Berufsbeamtentum noch zeitgemäß?

6 Antworten

Aus meiner Sicht, kann die Bundesrepublik Deutschland es sich nicht leisten, sich keine Beamten zu leisten.

Ich halte eine Abschaffung des Beamtentums für alles andere als sinnvoll. Auf gar keinen Fall sollte das Beamtentum abgeschafft werden! 

Der öffentliche Dienst ist massiv unterbesetzt. Aber nicht, weil es zu wenig Bewerber gibt, sondern weil eine Vielzahl der Bewerber einfach nicht die nötige Qualifizierung hat.

Die Berufssicherheit und die Pensionen für Ruhestandsbeamte sind das Einzige, was den öD noch annähernd attraktiv machen. Wenn man das Beamtentum und diese Punkte abschafft, gehen nicht nur die Bewerberzahlen runter, sondern es finden sich noch weniger qualifizierte Bewerber für die offenen Stellen als ohnehin schon. Die Abschaffung des Beamtentums würde den öD also noch unattraktiver machen.

PKV und Beihilfe sind ja schön und gut, allerdings trägt der Beamte seine gesamten Versicherungsbeiträge selbst. Die Beihilfe erstattet nur einen Teil der Behandlungskosten im Krankheitsfall, aber nicht die Versicherungsbeiträge. Auch gibt es eine Vielzahl von Behandlungen, die gar nicht von der Beihilfe erstattet werden. Man darf auch nicht vergessen, dass je nach Zahlungsfrist des Arztes, der Beamte zunächst in Vorleistung gehen muss, ehe er die Erstattung von der PKV und Beihilfe bekommt.

Dazu ein Fall aus meinem persönlichen Umfeld: Ein ehemaliger Kollege meiner Mutter hatte nach einer Herz-OP mit anschließender Reha Kosten von ca. 50.000 Euro. Als Beamter im mittleren Dienst mit Besoldungsgruppe A9 ist das unmöglich innerhalb der kurzen Zahlungsfrist zu stemmen. Es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis die PKV und Beihilfe das Geld erstattet haben, allerdings musste er dafür einen Kredit aufnehmen, um fristgerecht bezahlen zu können, weil die Leistungserbringer sich nicht auf eine Verlängerung der Zahlungsfrist eingelassen haben.

Dazu kommt, dass die PKV keine kostenlose Familienversicherung kennt. Für jedes in der PKV versicherte Familienmitglied muss extra bezahlt werden. Und günstige PKV-Tarife zur aktiven Dienstzeit können die Beiträge im Ruhestand in die Höhe schießen lassen, da kaum Altersrückstellungen gebildet werden.

Die nennenswerte Vorteile des Beamtentums sind das sichere und regelmäßige Einkommen, die nahezu Unkündbarkeit und die gesicherte Pension. Allerdings gibt es auch erhebliche Grundrechtseinbußen, die das Beamtentum mit sich bringt. Der bekannteste Nachteil, und für mich der wichtigste Grund für das Beamtentum, ist das Streikverbot. Das Streikverbot soll die Handlungsfähigkeit des Staates sicherstellen. Nicht auszudenken, wenn in der gesamte öD geschlossen Streiken würde. Hier nur ein paar Beispiele dafür:

  • Straftäter kommen frei, weil eventuelle Fristen verpasst werden.
  • Häftlinge in den JVAs würden nicht bewacht werden.
  • die einheimische Wirtschaft würde vor Produktpiraterie nicht geschützt werden, und der Import von anderen illegalen Waren könnte massiv zunehmen.
  • Die Strafverfolgung wird nicht aufgenommen.
  • die Berufsfeuerwehr würde bei Einsätzen nicht ausrücken.
  • Sozialleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Bürgergeld) würden nicht ausgezahlt werden.
  • Schulen wären komplett geschlossen.
  • Vollstreckungstitel würden von Gerichtsvollziehern nicht durchgesetzt werden.
  • Sämtliche Bürgeranträge würden nicht bearbeitet werden.

Es bedarf einer zuverlässigen Verwaltung, damit der Staat in allen Bereichen handlungsfähig bleibt. Deswegen braucht es auch dort Beamte, und nicht nur bei Polizei, Justiz, Zoll und Feuerwehr.

Jedes Mal, wenn bei der Post oder der Bahn gestreikt wird, ist das Geschrei nach den Beamten groß.

Die Dienstherrn könnten gar nicht so viel Geld bezahlen, damit die Beschäftigten im öD auf das Streikrecht verzichten würden.

Weiterhin sind Beamte in der Meinungsfreiheit, in Bezug auf öffentliche, politische Meinungsäußerungen, sowie in der Religionsfreiheit erheblich eingeschränkt. Sowohl die genannten Vor- als auch die Nachteile gehören zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die in Art. 33 Abs. 5 GG verankert sind. Auch privates Fehlverhalten kann für Beamte disziplinarische Konsequenzen haben.

Angestellte, die durch verfassungsfeindliche Äußerungen und/oder Symbole auffallen, sind zum Teil schwieriger zu entlassen als Beamte.

Die aktive Besoldung vor allem im höheren Dienst für Volljuristen ist nicht besonders attraktiv. Nur eine Minderheit möchte nach 5 Jahren Regelstudienzeit plus zweijährigen Referendariat mit den Einstiegsämtern A13 und R1 anfangen. Selbst Behördenleiter mit A16 verdienen im Vergleich zu Führungskräften in der freien Wirtschaft deutlich weniger. Von IT-lern will ich erst gar nicht sprechen.

Vielleicht hältst du mich nicht für objektiv genug, weil ich selbst Beamtin bin, aber meine Meinung ist, dass das Beamtentum unverzichtbar ist. Das ist zwar jetzt leicht zu sagen, aber das wäre auch meine Meinung, wenn ich nur Angestellte im öD wäre, oder es mit einer Karriere im öD überhaupt nicht geklappt hätte.

Eine Abschaffung des Beamtentums hätte übrigens nur auf Neueinstellungen Auswirkungen. Bestehende Beamtenverhältnissse genießen Bestandsschutz.

um Steuergelder zu sparen bzw. die Sozialkassen aufzubessern.

Weder das eine noch das andere würde bei der Abschaffung des Berufsbeamtentums funktionieren.

Man müsste dann nämlich auch berücksichtigen, dass die Bruttobezüge in Gänze angehoben werden müssen, weil Beamte bereits ein gekürztes Brutto erhalten.

Beamte bezahlen seit 1957 durch die gekürzten Bezüge für ihre Pensionen. Während der aktiven Dienstzeit werden Pensionsrückstellungen gebildet, denn sonst hätten Beamte ein deutlich höhere Bezüge. 

Damals wurden die Beamtenbezüge um 7%, was dem damaligen AN-Anteil zur RV, entsprach, niedriger angesetzt, als normale Brutto-Gehälter. Und bei Anpassung der Besoldungstabellen an die Tarifverträge wird auch nicht der gesamte Abschluss übertragen, sondern ein gekürzter Teil.

Was Bund und Länder mit den Geldern aus den Pensionsfonds machen, wenn man in den Zeitungen liest, dass diese anderweitig verwendet werden, liegt nicht in der Hand der Beamten.

Und eine Entlastung der Sozialkassen sehe ich auch nicht. Ja, es würden dann mehr einzahlen, aber es würde dann auch gleichzeitig mehr anspruchsberechtigte Personen auf Leistungen aus der Sozialversicherung geben. In der gesetzlichen Rentenversicherung würde es sich eher verschlimmern, denn für jede Monatsrente eines Angestellten im öD mehr bedarf es auch etwa 5 gleichwertigen Beitragszahlern mehr.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Zollbeamtin / Beamtin im gehobenen Zolldienst

Ich finde es auch wichtig, schon aufgrund der Neutralität und dem Verbot der Bestechung.

Ich bin seit 20 Jahren Beamtin und finde es von daher wichtig

Ja, einen Dorfsheriff der von der Gemeinde gewählt und bezahlt wird brauch ich nicht. Auch keine Privatarme wie die Wagner-Söldner. Letztendlich wurden aber viele Beamte abgeschafft, wie z.B. bei der Post und der Bahn. Da muss man niemanden verbeamten. Allerdings lief es damals seltsamerweise besser in diesen Bereichen.

Ich bin Beamter im Pension und finde es Schei ****