Grenzen der sexuellen Selbstbestimmung für Jugendliche?

5 Antworten

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Was sind die Grenzen der sexuellen Selbstbestimmung für Jugendliche?

Direkt: Da, wo sie selbst verbotene Handlungen begehen würden.

Indirekt: Da, wo sie sich selbst gefährden.

Für Dritte: Die dürfen sexuelle Handlungen Minderjähriger erst ab 16 "fördern" (s. § 180 StGB - davon ausgenommen sind nur die Sorgeberechtigten, sowie die Betroffenen selbst - also Minderjähriger nebst Partner).

D.h. konkret: Bei einem Paar mit mindestens einer Person U16, darf eine dritte Person ihnen keine Gelegenheit zum Sex verschaffen. Nicht der Kumpel, der ihnen auf der Party im Haus seiner abwesenden Eltern mal eben ein Zimmer überlässt, oder Eltern, die die U16-Freundin ihres Sohnes bei ihm übernachten lassen, ohne die Erlaubnis ihrer Eltern zu haben (hat der Partner eine eigene Wohnung, dann stellt sich das Problem ja als Betroffener nicht).

Und generell gilt noch, dass die Sorgeberechtigten bis 18 das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben. D.h., SIE bestimmen, wo der Lebensmittelpunkt der jugendlichen Person ist, sprich, wo bzw. bei wem sie wohnt.

Auch hat eine jugendliche Person Verpflichtungen zu erfüllen (z.B. Schulpflicht oder Aufgaben im elterlichen Haushalt).

Können auch die Erziehungsberechtigten Anzeige erstatten, wenn das jugendliche Kind sexuellen Kontakt mit einem Erwachsenen sucht.

Anzeigen kann jeder jeden wg. allem. Die Erfolgsaussichten tendieren hier aber gegen null.

Strafbar ist für Ü21 bekanntermaßen, wenn diese "ausnutzen", sollte einer Person unter 16 dem Ü21 gegenüber die "Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung fehlen" (§ 182 Abs. 3 StGB).

Das ist ein Antragsdelikt, bedarf also eines Strafantrags seitens des Opfers oder seiner Eltern.

Praktisch ist der Paragraf aber weitgehendst bedeutungslos (zumindest ab ca. 12, erst recht bei 14/15-Jährigen), da aufgrund der heutigen Lebenssituation (mehrfache Sexualaufklärung, Internet, Peergroup, ...) die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung vorliegt (zumal wenn die jugendliche Person den Kontakt selber sucht).

Sollte das ausnahmsweise nicht gegeben sein, dann darf man das Fehlen nicht "ausnutzen". Das meint insbes. Verführung zu einmaligem Spontansex, nicht aber Liebesbeziehungen.

Auf gut Deutsch: Wer sich anständig verhält und kein selbstsüchtiges A-Loch ist, der hat ohnehin nichts zu befürchten.

Also zum Beispiel, wenn die Erziehungsberechtigten einen Verdacht haben, dass der Erwachsene den Jugendlichen entführt hätte, obwohl der Erwachsene den Jugendlichen nicht entführt hat, sondern lediglich mit dem Jugendlichen Geschlechtsverkehr hat.

Da sind wir schnell bei strafbaren Handlungen der Eltern (Vortäuschen einer Straftat, Falsche Verdächtigung, Verleumdung).

Die nächste Frage ist, ob die Polizei gegen den Erziehungsberechtigten ermitteln können, wenn die Erziehungsberechtigten die sexuelle Selbstbestimmung des Jugendlichen einschränkt?

WIE "einschränkt"? Natürlich kann und wird die Polizei bei Verdacht auf strafbare Handlungen ermitteln (Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Nötigung, ...).

Grundsätzlich ist aber Erziehungsrecht Zivilrecht und nicht Aufgabe der Polizei.

Da müssen sich Eltern und Kinder auf für beide Seite akzeptable Kompromisse einigen, und gelingt dies nicht, so kann man niederschwellig das Familiengericht entscheiden lassen.

Letztlich sind da Jugendliche am längeren Hebel, denn die machen, was sie noch immer gemacht haben: Was sie wollen. ^^

Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen (bei weitem nicht nur "Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Nötigung, ...") sind ja nicht mehr erlaubt.

Ein extremer "14 & 46"-Fall, bei dem so ziemlich alles von dir genannte vorkam (und noch viel mehr), wäre folgender: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/urteil-zum-kindeswohl-15-jaehrige-darf-liebesbeziehung-mit-30-jahre-aelterem-mann-fuehren-a-1119197.html

Die rechtlichen Hintergründe habe ich hier mal näher erläutert: https://www.gutefrage.net/frage/10-jahre-altersunterschied-legal-oder-nicht#answer-323098007

Letztlich ist die Jugendliche nach ihrer Flucht nie wieder zu ihren Eltern zurückgekehrt. Nach dem erläuterten, gewonnen Prozess, ließ sie ihren Eltern das Sorgerecht komplett entziehen.

18mDeutschland 
Fragesteller
 03.01.2024, 16:57

"Praktisch ist der Paragraf aber weitgehendst bedeutungslos (zumindest ab ca. 12, erst recht bei 14/15-Jährigen)"

Also wird bei Erwachsenen, die Sex mit 12-13-jährigen haben, die nicht in deren Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung ausgenutzt werden, nicht bestraft? Oder meinst du etwas anderes?

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Libertinaerer  03.01.2024, 17:42
@18mDeutschland
Also wird bei Erwachsenen, die Sex mit 12-13-jährigen haben, die nicht in deren Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung ausgenutzt werden, nicht bestraft?

Nein, das habe ich ja auch nicht geschrienen

Aber er würde nicht aufgrund § 182 Abs. 3 StGB verurteilt.

Grundsätzlich wird man nach allen Paragrafen angeklagt und verurteilt, gegen die man verstoßen hat.

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18mDeutschland 
Fragesteller
 03.01.2024, 19:43
@Libertinaerer

Es gibt ja ein Absatz, der den Sex mit unter 14-Jährigen regelt.

Dreizehnter Abschnitt Paragraf 176 Absatz 2

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Libertinaerer  04.01.2024, 03:22
@18mDeutschland

Ja, aber der regelt im mutmaßlich großzügigst ausgelegten Fall nur Liebesbeziehungen zw. Minderjährigen.

Gleichwohl obliegt die Entscheidung halt dem jeweiligen Gericht. Und dass es Richter:innen gab, die Liebesbeziehungen auch bei größeren Abständen gerne nicht verurteilt hätten, ist bekannt und grundsätzlich auch nicht völlig abwegig (die Schweiz hat z.B. eine ähnliche Regelung für alle U21 - und das wird dort praktisch tatsächlich so entspannt gehandhabt, wie es sich liest).

Der Absatz ist aber zu neu, um damit viel Erfahrung gemacht zu haben - geschweige denn, dass es eine letztinstanzliche Grundsatzentscheidung dazu gäbe.

Aber es gab bereits vorher einen indirekten Weg, um zum gleichen Ergebnis zu kommen: Einstellung des Verfahrens gem. §§ 153 ff. StPO, §§ 45, 47 JGG.

Und das wurde, soweit mir beksnnt, eher restriktiv gehandhabt (also bei geringen Altersabständen).

Die rechtspraktische Wichtigkeit mit dem § 182 Abs. 3 StGB stammt daher, dass nicht jeder Sex mit U14 tatsächlich auch gemäß §§ 176 ff. StGB bestraft werden kann.

Typische Fälle wären da, wenn 12/13-Jährige schlichtweg schon vergleichsweise körperlich weit entwickelt sind (und deswegen irrigerweise für Ü14 gehalten wurden) oder wenn sie schlicht über ihr Alter etwas gelogen haben.

Dann kann ggf. nicht nach §§ 176 ff. StGB verurteilt werden, wenn ein strafbefreiender Tatbestandsirrtum vorliegt (§ 16 StGB). Eine Verurteilung nach § 182 Abs. 3 StGB wäre dann theoretisch die einzige Möglichkeit für eine Verurteilung.

Auch das ist aber schwer, weil es eben nur Täter ab 21 überhaupt betrifft, und andererseits heutzutage bereits 12-Jährige durchaus über die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung verfügen und/oder ein etwaiges Fehlen ggf. auch gar nicht ausgenutzt wurde.

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Bei Vortäuschung einer Straftat kann selbstverständlich ermittelt werden und das wird es auch.

Kommt darauf an, wie alt das Kind ist und wie alt der Erwachsene. Mit 14 kann man sex haben mit wem man will solange es freiwillig ist und man keine Versprechungen wie zb. Geld etc. Bekommt. Und nein die Polizei kann nicht gegen die Erziehungsberechtigten ermitteln wenn sie nicht wollen das ihr Kind mit einem Erwachsenen sex hat. Aber glaube da kommt es wieder so auf das Alter an mit 16-17 sollte man das selbst entscheiden können, verbieten können dir das deine Eltern aber ob du dich dran hälst ist die andere Frage

Bis sie 18 sind glaube ich schon

Wenn der Jugendliche mindestens 14 ist, hat der Gesetzgeber nichts gegen einvernehmlichen Sex.

Eine Entführung zu unterstellen ist nochmal was anderes. Da muss ermittelt werden, das nennt sich Offizialdelikt.

Obs dann eine ist, kriegen die Ermittelnden schon raus.