universitätsprofessoren, also die an Universitäten Lehrveranstaltungen abhalten und Forschen.
Ich stelle mir das im Groben - auch wenn es sicher nicht immer 100%ig super ist - doch relativ als guten Job vor.
- man beschäftigt sich beruflich mit einem Thema das einen interessiert
- man muss nicht wie 99% der Bevölkerung 1 zu 1 täglich den gleichen Handgriff z. B. am Fließband oder in der Reinigung oder wo auch immer machen, bzw. nicht immer die gleiche stumpfsinnige Arbeit ausüben
- man hat keinen direkten Vorgesetzten der einen ständig 24/7 zur Sau macht
- man beschäftigt sich mit intellektuellen Themen und andere lesen die eigenen Werke, die man publiziert
- Im Gegensatz zu einem Lehrer hat man mit (erwachsenen) Studenten zu tun, die sich zu benehmen wissen und nicht wie Schüler die ganze Zeit nur nerven und stören
Zu meiner Person: Ich bin Lehrer an einer Mittelschule und belege nebenbei noch weitere Studiengänge, ich habe vor noch mindestens ein Doktoratsstudium abzuschließen und eine Karriere als Universitätsprofessor später einmal anzufangen. Was Arbeit angeht habe ich viel Erfahrung, ich habe ua. am Fließband und im Handel gearbeitet und das alles gehasst. Andere Menschen hasse ich ebenfalls aber ich beschäftige mich gerne mit intellektuellen Themen. Was meint ihr?
2 Antworten
Vorab: ich komme aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich. Dort hat sich der Professorenberuf in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Unikarrieren auf diesem Sektor enstehen heute vornehmlich durch "Weiterreichen": Jemand wechselt von der Schule auf die Uni und verlässt sie nie mehr. Ein richtiger Job, Erfahrung in einem "normalen" Unternehmen: Fehlanzeige. Jemand wird für herausragend gehalten und gepusht, erhält nach dem Master in Regelstudienzeit ein Stipendium und eine Doktorandenstelle, einen kurzen Auslandsaufenthalt und als Post-Doc eine Mitarbeiterstelle bei einem Drittmittelprojekt, eine Qualifizierungsstelle oder eine Juniorprofessur. Mit spätestens Mitte 35 ist so jemand Professorin (oder Professor) und publiziert am Fließband. Qualität spielt gegenüber der Quantität eine nachrangige Rolle, da Publikationen ohnedies nicht gelesen werden und weitgehend feuilletonistisch und inhaltlich wie methodisch vielfach nahezu beliebig geworden sind. Man unterstützt sich oft gegenseitig kollegial in Netzwerken, auch bei Reviews und Rezensionen.
Der alltägliche Unibetrieb sieht dann Forschung und Lehre, Verwaltung und Drittmittelakquise vor sowie den stetigen thematischen Wechsel und das Mitschwimmen mit ständig wechselnden Forschungstrends (z.B. Kulturwissenschaft, Genderforschung, Digital Humanities etc.). Man ist in der Maschine des Betriebs und eingebunden in die Universitätsstruktur. Die Gehälter sind heute geringer als bei den "alten" Professuren von früher (ganz besonders in Österreich), die heute auch viel weniger Autorität haben als noch vor einer Generation.
Insgesamt ist eine Unikarriere im deutschsprachigen Raum sehr erheblich unattraktiver als noch vor 30 Jahren. Gleichzeitig ist sie aber auch kompetitiver, riskanter und belangloser aufgrund der geringeren Wirkung und Strahlkraft. Die akademischen Gehälter in Österreich können im Übrigen nicht konkurrrieren mit den höheren Gehältern in Deutschland. Ich selbst unterrichte fast seit 20 Jahren an Universitäten (sowohl in DE als auch AT) und habe viele Jahre hauptberuflich an Unis gearbeitet. Mittlerweile bin ich in einer akademischen Position in einem "freien" Unternehmen und würde heute keineswegs (mehr) eine Professur an einer Universität anstreben.
Auch Dir würde ich abraten. Höchstens könntest Du es Dir überlegen, wenn Du einen Freund haben solltest, der Dir eine unbefristete Mittelbaustelle als Post-DOC anbieten würde, die besser bezahlt wäre als deine jetzige Position.
Dann empfehle ich Dir dringend, es zu lassen. Unbefristete Stellen "unterhalb" der ordentlichen Professur sind extrem(!) selten. Mach Deine Promotion und übernehme zwischendurch "externe" Lehrauftrage, wenn man am Institut Deine Beiträge wertschätzen sollte. Professuren werden in DE meist nach Besoldungsgruppe W3 bezahlt (sieh mal in der ZEIT/academics.de nach ausgeschriebenen Professuren), die von Bundesland zu Bundesland zwar verschieden ist, aber zwischen 7000,- und 9000,- € brutto rangiert. Österreich zahlt für eine volle Professur (Besoldungsgruppe A1) per Kollektivvertrag meist 6600,- bis 9100,- €, wobei man aufgrund des sehr langsamen Stufenanstiegs in Sechsjahresschritten die höchste Stufe kaum erreichen kann.
Ja das hat man grundsätzlich aber der Weg ist sehr steinig und die Professuren begrenzt. Manche ackern mit einem befristeten Vertrag und magerem Lohn als Doktorand schon einige Jährchen und selbst nach dem Dr. Titel hat man ja nicht direkt Ruhe...es sind wieder befristete Verträge zu erwarten mit viel VIEL Schreibtischarbeit und langen Nächten
jaja bin erst im Bachelor aber hab trotzdem nähe zu Professoren und die mageren unbefristeten Verträge & Papierkram ist ja nichts neues
"50% Bezahlung, 110% Arbeit"😜
Das mit den befristeten Verträgen mag schon sein.
50% Bezahlung von was meint du?
Ein Professorengehalt ist schon recht üppig, zwar nichts wo man schnell reich wird aber netto schon so an die 5000€ im Monat soweit ich weiß.
achso das ist auf diese 50% Stellen bezogen.
Ich hab nur den Weg dahin schlecht geredet, als Professor hat man alles geschafft. Als Beamter genießt man dann noch alle Vorteile...hat Ansehen..
Bei einer vollen Professur hast Du ein volles W3 Gehalt. Aber wissenschaftliche Stellen (sehr oft) und manchmal (selten) sogar auch Professuren werden heute nur mehr in Teilzeit ausgeschrieben bei entsprechender Minderbezahlung. Ich brauche nicht betonen, dass eine Minderarbeit unterhalb von 100% dennoch ausgeschlossen ist.
Danke für die Antwort bzw den Einblick.
Dazu hätte ich noch ein paar Fragen:
Wie hoch sind die Gehälter in etwa? Also wie viele Euro (brutto oder netto) ist da für eine Vollzeitstelle realistisch? Nur damit ich das in etwa einschätzen kann.
Das was du hier nennst, das Publizieren von jeder Menge qualitativ nicht besonders spannender Publikationen, die kaum jemand liest, kann ich mir gut vorstellen.
"Höchstens könntest Du es Dir überlegen, wenn Du einen Freund haben solltest, der Dir eine unbefristete Mittelbaustelle als Post-DOC anbieten würde, die besser bezahlt wäre als deine jetzige Position."
Nein, in meinem Umfeld habe ich leider keine "nützlichen" Personen, die mir da helfen können.