Gibt es Crash-Kurse bevor jemand Minister oder Kanzler wird, oder kann man das ungelernt machen?

7 Antworten

Was meint ihr?

Ich meine, dass du keine wirkliche Ahnung hast, was die Aufgabe eines Ministers ist.

Ein Politiker wird in aller Regel durch seine Mitarbeit im Parlament auf seine Tätigkeit als Minister vorbereitet. I.d.R. sitzen Politiker als MdBs bereits Jahre vor ihrer Berufung in den entsprechenden Ausschüssen und befassen sich dort regelmäßig mit der entsprechenden fachlichen Seite der Politik. Konkretes Beispiel: Annalena Baerbock war ewig im Ausschüss für Europapolitk und im Ausschuss für Umweltpolitik. Zwei Fachgebiete, die einen durchaus auch auf die fachliche Herausforderung als deutsche Außenministerin vorbereiten. Mal abgesehen davon, dass in diesen Ausschüssen durch die entsprechenden Ministerien regelmäßig Bericht erstattet wird, d.h. lange bevor man selbst Minister wird, bekommt man sehr genau mit, wie die Ministerien funktionieren, wer dort arbeitet und wie die Zusammenhänge sind.

Ein Minister hat die Aufgabe sein Ministerium politisch zu führen. Unterstützt wird er dabei von Staatssekretären. Jedes Ministerium hat mehrere Staatssekretäre und davon gibt es parlamentarische bzw. politische Staatssekretäre, die den Minister bei der politischen Führung und Vertretung des Ministeriums unterstützen und es gibt beamtete Staatssekretäre, das sind Personen die bereits Jahr und Abend in diesem Ministerium arbeiten, es wie ihre Wesentasche kennen und den Minister bei der personell-organisatorischen Führung des Ministeriums unterstützen. D.h. die Aufgabe der politischen Führung durch den Minister bezieht sich, entsprechend der in der Koalition vereinbarten Inhalte und entsprechend des Parteiprogramms, die Richtung des Ministeriums zu weisen und hierfür ist die zuvor gewonnene Erfahrung aus Ausschüssen oder Landesministerposten oder sogar hochrangige Wirtschaftsposten durchaus ausreichend. Zumal es vor allem darauf ankommt, ob der Minister politisch gut vernetzt ist und da entsprechendes soziales Kapital aufweisen kann, damit er erfogreich seine Themen platzieren kann.

Wie du siehst, ist der Ministerjob keineswegs eine One-Man/One-Woman-Show, sondern das Ministerium wird als Team von Politikern geführt. Und wie du außerdem siehst, wird ein Politiker bereits durch eine lange parteipolitische und parlamentarische Karriere sehr gut auf das Vorbereitet, was der Ministerposten dann von ihm erfordert. Dass es dann immer mal wieder Politiker gibt, die an der Aufgabe scheitern, liegt nicht daran, dass sie keine fachbezogene Ausbildung haben, sondern in 99% der Fälle fehlt ihnen einfach das politische Kapital oder das politische Geschick. Und ob man das hat, stellt sich in dieser Position erst heraus. Da gibts keine Ausbildung für.


WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 16:37

Wenn die Figur so austauschbar ist, dann ist ja die Parteizugehörigkeit Nebensache.

Warum kleben dann diejenigen so an ihrem Job, dass sie ihn gleich nocheinmal machen wollen? Das ist schon eine seltsame Demokratie, wo von zehntausenden Parteimitgliedern nur ein einziger geeignet sein soll, obwohl den Job doch jeder machen könnte.

Erst pokern sie monatelang, dann kleben sie am Stuhl und natürlich sind sie an nichts schuld. Andere haben aber auch die oben genannten Erfahrungen in Ausschüssen und bla.

froschers  17.11.2024, 16:40
@WilliamDeWorde

Manche kleben dran, andere nicht. Ich habe nicht gesagt, dass es keine Rolle spielt wer den Job macht, sondern dass es weniger eine Rolle spielt als du es unterstellst. Ich persönlich finde, dass Minister gar nicht berufen werden sollten, sondern gewählt werden sollten. Vom Parlament. So wie der Bundeskanzler und so wie die Secretaries in den USA vom Senat bestätigt werden müssen.

Zumindest in Deutschland brauchst Du keinerlei Qualifikation um Minister zu werden, - und ist anscheinend auch nicht erforderlich, daß sie irgendeine Ahnung von ihrem Fachgebiet haben.

Für das eigentliche Amt als Minister*in oder Kanzler*in benötigt man außer dem passenden Parteibuch und genügend Beziehungen keine wirklichen Qualifikationen.

Das mag jetzt auf den ersten Blick schlimm wirken, allerdings ist es ja nicht so, dass die wirkliche Arbeit vom jeweiligen Kopf gemacht wird. Jedes Ministerium hat viele Mitarbeitende, die tagtäglich die eigentliche Arbeit machen. Diese wechseln zum Großteil nicht nur weil jetzt eine andere Partei das Amt innehat oder Minister*innen ausgetauscht wurden.

Die meisten Entscheidungen, die Minister*innen treffen, basieren auf den Arbeitsergebnissen dieser Mitarbeitenden. Nicht umsonst hört man teilweise im Zusammenhang mit Plänen von Ministerien zuerst von so genannten Referentenentwürfen für neue Regelungen.


WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 16:40

Ist aber doch schlimm, wenn in einer Demokratie die Beziehungen so weit gehen, dass man sich mit über 90% wählen lassen kann. Sind die Mitläufer eine Schafherde? Werden die Konkurrenten unterdrückt oder ist die eine erleuchtete Person dermaßen überragend? Da gefällt mir eine Wahl mit 51% besser, weil ich weiß, dass der Ersatzmann hinter der Frontfrau so schlecht vielleicht gar nicht ist.

Der Minister führt sein Ressort. Das ist zuallererst ein Verwaltungsjob. Um die fachlichen Details kümmern sich die Mitarbeiter des Ministeriums.

Der Vorstandsvorsitzende einer Auto AG muss selbst auch weder ein Auto konstruieren noch bauen können.


WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 18:03

Du meinst, du Vorstandsvorsitzende einer Auto AG braucht keine Ahnung von Autos zu haben? Du sprichst aber schon vom Vorstandsvorsitzenden und nicht vom Buchhalter?

RobertLiebling  17.11.2024, 18:45
@WilliamDeWorde

Ich sprach von 'konstruieren' bzw. 'bauen'.

Der CEO muss nicht zwangsläufig Ingenieur sein oder schon mal am Band gearbeitet haben.

Der CEO von DHL wird in seinem Leben noch kein einziges Paket zugestellt haben. Disqualifiziert ihn das als Manager eines Logistikunternehmens?

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 21:45
@RobertLiebling

Der Autofritze wird sehr wohl entscheiden, ob das nächste Auto aus Pappe oder Edelstahl wird, auch wenn er nicht selber schraubt. Und selbstverständlich weiß er über die Entwicklungen am Weltmarkt Bescheid, mehr als der Lackierer am Band - da hab ich bei den Politikern aber manchmal meine Zweifel.

Und der Typ von DHL kennt sehr genau die Quote der Beschwerden und nicht zugestellten Lieferungen und was die Konkurrenz gerade treibt und wie viel man in diesem Jahr noch einnehmen wird und ausgeben kann. Auch da sehe ich bei den Konstrukteuren von Sondervermögen schwarz.

Und nur weil die Führer von Konzernen nicht bei anderen mit militärischen Ehren empfangen werden, heißt das nicht, dass sie nicht gefürchtet werden oder sich bei ihren Reden nicht ein wenig zügeln könnten. Denn sie wissen, dass sie miteinander auskommen müssen und wollen sie bestimmt keine Belehrungen, hohle Phrasen, Lippenbekenntnisse und leere Drohungen anhören.

RobertLiebling  17.11.2024, 21:49
@WilliamDeWorde
Der Autofritze wird sehr wohl entscheiden, ob das nächste Auto aus Pappe oder Edelstahl wird, auch wenn er nicht selber schraubt.

Der Autohersteller hat eine ganze Abteilung von Entwicklungsingenieuren!

Du scheinst eine seltsame Vorstellung von den Abläufen in Unternehmen zu haben.

Der Vorstand steuert den Kahn und gibt die grobe Richtung vor. Aber die Details passieren in den Fachabteilungen.

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 18.11.2024, 13:09
@RobertLiebling

Du wirst es nicht glauben: Ich habe in Unternehmen gearbeitet. Du eher nicht, wie es aussieht. Wer hat da wohl eine seltsame Vorstellung?

Es gibt sogar einen Film über Borgward. Kannste mal gucken.

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 16:30

Dann sollte man Verwaltungfachkraft im gehobenen Dienst gelernt haben. Wie lange dauert so eine Ausbildung und wie viele Praktika und Jahre im Beruf muss man da so vorweisen können?

Man braucht auch Beziehungen oder sagen wir Protektion.