Erstmal geht es um die Frage, wieso elektrische Feldlinien immer senkrecht auf Oberflächern von Leitern stehen. [...] Verstehe ich richtig, dass die Feldlinie quasi der Weg wäre, denn der Elektron eigentlich gegangen wäre?
Du hast es eigentlich schon ganz gut erklärt. Die Feldlinien geben allerdings an, in welche Richtung die Kraft auf ein (positiv geladenes) Teilchen an der Stelle wirkt. Es ist also nicht unbedingt die "Bahn" oder Bewegungsrichtung. Dies ist wegen der Formel
falls du die schonmal gesehen hast. Die Kraft zeigt also in die selbe Richtung wie das E-Feld. Stünde das E-Feld also nicht senkrecht auf einer metallischen oder leitenden Oberfläche, dann würden alle Elektronen dort eine Kraft erfahren, die bevorzugt in irgend eine Richtung tangential zur Oberfläche zeigt. Damit bewegen sich die Elektronen entlang der Oberfläche und das System ist nicht Stabil. Ein Gleichgewicht kann sich also nur dann einstellen, wenn sich kein Elektron mehr bewegt, was entweder passiert, wenn es gar kein E-Feld gibt, oder wenn es genau senkrecht zur Oberfläche steht. Es ist natürlich nicht unmöglich, dass das E-Feld schräg auf einer Oberfläche steht, es ist nur dann kein stabiles System (Elektrodynamik statt Elektrostatik).
Dann wollte ich fragen, was man genau unter einem elektrostatichen Gleichgewicht versteht.
Das ist eigentlich nahezu identisch. Im Allgemeinen kann es eben passieren, dass z.B. in einer metallischen Kugel die Teilchen sich auch im dreidimensionalen bewegen können. Somit gibt es das Gleichgewicht nicht erst, wenn es stabil an der Oberfläche ist, sondern in dem gesamten Volumen der Kugel. Die Elektronen werden sich also solange bewegen, bis es im inneren der Kugel kein effektives E-Feld mehr gibt (ansonsten würden sie sich weiter bewegen). Dieser allgemeine Fall wird dann als elektrostatisches Gleichgewicht bezeichnet.
Ein elektrisches Feld entsteht immer durch Ladung oder?
Quasi. Es gibt auch noch die Möglichkeit, dass es durch Induktion erzeugt wird, also durch Änderung eines Magnetfeldes. Aber Ladung erzeugt auf jeden Fall immer ein E-Feld, da Ladung auch mathematisch die Quelle (oder Senke) des E-Feldes entspricht (siehe Maxwell Gleichungen).
Angenommen ich habe einen stark positiv und stark negativ geladenen Körper und noch viele weitere schwach geladene Körper, würden diese einzelnen auch E-Felder errichten? und wie berücksichtigt man das?
Dementsprechend würden sie das, ja! Man berücksichtigt alle einzelnen Felder und addiert diese alle in jedem Raumpunkt (Das E-Feld ist ein Vektorfeld, also hat es an jedem Punkt einen Wert und eine Richtung, die man vektoriell aufaddieren kann). Somit entsteht das gesamte E-Feld. Bei komplizierten Ladungsverteilungen nutzt man dann ein Integral, um jeden kleinsten Beitrag der Ladung bei der Konstruktion des E-Feldes zu berücksichtigen.
Wieso beginnen Feldlinien nicht im leeren Raum?
Naja, die Antwort darauf ist eher das Gegenargument: Die Natur funktioniert nun mal nicht so. Das gesamte Wissen der Elektrodynamik ist basiert auf empirische Beobachtungen, also Experimente und Observierungen. Die Frage fragt also eigentlich danach, warum die Natur so funktioniert wie sie es tut. Das ist für mich dann eher Philosophie, weil die Physik sich erstmal nur die Aufgabe gibt, die Vorgänge in der Natur zu beschreiben. Auch hier würde ich wohl am ehesten auf die Maxwell Gleichungen verweisen, weil das dort mathematisch beschrieben wird.
Unter welchen Voraussetzungen können sich negativ geladene Körper anziehen?
Wenn andere Wechselwirkungen stärker sind. Es gibt ja nicht nur die elektromagnetische Wechselwirkung. Wenn du zwei Planeten hast, die jeweils beide insgesamt eine kleine negative Ladung haben, überwiegt trotzdem die Schwerkraft und sie werden sich anziehen. Auf subatomarer Ebene hast du noch die starke Kernkraft, die zwischen den Quarks im Proton/Neutron wirkt. Die erzeugt auch eine anziehende Wirkung zwischen Quarks die beide möglicherweise negativ geladen sind.