Spannende Frage.
Zunächst folgendes: Ich respektiere den Glauben von anderen vollauf und rede auch niemandem rein, sondern erzähle nur, wie das Ganze für mich ist, also was ich glaube. Wobei ich sehr gut weiß, dass ich es nicht weiß - niemand weiß es, aber so gut wie jeder hat einen Glauben. Ob er/sie glaubt, dass es Gott gibt oder ob es Gott nicht gibt, spielt überhaupt keine Rolle, weil es niemand wirklich weiß.
Ich gehöre nicht zu den bibelgläubigen Christen, genaugenommen gehöre ich nicht mal zum Christentum, weil ich nicht an "die Kirche" oder "eine Religion", sondern an die Lehre von Jesus glaube. Auch die Interpretationen in der Bibel zu Jesus überlieferten Aussagen lasse ich außen vor und ich gestehe, dass mir auch das koptische Thomas-Evangelium sehr wichtig ist (schon weil da keiner drin ruminterpretiert).
Außerdem finde ich noch die Bücher Mose höchst spannend, vor allem das 1. Buch, die Genesis. Und was mich da wirklich elektrisiert hat, war die Entdeckung oder Erkenntnis (von wem auch immer), dass die Torah höchstwahrscheinlich nicht nur von einem Autoren stammt und vor allem die Genesis von einem anderen geschrieben wurde (wovon ich persönlich sowieso schon überzeugt war, sie ist wirklich SEHR speziell)
Vielleicht sollte ich auch noch erwähnen, dass für mich die Schöpfung purer Ausdruck der Schöpfers bzw. eines "Schöpferquells" (Gott) sind und mir deswegen die Naturwissenschaften der beste Weg zu diesem "Gott" sind. Was bedeutet, dass (für mich) nicht der winzigste Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft besteht, jedenfalls nicht, was Naturwissenschaften angeht.
So - und jetzt zurück zur Bibel, von der du ja soviel an der Uni gelernt hast. Das meine ich NICHT ironisch, ich finde es vielmehr richtig gut, wenn ich mit Leuten wie dir diskutieren kann - ich bin nämlich extrem neugierig und will immer so gut es geht dazu lernen.
Jesus sagte irgendwo, dass er gekommen sei, um DEM Gesetz zu seiner Gültigkeit zu verhelfen und dass an DEM Gesetz nicht ein Jota verändert werden dürfe. und er lehrte Liebe, Nächstenliebe und Vergebung wie kaum ein anderer. Aber wo findet man die Grundlage seiner Lehre, wenn nicht im allerersten Gebot "Gottes"? Da steht unmissverständlich, dass Adam (der Mensch) von den Früchten des Baumes des Lebens essen darf, aber die Finger von der Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse lassen soll, weil er sonst hochkant aus dem Paradies fliegt.
Also keine Regel über Gut und Böse, also auch kein Urteil.
Und alles was danach kommt ist die Beschreibung dessen, was aus der Menschheit wurde, seit sie sich zu Herren über Gut und Böse erhoben hat. Die Regeln wurden immer mehr, die Kriege immer größer und auch grausamer und die letzten Bücher Mose bestehen fast nur noch aus Regeln. Ich hab mich da einmal durchgekämpft und habe wahrscheinlich bis ans Ende meines Lebens genug davon.
Sollte das korrekt sein, dann ergibt für mich alles einen Sinn - auch der Prass von Jesus auf die Schriftgelehrten. Er hat uns 2 Gebote gegeben, von denen er sagte, dass in ihnen alles enthalten sei, das Gesetz und die Propheten. Für mich heißt das einfach nur, dass nicht hineingehört, was da nicht hinein passt. Also: Das allererste Gesetz.
Welche Geschichten da nun noch drumrum gepackt wurden, ist mir persönlich ziemlich egal. Meine Güte, da haben haufenweise Bischöfe der ersten Glaubengruppen unter Konstantin darüber abgestimmt, was nu ich die Bibel gehört und was nicht - das hat für mich NULL Wahrheitsgehalt.
An alle Bibelgläubigen: Ich beschreibe einzig meine persönliche Sichtweise bzw. was ich glaube, aber ich will GANZ GANZ SICHER niemande missionieren. Ich finde es echt störend, wenn sich ein Glaube über einen anderen erhebt - völlig egal, welcher Glaube das ist und über welchen Glauben sich jemand erhebt. Das gibt immer Probleme und das ist ziemlich normal. Was einem Menschen heilig ist, sollte man nicht abwerten, es sei denn man ist naiv genug, um einem schlafenden Tiger auf den Schwanz zu treten.
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Du siehst, lieber Hessen001 - man kann auch zu verschiedenen Schlussfolgerungen kommen, wenn man sich für die Bibelforschung interessiert. Da ist es gewagt, die eigene Interpretation als die Richtige zu deklarieren, vor allem, wenn man 1. weiß dass man es nicht weiß und zum anderen schon oft erlebt hat, dass man sich geirrt hat, auch wenn man noch so überzeugt von etwas war. Beides trifft auf mich zu. Und ich ziehe es vor, respektvoll mit dem Glauben von anderen umzugehen.
Aber was das Thema als solches angeht, würde ich mich gerne weiter mit dir unterhalten. Ich finde es megaspannend - wer weiß, wohin es führt?