Beinhaltet ein Recht zur Meinungsfreiheit auch eines zur Meinungsabsenz?
Ich höre oft gerade im politischen Kontext oft "Du musst doch dazu eine Meinung haben!" Was ist, wenn nicht? Nutzt ihr euer Recht auf Meinungsabsenz oder seht ihr eher eine Pflicht zu Meinungsbildung, weil wir sonst vielleicht unsere Meinungsfreiheit verlieren könnten?
8 Antworten
Selbstverständlich - niemand muss sich zu irgendetwas „bekennen“…
Eindeutig ja. Es gibt dazu nicht viel zu sagen. Lass dir auch nichts anderes einreden.
Egal ob es moralisch oder sonstwie geboten ist, sich zu positionieren. Du kannst auch sagen "Nein. Ich positioniere mich nicht." Das ist Teil der Meinungsfreiheit.
Ich selbst halte beispielsweise bei Themen, wo ich mich nicht auskenne, gepflegt meinen Mund. Oder wenn ich genau weiß, dass es keine einfache Antwort gibt. Ich halte beispielsweise beim Thema Israel-Palästine etc. schon gegen, wenn Hetzer der einen oder anderen Seite grob lügen. Aber ich sage auch, dass ich gar keine echte eindeutige Position beziehen will und dass das Thema schwer ist.
Eines sollte man bedenken. Ein "ist mir egal" ist je nach Thema auch eine Positionierung und deckt sich nicht immer mit Meinungsabsenz.
Das Recht auf Meinungsfreiheit beinhaltet auch das Recht, keine Meinung zu haben.
Selbstverständlich hat es keinen Sinn, eine Meinung über etwas zu entwickeln, über das man nichts weiß. Und selbstverständlich kann man auch nicht über alles etwas wissen.
Andererseits, wenn sehr viele sich über wichtige Fragen absichtlich keine Meinung bilden, ist das in einer Demokratie problematisch. Denn dann könnte eine kleine Minderheit einen Kurs in einen Terrorstaat steuern.
Aber besser keine Meinung als unbegründete Meinungen einfach übernehmen.
Für mich selbst nehme ich mir das Recht heraus, zu allen Fragen, zu denen ich mir keine begründete Meinung bilden kann, keine zu haben. Notwendigerweise ist das die überwältigende Mehrheit aller Fragen, zu denen man eine Meinung haben kann.
Andererseits kennt ihr vielleicht das Gedankenspiel: Einer sagt: "A hat recht" Gefragt: "Und was meinst du zu dem, was B sagt?" Antwort: "Der hat auch recht."
"Aber B sagt doch das Gegenteil von A. Und es können doch nicht beide recht haben." Antwort: "Da hast du auch recht."
In diesem Kontext könnte der Satz "Du musst doch dazu eine Meinung haben!" ausdrücken, dass man dem anderen nicht glaubt, dass er wirklich keine Meinung hat, sondern, dass er sie nur verschweigt.
Ich hatte einen Bekannten, der mir in einer Frage recht gegeben hat, und zwei Minuten darauf jemand anderem, der das Gegenteil gesagt hat, auch recht gegeben hat. Dadurch hat er für mich viel von seiner Glaubwürdigkeit verloren. Mein bester Freund könnte so jemand für mich nicht werden.
Aber natürlich: Jeder hat das Recht zu einem Problem keine Meinung zu haben.
Ich muss mir nicht über alles eine Meining bilden. Das ist mein gutes Recht.
Und wenn ich eine habe, muss ich die längst noch nicht jedem mitteilen.