Dimensionen der Macht

2 Antworten

Alle drei Thesen klingen plausibel; alle sind verständlich und einleuchtend.

Ich vertrete allerdings einen anderen Standpunkt. Macht beginnt, wie in Webers Definition „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen […].“ zu lesen ist, schon in sehr unscheinbaren Situationen. Beispielsweise in einem Gespräch, in dem bei einer Entscheidung jemand diese fällt, hat aus meiner Perspektive die Person, die entscheidet, größere Macht als die andere. Diese Machtdifferenz ist nur minimal, aber sie wirkt sich auf unser Sein aus. Wenn jemand einmal eine Entscheidung gefällt hat, fällt es ihm leichter, in Zukunft weitere zu treffen. Macht wirkt sich sozusagen auf zwei grundlegende Arten auf unsere Psyche aus:

Im ersten Fall, in dem wir die Entscheidung treffen, sind wir selbst mächtiger und werden somit selbstbewusster. Wiederholen wir dies, wächst unser Selbstbewusstsein und wir können irgendwann auch in anderen Formen Macht ausüben. Wir werden dominanter und "gewöhnen" uns an diese Position.

Im zweiten Fall fällt jemand anderes die Entscheidung. Dann geben wir dieser Person unwillkürlich Macht über uns und senken dadurch unsere Macht. Wiederholen wir das, werden wir immer weniger selbstbewusst und dominant. Auch hier liegt irgendwann eine "Gewöhnung" vor, nur findet statt der im ersten Fall dargestellten Addition eine Subtraktion unserer Macht statt (auch wenn die Werte dieser Subtraktion bzw Addition nicht gleichmäßig sein müssen).

Wie die drei Philosophen nehme auch ich eine grundlegende Selbstwahrnehmung und Macht an, die durch das soziale Umfeld geschaffen wird; sagt uns jemand, dass wir schlecht sind, lehnen wir dies zwar anfangs vielleicht ab, akzeptieren dies jedoch (in dem meisten Fällen) irgendwann. Das Gleiche ist es beim Gegenteil. (Auch hier existiert wieder eine Art "Gewöhnung", nur dass es eben Akzeptanz ist.) Die entstehende soziale Wand ist eine Barriere und schränkt die Kommunikation ein, jedoch meiner Meinung nach aufgrund der Angewöhnung der eigenen Machtposition, sei sie nun groß oder klein. Die Sprache verhält sich ebenfalls mach dem Umfeld, ebenso wie die Ausstrahlung, die von den Meisten unterschätzt wird: strahlt ein Mensch nicht nur Selbstbewusstsein und damit auch bereits ausgeübte Macht aus, verdeutlicht sich dieser Eindruck anhand von nonverbaler Sprache und verfestigt er sich dann, wenn dieser Mensch spricht, ist unverkennbar, dass dieser Mensch bereits Macht ausgeübt hat und ein entsprechendes Selbstbewusstsein besitzt. Wir nehmen das wahr und handeln entsprechend - entweder, wenn unsere "Summe" höher ist, betont dominanter als sonst, oder, wenn unsere "Differenz" niedriger ist, noch unsicherer und undominanter als sonst. (An dieser Stelle muss zu meinem Prinzip der "Summen" und "Differenzen" erwähnt werden, dass sich die Macht bei einer undominanten Person nicht immer nur substrahiert und bei einer dominanten Person immer addiert. Dieser Prozess tritt, wenn er eintritt, über Jahre ein, und normalerweise ist jeder Mensch eine Mischung aus "Plus" und "Minus". Darauf baut z.T. ja auch die Psychotherapie auf. Dieses Bild diente zur Veranschaulichung meines Standpunktes.)

Worin ich den Philosophen aber widerspreche, ist die Tatsache, dass diese Wände undurchdringlich seien. Sonst gäbe es keine Revolutionen oder Menschr aus der Unterschicht, die sich nach oben gearbeitet haben und beispielsweise Politiker sind.

Was die Definition von Macht von Foucault angeht: ja, Wissen ist Macht. Aber nicht alle Macht ist Wissen. Man benötigt zum Ausüben von jedweder Macht immer Wissen, aber es ist nicht dasselbe. Das hat gerade die Gerichtsführung vor der französischen Revolution gezeigt, denn auch für die Ausführung von Gewalt ist Wissen notwendig. Aber das Wissen ist die Theorie, nicht die Praxis. Etwas zu wissen bedeutet nicht, Macht zu haben, das wird es erst, wenn man es verwendet. Und natürlich bedeutet mehr Wissen auch, dass mehr Machtausübung möglich wird - schließlich kann mit mehr Theorie immer auch mehr Praxis betrieben werden. Und keine Praxis kann ohne die Theorie existieren (auch ein Fußballspieler kennt die Theorie, wie er seine Beine bewegen muss, nur durchdenkt er diese nicht jedes Mal bei einer Beinbewegung), während eine Theorie ohne die Praxis keine Auswirkungen auf das Leben hat.

Macht existiert außerdem in unglaublich vielen Facetten; Manipulation beispielsweise hat so viele verschiedene Felder, dass ich sie an dieser Stelle rauslasse. Es gibt Gewalt, Wissensnutzung, Unwissen (wobei das auch zur gezielten Manipulation genutzt werden kann) und so viel mehr ... Und die gesellschaftlichen Aspekte und Einflüsse bestimmen nicht alle. Damit beende ich diesen langen Text, weil ich sonst noch Stunden weiterschreibe.

Woher ich das weiß:Hobby – verschiedene Weltansichten und Herangehensweisen

Jens2468 
Beitragsersteller
 03.05.2025, 18:48

wow...vielen Dank für das Teile Deiner Gedanken...da hat einer wirklich über das Thema nachgedacht...

Ich habe das nicht gelesen, aber meiner Analyse zufolge kann jemand nur Macht ausüben, wenn andere sich willig unterordnen und Befehle ausführen!

Dabei sind wir bei den Ursachen angelangt:

  1. der geistigen Überlegenheit
  2. der Überzeugungsfähigkeit
  3. dem Untertanenbewusstsein gegenüber Amtsträgern
  4. der Käuflichkeit.
  5. der Erpressbarkeit
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung