Gbt es kaum noch wirkliche Diskussionen?
Es bedarf enormer Selbstbeherrschung vollkommen gegensätzliche Meinungen, die man für grundfalsch oder gar gefährlich hält, zu akzeptieren. Ich schließe mich nicht aus, weil ich eher impulsiv bin und schon mal über das Ziel hinausschieße.
Ist das ein Grund, warum z. B.im Internet kaum echte Disksssionen zustande kommen sondern man sich nur gegenteilige Positionen an den Kopf knallt (auch ich bekenne mich da schuldig).
9 Antworten
Die Ursachen dafür sind vielfältig!
In der Politik sehen wir zum Beispiel, dass sich die Mitte der Gesellschaft langsam auflöst und spaltet, dass sich die beiden Enden immer mehr voneinander entfernen und sich zunehmend radikalisieren. Das Endstadium dieser Entwicklung konnten wir gerade in den USA beobachten.
Daraus lässt sich sehr treffend die sozioökonomische Haltung der Gesellschaft ableiten. Bestimmte Themen und Meinungen werden automatisch einem Spektrum zugeordnet und sind bereits negativ oder positiv besetzt (konnotiert).
Dann informieren sich die Menschen zunehmend anders, mangels fortschreitender Digitalisierung fällt es vielen schwer, die Glaubwürdigkeit von Quellen zu hinterfragen usw.
Wenn Themen dann noch emotional aufgeladen sind und es nicht mehr nur um Fakten o.ä. geht, ist ein sachlicher Diskurs meist von vornherein ausgeschlossen.
Außerdem setzt eine Diskussion voraus, dass alle Teilnehmer ein grundlegendes Verständnis mitbringen, und heutzutage hat jeder eine Meinung, aber die wenigsten eine Ahnung, wovon sie eigentlich sprechen. Zudem gibt es nur selten eine objektive Wahrheit, da Meinungen, Interpretationen und Informationsmengen immer subjektiv und individuell sind. Letztlich müsste man sich ggf. eingestehen, im Unrecht zu sein und sich belehren lassen. Nur wenige Menschen sind wirklich kritikfähig, daher ist eine Einigung nur selten möglich, wenn überhaupt, da der Sinn (das Ziel) oft unklar ist....
Du musst sie auch nicht zwingend akzeptieren, du musst sie nur irgendwo ernst nehmen und auf dieser Basis diskutieren. Bzw. Du musst akzeptieren, dass jemand anderes diese Meinung hat und dafür seine Gründe haben wird.
Und dann halt eben sachlich darauf reagieren und ggf. entsprechend dagegen argumentieren.
Ich hatte damit eigentlich nie Probleme. Es gibt sogar viele Ansichten, die ich jetzt besser verstehe oder sogar für vertretbar halte, weil ich da nicht überemotional rangegangen bin. Und ich bin offen gestanden niemand mit großer Selbstbeherrschung... ich hab allerdings eine bestimmte Herangehensweise.
In den Diskussionen sind oft die Argumente nicht ausgewogen genug. Viele sind 100% für oder gegen etwas oder jemanden.
Ich sehe nichts schwarz oder weiß, sondern verschiedene Grautöne.
Aber bei vielen sehe ich nur ein extremes Meinungsbild. Offenbar sehen die es als Schwäche an, wenn man nicht ganz klar und unverrückbar eine Position vertritt. Für mich sind diese Leute kompromissunfähig und oft auch beratungsresistent. Deren Kontakt mede ich dann lieber.
Das kommt ganz auf die Themen an und auf die Diskussionsteilnehmer.
Es gibt mehr oder weniger emotional besetzte Themen.
Die trockenen, scheinbar langweiligen, Themen sind noch am ehesten für konstruktive Diskussionen geeignet und sprechen auch eher Personen an, die dazu wirklich Hintergrundwissen mitbringen.
Die hochgradig emotional aufgeladenen Themen sprechen hingegen die breite Masse an und die hatte noch nie eine besonders gute Diskussionskultur. Nur fiel das nicht so auf, weil derartige "Diskussionen" über lange Jahre im kleinen Kreis am Stammtisch stattfanden und nicht in der weitaus größeren Öffentlichkeit des Internets.
Professionell diskutiert wird bei Podiumsdiskussionen vor Publikum. Da diskutieren politisch aktive, und meist auch rhetorisch geschulte, Personen vor Publikum miteinander. Und trotzdem muss auch so etwas moderiert werden. Ich habe bei der Friedrich-Ebert-Stiftung selbst einmal ein Seminar zum Thema Sitzungsleitung und Gesprächsmoderation besucht. Da lernte man an einem Wochenende die Essentials um beispielsweise besagte Podiumsdiskussionen und auch Parteiveranstaltungen zu moderieren. Viele Leute die in Parteien engagiert sind haben solche Kurse besucht und meistens laufen Parteitage ja auch gesittet ab.
Diese Disziplin aber von Laien in Internetforen zu erwarten ist ein (zu?) hoher Anspruch.
Die Leute redeten früher am Stammtisch wie ihnen der Schnabel gewachsen ist und es wurde auch viel Stuss erzählt. Und heute wird das eben online geschrieben.
Sich darüber aufzuregen bringt nichts und das Abendland geht davon auch nicht unter.