Back to the roots: Die kleinste Urgesellschaft in Regenwaldgegenden. Wenn man dort erst verstanden hat, was der Mensch essen kann, dann jagt + sammelt man jeden Tag das Notwendige. Mehr braucht es nicht, weil alles jeden Tag genügend nachwächst. Der Regenwald im trop. Gürtel hat keine Jahreszeiten.
Aber diese kleinste Urgesellschaft ist eine 3- bis 4-Generationen-Familie. Nicht mehr.
Zugleich aber stoße ich an die Grenzen des Null-Austausches (entpricht handelsfrei). Denn ich MUSS mind. 1 Individuum mit seiner Geschlechtsreife aus der Familie ausstoßen und gegen ein fremdes tauschen, damit keine Inzucht aufkommt.
Der Austausch von Erbgut ist natürlich an sich noch kein Handel. Siehe Tierwelt: Da wird überwiegend Erbgut ausgetauscht, aber es werden auch bereits kulturübergreifend Fähigkeiten ausgetauscht und weitergegeben (siehe gleiche Tiere mit regional unterschiedlichen Verhaltens- oder Ernährungsweisen).
Aber nun kommt der Mensch – SPEZIFISCH der Mensch: Nicht, weil er angeblich so lernfähig ist, sondern weil er Finger & Hände so gebaut hat, dass er damit seine Umwelt dauerhaft gestalten kann.
NUN erst wird es interessant. Denn NUN nutzt der Mensch freie geistige + zeitliche Überkapazitäten, um über das Überlebensnotwendigste hinaus kreativ zu werden. Es entsteht Überschuss-Produktivität. Und diese wiederum – da man ja zumindest über den genetischen Druck im Austausch mit Seinesgleichen in anderen Familien oder Sippen steht – baut den Wunsch oder den Druck auf, sich auch kulturell (geistig!) und physisch (Handelsgüter) auszutauschen.
Somit kommt die Frage auf, ob Menschsein an sich überhaupt denkbar sei ohne Handel. (Was aber nocht nicht zwingend bedeutet, dass eine Gesellschaft, die sich im Handel mit anderen Kulturen austauscht, auch automatisch ständig wachsen müsse!)
Jetzt also wird es spannend, zu hinterfragen was Du als "Gesellschaft" definierst. Denn darüber entscheidet sich, wie viel "Potenzial" Du einer "Gesellschaft" einräumst.
Beschränkt man den Handel auf ein Dorf einschließlich seiner weiträumigen landwirtschaftlich tätigen Mitglieder + Ländereien, dann beschränkt man auch das Potenzial dieses Dorfes durchaus SEHR. Und zwar sowohl geistig als auch im Hinblick auf Güter.
Beschränke ich mich nur sehr weiträumig auf leicht überwindbare Landschaften und Entfernungen, so erweitere ich zwar mein Potenzial, bewege mich aber überwiegend innerhalb von Ähnlichkeiten.
Also erfinde ich – spätestens wenn ich an Ufern lebe – das Boot, und erschließe damit für mich nicht nur den Fluss oder die Küste als Nahrungsgrund (ich beginne, Fische in größerer Zahl zu fangen, als nur mal eben gerade in den Mund hinein), sondern mache mich im Wortsinn alsbald auf zu neuen Ufern. … und anderen Sippen, mit deren eigenen Kulturen.
Ich denke, Du siehst, worauf ich hinaus möchte:
Natürlich kann ich mich durch eingeschränkte Isolation auch vor etwas schützen. Und wenn ich das großräumig genug anlege, dann kann das auch dauerhaft gutgehen. Aber wo sind die Grenzen?
Denn: Möchte der Mensch das dauerhaft? Vermutlich nein: Es hat die Menschen noch stets in die undenkbaren Weiten getrieben – um dann letztlich aber doch zumindest temporär immer wieder Heim zu kehren. Man hat etwaig dauerhafte Siedlungen geschaffen, auch eigene Kulturen entwickelt, weil man sich von der eigenen (in die man eingeboren worden war) zu sehr eingeschränkt gesehen hatte, sich nicht hatte entfalten können. Aber letztlich nutzt man die alte Kultur als Anknüpfungspunkt für (Handels-) Austausch.
Also JA: Eine vom Handel befreite Gesellschaft hat das bessere Potenzial für eine funktionierende Organisation. DANN und NUR DANN, wenn die "funktionierende Organisation" bedeutet, dass man Stabilität möchte, vorausgesetzt, diese Gesellschaft ist für die Mehrheit hinreichend gut durchdacht + besitzt hinreichend Ressourcenpotenzial, um den Lebenserhalt dauerhaft (meint: endlos lange, solange quantitatives Wachstum unterbunden wird) sichern zu können. DANN und NUR DANN, wenn die "funktionierende Organisation" also als Existenzgrundlage Stabilität erachtet + abweichendes Verhalten von Einzelindividuen als störend ansieht + wirksam unterdrückt, nötigenfalls durch Verstoßen oder Töten von Abweichlern.