Ist Schuld ein reales Phänomen, also ontologisch begründbar, oder lediglich eine juristisch-dogmatische Konstruktion, ähnlich wie der Terminus "freier Wille"?
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
12 Stimmen
5 Antworten
Schuld wird im Rahmen gesellschaftlicher, moralischer und juristischer Vorstellungen definiert und dient dazu, Verantwortung für eine Handlung festzulegen und Konsequenzen daraus abzuleiten. Damit ist Schuld ein konstruiertes Konzept, das innerhalb des Rechtssystems eine sehr konkrete Bedeutung hat, aber nicht von diesen Systemen unabhängig existiert.
Schuldig ist, wer jemandem Schaden oder Schlimmeres zugefügt hat. Schaden ist real und nicht konstruiert.
Die Entscheidungsfähigkeit des Menschen ist objektiv gegeben, deterministische Einwände nicht zutreffend.
Aus "Sicht des Universums" gibt es natürlich keinen Schaden, aber das ist hier einfach das falsche Bezugssystem.
Könntest du das erläutern? Sehe keinen kausalen Inhalt in deiner Antwort.
Pragmatisch-normative Konzeption des Schuldbegriffs =
Schuld erweist sich als rechtsdogmatische Konstruktion, die jedoch nicht beliebig ist, sondern sich aus den systemimmanenten Bedürfnissen des Strafrechts als Instrument sozialer Kontrolle legitimiert.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Position in der Entscheidung (BVerfGE 20, 323, 331) bestätigt, indem es ausführte, dass "die Idee der Vergeltung für schuldhaftes Handeln [...] im Strafrecht nicht zu entbehren" sei, ohne dabei eine metaphysische Begründung zu fordern.
Im Recht und in der Moral.
Es kommt sehr auf die fundamental-theologische Betrachtungsweise an.
Eine rein naturalistische Interpretation wäre eine absolute Schuldunfähigkeit auf Basis kausaler Notwendigkeit der Verhaltensweise des Individuums. Siehe Determinismus.
Trotz dessen könnte sich die empirisch reale und die funktionale Perspektive unterscheiden. Ohne Verantwortungsbewusstsein gibt es keine Rücksicht auf Schaden, selbst wenn das Verantwortungsbewusstsein auf einer Illusion basiert.
Bei alternativen Betrachtungen aus der spirituell- religiösen Richtung könnte auch eine reale Begründung für direkt persönliche Schuld bestehen, aber mehr auf funktionaler als auf wissenschaftlicher Basis.
Ich denke, das dass Konzept einer Entscheidung selbst ein rein funktionales aber surreales Konstrukt ist. Vermutlich nutzen wir den Begriff "Entscheidung" substitutionell für eine Berechnung, welche in ihrer Komplexität unser Verständnis übertrifft.
Fazit: Schuld als normatives Konzept ist essentiell für Funktionalität, aber nicht real im metaphysischen Sinne.
LG Marcel